Acta colloquii
Einleitung
Am 12. Juli 1541 hatte der päpstliche Legat Gasparo Contarini dem Kaiser schrift-
lich seine Antwort erteilt auf dessen Vorschlag für die Abmachung der Religions-
frage: Die ganze Glaubenssache solle zur Beurteilung dem Papst vorgelegt werden,
der auf dem in kurzem tagenden Konzil oder auf andere angemessene Weise anord-
nen könnte, was seiner Meinung nach der Christenheit und dem deutschen Reich
dienlich sei1. Im Grunde genommen bedeutete dies das Ende der Versuche, das Re-
gensburger Buch als Grundlage für die kirchlich-theologische Einheit der Kirche in
Deutschland anzunehmen.
Zwei Tage später schon kündigte Bucer dem hessischen Landgrafen eine Ausle-
gung des Regensburger Buches an, die auch als Selbtverteidigung gemeint war2 3. Am
16. Juli sandte er das Regensburger Buch nach Straßburg an den Griechischprofes-
sor Jacob Bedrotus für die kirchlichen und akademischen Kollegen. Er teilte mit, er
beabsichtige, die Bemerkungen der protestierenden Stände bald nachzusenden; sel-
ber wolle er das Regensburger Buch drucken lassen und dabei seine Auslegung hin-
zufügen. Auf diese Weise wolle er andern zuvorkommen, von welchen er eine
Publikation mit unbilligen Auslegungen, die den ausgezeichneten Absichten des
Kaisers nicht gerecht werden sollten, befürchteteü Vielleicht meinte er damit Johan-
nes Eck, der tatsächlich, allerdings erst später, auch seine Bemerkungen herausgab.
In Straßburg arbeiteten Bedrotus und der Drucker Rihel, bald auch Bucer selbst,
in aller Eile4. In kaum sechs Wochen hatten sie das Regensburger Buch mitsamt den
wichtigsten Dokumenten des Reichtags gesammelt, zum Großteil ins Latein über-
setzt und diese, mit kurzen Kommentaren von Bucers Hand, gedruckt. Bucer
sandte vielleicht schon am 2. September ein Exemplar des Buches an Ludwig von
Flandern, kaiserlichen Rat, dem er das Buch gewidmet hatte. Er entschuldigte sich
dabei wegen der vielen Druckfehler. Das Buch sei »grundverdorben durch Fehler«.
Die Korrektur habe er jemandem anvertraut, von dem er Besseres hätte erwarten
1. S. unten, S. 148, 149.
2. Lenz 2, Nr. 124, S. 27.
3. Herminjard 7, Nr. 1013, S. 191. Es ist nicht ganz klar, ob Bucer hier und sonstwo, wo er etwa
die gleichen Formulierungen anwendet, an eine Publikation wie die >Acta colloquik, oder an ein
Buch wie >De vera ... reconciliatione< denkt. Schon ganz früh plante er nämlich ein Buch wie das
letztgenannte, das dann jedoch das ganze Regensburger Buch erörtern sollte, und nicht nur, wie >De
vera ... reconciliatione<, die ersten Artikel; s. S. 176, Anm. 1, und den vollständigen Titel von >De
vera ... reconciliatione<. Erst spät im Jahre 1542 sah er ein, daß ein solches Buch durch den Lauf der
Ereignisse überholt war.
4. Bedrotus schrieb den 24. August: »Sum ego occupatissimus nunc propter nugas quasdam comi-
tiorum, quas ut verterem Bucerus voluit«; CR 11, Nr. 343, Sp. 264. Bucer, der den 8. Augustin Straß-
burg zurückkehrte (s. CR 11, Nr. 341, Sp. 261) schrieb den 1. September: »Sed valde nos nunc impe-
dimur et perturbamur multis, maxime ego editione Actorum in Comitiis«; CR 11, Nr. 349, Sp. 272.
Einleitung
Am 12. Juli 1541 hatte der päpstliche Legat Gasparo Contarini dem Kaiser schrift-
lich seine Antwort erteilt auf dessen Vorschlag für die Abmachung der Religions-
frage: Die ganze Glaubenssache solle zur Beurteilung dem Papst vorgelegt werden,
der auf dem in kurzem tagenden Konzil oder auf andere angemessene Weise anord-
nen könnte, was seiner Meinung nach der Christenheit und dem deutschen Reich
dienlich sei1. Im Grunde genommen bedeutete dies das Ende der Versuche, das Re-
gensburger Buch als Grundlage für die kirchlich-theologische Einheit der Kirche in
Deutschland anzunehmen.
Zwei Tage später schon kündigte Bucer dem hessischen Landgrafen eine Ausle-
gung des Regensburger Buches an, die auch als Selbtverteidigung gemeint war2 3. Am
16. Juli sandte er das Regensburger Buch nach Straßburg an den Griechischprofes-
sor Jacob Bedrotus für die kirchlichen und akademischen Kollegen. Er teilte mit, er
beabsichtige, die Bemerkungen der protestierenden Stände bald nachzusenden; sel-
ber wolle er das Regensburger Buch drucken lassen und dabei seine Auslegung hin-
zufügen. Auf diese Weise wolle er andern zuvorkommen, von welchen er eine
Publikation mit unbilligen Auslegungen, die den ausgezeichneten Absichten des
Kaisers nicht gerecht werden sollten, befürchteteü Vielleicht meinte er damit Johan-
nes Eck, der tatsächlich, allerdings erst später, auch seine Bemerkungen herausgab.
In Straßburg arbeiteten Bedrotus und der Drucker Rihel, bald auch Bucer selbst,
in aller Eile4. In kaum sechs Wochen hatten sie das Regensburger Buch mitsamt den
wichtigsten Dokumenten des Reichtags gesammelt, zum Großteil ins Latein über-
setzt und diese, mit kurzen Kommentaren von Bucers Hand, gedruckt. Bucer
sandte vielleicht schon am 2. September ein Exemplar des Buches an Ludwig von
Flandern, kaiserlichen Rat, dem er das Buch gewidmet hatte. Er entschuldigte sich
dabei wegen der vielen Druckfehler. Das Buch sei »grundverdorben durch Fehler«.
Die Korrektur habe er jemandem anvertraut, von dem er Besseres hätte erwarten
1. S. unten, S. 148, 149.
2. Lenz 2, Nr. 124, S. 27.
3. Herminjard 7, Nr. 1013, S. 191. Es ist nicht ganz klar, ob Bucer hier und sonstwo, wo er etwa
die gleichen Formulierungen anwendet, an eine Publikation wie die >Acta colloquik, oder an ein
Buch wie >De vera ... reconciliatione< denkt. Schon ganz früh plante er nämlich ein Buch wie das
letztgenannte, das dann jedoch das ganze Regensburger Buch erörtern sollte, und nicht nur, wie >De
vera ... reconciliatione<, die ersten Artikel; s. S. 176, Anm. 1, und den vollständigen Titel von >De
vera ... reconciliatione<. Erst spät im Jahre 1542 sah er ein, daß ein solches Buch durch den Lauf der
Ereignisse überholt war.
4. Bedrotus schrieb den 24. August: »Sum ego occupatissimus nunc propter nugas quasdam comi-
tiorum, quas ut verterem Bucerus voluit«; CR 11, Nr. 343, Sp. 264. Bucer, der den 8. Augustin Straß-
burg zurückkehrte (s. CR 11, Nr. 341, Sp. 261) schrieb den 1. September: »Sed valde nos nunc impe-
dimur et perturbamur multis, maxime ego editione Actorum in Comitiis«; CR 11, Nr. 349, Sp. 272.