Entwurf-Votum zu Artikel 6 und 9 des Regensburger Buches,
3.(?) Mai 1541.
Einleitung
Das hier zum ersten Mal edierte Dokument findet sich im sog. Codex Musculus,
Handschrift A 39 der Burgerbibliothek in Bern, Fol. 179a-! 82b. Der Codex Muscu-
lus ist eine von dem damaligen Augsburger Pfarrer Wolfgang Musculus zusammen-
gestellte Handschrift, die er offensichtlich bei seiner Umsiedlung nach Bern 1549
mitgenommen hatte. Im Jahre 1700 schenkte ein Nachkomme die Handschrift der
Burgerbibliothek, wo sie seitdem aufbewahrt wird.
Fast der ganze Codex enthält von Musculus abgeschriebene Dokumente. Deren
Mehrzahl bezieht sich auf den sogenannten Wormser Konvent, besonders auf die
Vorbereitungen im Kreis der in Worms anwesenden evangelischen Theologen im
November 1540. Das vorliegende Dokument gehört zu einer späteren, sich vom 27.
April bis zum 31. Mai 1541 erstreckenden Periode, als im Rahmen des Regensburger
Reichstags im Ausschuß von drei katholischen und drei evangelischen Theologen
das Wormser Buch diskutiert und teils umgearbeitet wurde. Es enthält eine Ausein-
andersetzung über die Kirche, ist von Bucers Hand geschrieben und ist augen-
scheinlich ein von ihm konzipierter erster Entwurf mit vielen Anderungen.
Wir wissen, daß, nachdem man eine Einigung über Sünden- und Gnadenlehre er-
zielt hatte, am 3. Mai Artikel 6 bis 9 des Regenburger Buches im Ausschuß einge-
hend diskutiert wurden. Die Besprechung konzentrierte sich auf die Frage, ob Kon-
zile irren konnten, eine Frage, deren Beantwortung wichtige Konsequenzen hatte
fiir die Lehren von Beichte und Transsubstantiation, welche auf dem 4. Lateran-
konzil (1215) formuliert worden waren. Einer der Präsidenten, Herzog Friedrich
von der Pfalz, hatte einen Kompromißvorschlag: Die Evangelischen sollten Arti-
kel 9 des Regensburger Buches neu formulieren, und zwar in einer nicht polemi-
schen Fassung1. Wahrscheinlich haben wir hier also einen von Bucer konzipierten
Entwurf, der entweder in den Besprechungen zwischen den drei evangelischen
Theologen oder in den Diskussionen im vollzähligen Ausschuß zurückgewiesen
wurde2.
Das Dokument ist charakteristisch für Bucers Arbeitsweise: viele Korrekturen,
am Anfang sorgfältig geschrieben, dann immer nachlässiger, die letzte Seite fast un-
leserlich.
1. Reg. 275442.6]= CR 4, Nr. 2334, Sp. 582-583.
2. S. für das schließlich eingereichte Votum Reg. 2685= CR 4, Nr.2254/1, Sp.349-352.
3.(?) Mai 1541.
Einleitung
Das hier zum ersten Mal edierte Dokument findet sich im sog. Codex Musculus,
Handschrift A 39 der Burgerbibliothek in Bern, Fol. 179a-! 82b. Der Codex Muscu-
lus ist eine von dem damaligen Augsburger Pfarrer Wolfgang Musculus zusammen-
gestellte Handschrift, die er offensichtlich bei seiner Umsiedlung nach Bern 1549
mitgenommen hatte. Im Jahre 1700 schenkte ein Nachkomme die Handschrift der
Burgerbibliothek, wo sie seitdem aufbewahrt wird.
Fast der ganze Codex enthält von Musculus abgeschriebene Dokumente. Deren
Mehrzahl bezieht sich auf den sogenannten Wormser Konvent, besonders auf die
Vorbereitungen im Kreis der in Worms anwesenden evangelischen Theologen im
November 1540. Das vorliegende Dokument gehört zu einer späteren, sich vom 27.
April bis zum 31. Mai 1541 erstreckenden Periode, als im Rahmen des Regensburger
Reichstags im Ausschuß von drei katholischen und drei evangelischen Theologen
das Wormser Buch diskutiert und teils umgearbeitet wurde. Es enthält eine Ausein-
andersetzung über die Kirche, ist von Bucers Hand geschrieben und ist augen-
scheinlich ein von ihm konzipierter erster Entwurf mit vielen Anderungen.
Wir wissen, daß, nachdem man eine Einigung über Sünden- und Gnadenlehre er-
zielt hatte, am 3. Mai Artikel 6 bis 9 des Regenburger Buches im Ausschuß einge-
hend diskutiert wurden. Die Besprechung konzentrierte sich auf die Frage, ob Kon-
zile irren konnten, eine Frage, deren Beantwortung wichtige Konsequenzen hatte
fiir die Lehren von Beichte und Transsubstantiation, welche auf dem 4. Lateran-
konzil (1215) formuliert worden waren. Einer der Präsidenten, Herzog Friedrich
von der Pfalz, hatte einen Kompromißvorschlag: Die Evangelischen sollten Arti-
kel 9 des Regensburger Buches neu formulieren, und zwar in einer nicht polemi-
schen Fassung1. Wahrscheinlich haben wir hier also einen von Bucer konzipierten
Entwurf, der entweder in den Besprechungen zwischen den drei evangelischen
Theologen oder in den Diskussionen im vollzähligen Ausschuß zurückgewiesen
wurde2.
Das Dokument ist charakteristisch für Bucers Arbeitsweise: viele Korrekturen,
am Anfang sorgfältig geschrieben, dann immer nachlässiger, die letzte Seite fast un-
leserlich.
1. Reg. 275442.6]= CR 4, Nr. 2334, Sp. 582-583.
2. S. für das schließlich eingereichte Votum Reg. 2685= CR 4, Nr.2254/1, Sp.349-352.