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deutsche nation inn christlicher religion (1545)
263
Paralogismum ¹ , ein zumal ² schimpfliche fehlrechnung, dise nemlich: Es heben
³ sich jewelts vil | 15/Biiija |leüt – vnd auch gelerte leüt – in auslegung viler
örter der Schrifft zertragen ⁴ vnd die nit gleich ⁵ verstanden; darumb so hebe ⁶
die h. Schrifft nit alles, das eim jeden zu seinem heil zuwissen von nöten seie,
volkomen vnd klar gnug dargegeben ⁷ . Ein solche fehlrechnung würde aber
Latomus gegen seinen schrifften nit lassen gut sein.
Er hat ein buch ausgeben wider das wir aus Gots wort leren Von dem gantzen
ausspenden vnd niessen des h. Sacraments des leibs vnd bluts vnsers Herren
Jesu Christi, Wider das anbetten vnnd anrüffen der hingescheidnen heiligen,
Wider die teüfflisch lehre im verbott der Ehe Vnnd von der kirchen, jrem
gewalt vnd vrtheil. Dis sein buch gefellet jm selbs so wol, das er einem guten
freünd geschriben ⁸ , wann jm dasselbige sein buch nit gnug thüe vnnd jn dahin
bewege, das er jm recht vnd vns onrecht gebe, so wisse er nit, wie jm zu helffen
seie. Nun seind sonder zweifel auch vnder denen vil, die sich seins Buchs
hoch rhümen vnd getrösten, die sich zum verstandt seines Buchs gar vil geler-
ter vnd verstendiger achten, dann sich zum verstandt der h. Schrifft gelert
vnnd verstendig geachtet haben, die waren ausleger der selbigen von alten
oder von newen lehrern, die es aber doch an vilen orten nit recht noch gleich
verstohn. Wo nun weren, die daraus schliessen wolten, Latomi buch vnd
schreiben wider vns ⁹ were darumb nit gnugsam noch verstendig geschriben –
autor esset imminutus et obscurus –, da wirde Latomus nein zusagen vnnd die
selbigen, wiewol seine gesellen, ehr ¹⁰ grob esel vnnd bachanten ¹¹ schelten, die
das von jm gantz vnd liecht dargethon, von wegen jres onwissens nit verstehn
könden, dann das er vmb jres onuerstands ᵃ willen wolte sein buch als nit genu
ᵒ gsam oder dunckel verachtet haben. Also: das das h. Euangeli nit allein ver-
decket, | 16/Biiijb | dunckel vnd schwer, ja onmüglich zu verstehn ist denen,
die verderben wöllen, ja das auch vil von kindern Gottes vnd gleich ¹² heiligen
vnnd gelerten leüten aus onwissen der sprachen vnd mangel der historien von
a) willen ... verdecket: Textergänzung aus dem Druckfehlerverzeichnis übernommen (s.
unten S.349,10–12).
1. auf einem Denkfehler beruhenden Fehlschluß.
2. besonders.
3. hätten.
4. entzweit.
5. einheitlich.
6. habe.
7. Bartholomäus Latomus, »Adversus Martinum Buccerum ... defensio« (s. oben S.260,
Anm.4), Bl. X iiijb. Latomus, Zwei Streitschriften, S.107,1–5.
8. Um wen es sich hier handelt, läßt sich nicht feststellen.
9. Bartholomäus Latomus, »Adversus Martinum Buccerum ... defensio« (s. oben S.260,
Anm.4).
10. eher.
11. Betrunkene; vom Weingott Dionysos in Ekstase versetzte Männer.
12. selbst.
Latomj fehlrechnung
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deutsche nation inn christlicher religion (1545)
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Paralogismum ¹ , ein zumal ² schimpfliche fehlrechnung, dise nemlich: Es heben
³ sich jewelts vil | 15/Biiija |leüt – vnd auch gelerte leüt – in auslegung viler
örter der Schrifft zertragen ⁴ vnd die nit gleich ⁵ verstanden; darumb so hebe ⁶
die h. Schrifft nit alles, das eim jeden zu seinem heil zuwissen von nöten seie,
volkomen vnd klar gnug dargegeben ⁷ . Ein solche fehlrechnung würde aber
Latomus gegen seinen schrifften nit lassen gut sein.
Er hat ein buch ausgeben wider das wir aus Gots wort leren Von dem gantzen
ausspenden vnd niessen des h. Sacraments des leibs vnd bluts vnsers Herren
Jesu Christi, Wider das anbetten vnnd anrüffen der hingescheidnen heiligen,
Wider die teüfflisch lehre im verbott der Ehe Vnnd von der kirchen, jrem
gewalt vnd vrtheil. Dis sein buch gefellet jm selbs so wol, das er einem guten
freünd geschriben ⁸ , wann jm dasselbige sein buch nit gnug thüe vnnd jn dahin
bewege, das er jm recht vnd vns onrecht gebe, so wisse er nit, wie jm zu helffen
seie. Nun seind sonder zweifel auch vnder denen vil, die sich seins Buchs
hoch rhümen vnd getrösten, die sich zum verstandt seines Buchs gar vil geler-
ter vnd verstendiger achten, dann sich zum verstandt der h. Schrifft gelert
vnnd verstendig geachtet haben, die waren ausleger der selbigen von alten
oder von newen lehrern, die es aber doch an vilen orten nit recht noch gleich
verstohn. Wo nun weren, die daraus schliessen wolten, Latomi buch vnd
schreiben wider vns ⁹ were darumb nit gnugsam noch verstendig geschriben –
autor esset imminutus et obscurus –, da wirde Latomus nein zusagen vnnd die
selbigen, wiewol seine gesellen, ehr ¹⁰ grob esel vnnd bachanten ¹¹ schelten, die
das von jm gantz vnd liecht dargethon, von wegen jres onwissens nit verstehn
könden, dann das er vmb jres onuerstands ᵃ willen wolte sein buch als nit genu
ᵒ gsam oder dunckel verachtet haben. Also: das das h. Euangeli nit allein ver-
decket, | 16/Biiijb | dunckel vnd schwer, ja onmüglich zu verstehn ist denen,
die verderben wöllen, ja das auch vil von kindern Gottes vnd gleich ¹² heiligen
vnnd gelerten leüten aus onwissen der sprachen vnd mangel der historien von
a) willen ... verdecket: Textergänzung aus dem Druckfehlerverzeichnis übernommen (s.
unten S.349,10–12).
1. auf einem Denkfehler beruhenden Fehlschluß.
2. besonders.
3. hätten.
4. entzweit.
5. einheitlich.
6. habe.
7. Bartholomäus Latomus, »Adversus Martinum Buccerum ... defensio« (s. oben S.260,
Anm.4), Bl. X iiijb. Latomus, Zwei Streitschriften, S.107,1–5.
8. Um wen es sich hier handelt, läßt sich nicht feststellen.
9. Bartholomäus Latomus, »Adversus Martinum Buccerum ... defensio« (s. oben S.260,
Anm.4).
10. eher.
11. Betrunkene; vom Weingott Dionysos in Ekstase versetzte Männer.
12. selbst.
Latomj fehlrechnung