ALLE HANDLUNGEN UND SCHRIFFTEN (1541)
249
Bei dem 11. § ist zu jameren, das die Key. M., so güte, Christliche vnd notwendige
anschleg, mittel vnd wege, der armen verderbten Deutschen nation des zwyspalts
inn der Reiigion, der wurtzel jres gewissen vnd ewigen verderbens, abzühelffen,
durch den Pabst vnd so wenige, die jre eygene bose anfechtung1 vnd zeitlich gesuch2
jres Vatterlands ewigem heyl vnd wolfart fürsetzen, jemer zü ruck getriben würt. Zü
Hagenaw hat jr Mai. die Churfürsten vnd andre Fürsten den mehrern teyl3 beschri-
ben, sampt den Protestierenden, durch freündtlich handlung weg vnd mittel Christ-
licher concordi zü süchen. Da man aber dahin kommen, ward durch die Pabstlichen
Legaten vnd jren anhang nit alleyn sollich notwendig vnd heylsam fürnemen K. M.
vnderschlagen, sonder alle handlung dahin gericht, wie man die gegenbündtnus
mehrete vnnd sich eyner defension wider die Protestierenden entschlüsse4. Als aber
doch Gott gabe, das die frommen Churfürsten vnd andere auff der K. M. berüffen
vnd fürschlag die handlung meer Christliche Concordi zü süchen dann gegenbündt-
nüß vnd rüstung fürzenemen richteten, vnd derhalben I ioa I eyn Christlich ge-
sprech vnd collation forderten, bracht es doch der Pabst mit seinem anhang dahin,
das zü solchem gesprech verordnet wurden alle drei brüder Hertzogen zü Baiern,
vnd der eyn auch züm presidenten des gesprechs, der bischoue von Meintz für
zwen, als von wegen Meintz vnd Magdenburg, hernaher kame die dritte person auch
darzü, das er auch zum Presidenten verordnet warde. Also ward auch der verstor-
ben bischoue von Straßburg für zwen, als zum gesprech vnd zum Presidenten, dar-
gegeben5. Wes aber die vor andern wissen oder vbung in Religion sachen gehebt,
will ich hie, weil es wenigen verborgen, onangezeygt lassen.
Weil aber die freiern Pabstlicher practicen vnnd zü Christlicher Concordi ge-
neygtere, auch mit wissen vnd erfarung gottlicher dingen fil geschicktere bischoue
vnd andere Fürsten zü solchem gesprech nit verordnet worden sind, Hat man zü
Wormbs, da man zum gesprech züsamen komen, bei zehen wochen vergebens ligen
1. Lust, Begierde.
2. Nutzen.
3. die Mehrheit.
4. Im Jahre 1538 wurde der Nürnberger Bund (Katholischer Bund) zwischen katholischen Für-
sten geschlossen. Die Benennung »gegenbiindtnus« wider den Schmalkaldischen Bund ist zutref-
fend. Tatsächlich hat besonders der Nuntius Giovanni Morone in den Sonderverhandlungen der
katholischen Stände in Hagenau 1540 daraufhin gearbeitet, den Bund zu stärken.
5. Die hier genannten Personen sind Herzog Wilhelm IV. von Bayern, Herzog Ludwig X. von
Bayern und der Salzburger Erzbischof Ernst von Bayern, weiterhin Albrecht von Brandenburg,
Erzbischof von Mainz und Kurfürst und Erzbischof von Magdeburg sowie Wilhelm von Honstein,
Bischof von Straßburg.
Bucer ist an dieser Stelle nicht sehr deutlich. Er äußert seine Bedenken gegen die katholischen
Fürsten und Bischöfe, die einen übermäßigen Einfluß in den Wormser Verhandlungen ausübten,
entweder da sie in mehreren Funktionen je einen Kolloquenten ernennen oder persönlich als Mit-
glied des Präsidiums Einfluß ausüben konnten. Vgl. Bucers viel deutlichere Auseinandersetzung in
BDS 9,1, S. 319,18-321,1. Die von ihm hier erwähnte »dritte person« entstand dadurch, daß der
Erzbischof von Trier, der Mitglied des Präsidiums sein sollte, starb, und durch Albrecht von Bran-
denburg ersetzt wurde.
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Bei dem 11. § ist zu jameren, das die Key. M., so güte, Christliche vnd notwendige
anschleg, mittel vnd wege, der armen verderbten Deutschen nation des zwyspalts
inn der Reiigion, der wurtzel jres gewissen vnd ewigen verderbens, abzühelffen,
durch den Pabst vnd so wenige, die jre eygene bose anfechtung1 vnd zeitlich gesuch2
jres Vatterlands ewigem heyl vnd wolfart fürsetzen, jemer zü ruck getriben würt. Zü
Hagenaw hat jr Mai. die Churfürsten vnd andre Fürsten den mehrern teyl3 beschri-
ben, sampt den Protestierenden, durch freündtlich handlung weg vnd mittel Christ-
licher concordi zü süchen. Da man aber dahin kommen, ward durch die Pabstlichen
Legaten vnd jren anhang nit alleyn sollich notwendig vnd heylsam fürnemen K. M.
vnderschlagen, sonder alle handlung dahin gericht, wie man die gegenbündtnus
mehrete vnnd sich eyner defension wider die Protestierenden entschlüsse4. Als aber
doch Gott gabe, das die frommen Churfürsten vnd andere auff der K. M. berüffen
vnd fürschlag die handlung meer Christliche Concordi zü süchen dann gegenbündt-
nüß vnd rüstung fürzenemen richteten, vnd derhalben I ioa I eyn Christlich ge-
sprech vnd collation forderten, bracht es doch der Pabst mit seinem anhang dahin,
das zü solchem gesprech verordnet wurden alle drei brüder Hertzogen zü Baiern,
vnd der eyn auch züm presidenten des gesprechs, der bischoue von Meintz für
zwen, als von wegen Meintz vnd Magdenburg, hernaher kame die dritte person auch
darzü, das er auch zum Presidenten verordnet warde. Also ward auch der verstor-
ben bischoue von Straßburg für zwen, als zum gesprech vnd zum Presidenten, dar-
gegeben5. Wes aber die vor andern wissen oder vbung in Religion sachen gehebt,
will ich hie, weil es wenigen verborgen, onangezeygt lassen.
Weil aber die freiern Pabstlicher practicen vnnd zü Christlicher Concordi ge-
neygtere, auch mit wissen vnd erfarung gottlicher dingen fil geschicktere bischoue
vnd andere Fürsten zü solchem gesprech nit verordnet worden sind, Hat man zü
Wormbs, da man zum gesprech züsamen komen, bei zehen wochen vergebens ligen
1. Lust, Begierde.
2. Nutzen.
3. die Mehrheit.
4. Im Jahre 1538 wurde der Nürnberger Bund (Katholischer Bund) zwischen katholischen Für-
sten geschlossen. Die Benennung »gegenbiindtnus« wider den Schmalkaldischen Bund ist zutref-
fend. Tatsächlich hat besonders der Nuntius Giovanni Morone in den Sonderverhandlungen der
katholischen Stände in Hagenau 1540 daraufhin gearbeitet, den Bund zu stärken.
5. Die hier genannten Personen sind Herzog Wilhelm IV. von Bayern, Herzog Ludwig X. von
Bayern und der Salzburger Erzbischof Ernst von Bayern, weiterhin Albrecht von Brandenburg,
Erzbischof von Mainz und Kurfürst und Erzbischof von Magdeburg sowie Wilhelm von Honstein,
Bischof von Straßburg.
Bucer ist an dieser Stelle nicht sehr deutlich. Er äußert seine Bedenken gegen die katholischen
Fürsten und Bischöfe, die einen übermäßigen Einfluß in den Wormser Verhandlungen ausübten,
entweder da sie in mehreren Funktionen je einen Kolloquenten ernennen oder persönlich als Mit-
glied des Präsidiums Einfluß ausüben konnten. Vgl. Bucers viel deutlichere Auseinandersetzung in
BDS 9,1, S. 319,18-321,1. Die von ihm hier erwähnte »dritte person« entstand dadurch, daß der
Erzbischof von Trier, der Mitglied des Präsidiums sein sollte, starb, und durch Albrecht von Bran-
denburg ersetzt wurde.