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Alle Handlungen und Schrifften

Einleitung
Ende Dezember 1541 erschien die deutschsprachige Fassung der Ausgabe der Do-
kumente zum Regensburger Reichstag mit Kommentaren dazu von Bucers Feder
unter dem Namen >Alle Handlungen und Schrifften<h
Bucer war am 8. August wieder in Straßburg angelangt1 2, und hatte sich in den vier
Monaten, welche seitdem verstrichen waren, intensiv mit den Vorbereitungen der
Veröffentlichung der Dokumente des Reichstages beschäftigt. Schon im September
war die lateinische Schrift >Acta colloquii< erschienen, mit der er sehr unzufrieden
war. Seitdem bereitete er den zweiten Druck der >Acta colloquii< und die deutsch-
sprachige Ausgabe der Dokumente vor. Aus Bucers Korrespondenz erfahren wir
nichts von seinen Fortschritten, aber am 30. November sandte er Landgraf Philipp
von Hessen »3 teil« der deutschen Schrift zu und teilte ihm mit, er erwarte, in acht
Tagen fertig zu sein; am 6. Dezember sandte er »meer quartern«3. In Bucers Korre-
spondenz vernehmen wir seitdem nichts mehr von diesem Buch. Es ist jedoch offen-
sichtlich im Dezember erschienen.
Ein Vergleich mit den >Acta colloquih macht klar, daß Bucer auch jetzt die gleiche
Absicht hatte: Er wollte die wichtigsten offiziellen Dokumente des Reichstages ver-
öffentlichen, um auf diese Weise eine Apologie der Standpunkte der protestierenden
Stände und zugleich eine Selbstverteidigung zu liefern. Das letztgenannte Element
steht nicht im Vordergrund. Nirgends polemisiert Bucer gegen die anderen evange-
lischen Theologen. Er erwähnt sogar überhaupt nicht, daß es in diesem Kreis große
Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen gegeben hatte und daß er
selbst der gewichtigste Wortführer einer Minderheit gewesen war. Die zum Teil aus-
führlichen >Erinnerungen< (Kommentare) gaben ihm aber voll und ganz die Gele-
genheit, seine Sicht der Dinge herauszustellen. Kennzeichnend ist zum Beispiel eine
lange Darlegung über >alt< und >neu< anläßlich der Aussage der Fürsten, sie wollen in
der alten Religion verharren. Bucer setzt dann das leuchtende Vorbild der alten Kir-
che in Sachen Sakramente, Zeremonien und Kirchenbräuche der entarteten Kirche
der Gegenwart gegenüber4.
Andererseits kann man jedoch sagen, daß Bucer in mancher Hinsicht ein neues
Buch schrieb, andersartig als die >Acta colloquii<, die im wesentlichen eine Aneinan-
derreihung von Dokumenten waren. Natürlich nahm er auch jetzt die wichtigsten
Dokumente, das Regensburger Buch, die Voten der evangelischen Kollokutoren
und die zwischen dem Kaiser, den Ständen und dem Legaten ausgetauschten Stücke
1. Bl. A8b ist das Vorwort datiert auf den 22. Dezember, Bl. 258a gibt als Datum der Vollendung
des Buches den 17. Dezember an.
2. S. oben, S. 115, Anm. 4.
3. Lenz, Briefwechsel 2, Nr. 129, S.40; Nr. 130, S.40.
4. S. unten, S. 358,14-370,7.
 
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