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ALLE HANDLUNGEN UND SCHRIFFTEN (i 541)

stande des Reichs taglich je mehr inn verderbliche mißtrawen, vnwillen, vntregliche
rustungen vnd vnkosten, den man gegen dem Türcken solt angewendt haben, getri-
ben worden seind. Wie wol, wie die bitter wurtzel geschriben vnd mehr diser leuten
I 256a I sich offentlich vernemen lassen, halten sie, das wir viel erger sind dann die
Türcken vnd man gegen den Türcken keyn glück haben werde, man vertilcke vns
dann züuor. Damit aber habens dise leut in Deutscher nation zü mehr malen dahin
bracht, wo nicht Got wunderbarlich geben, das die Key. Mai. vnd ettliche Churf. alle
mal darzwüschen komen vnd den friden erhalten, das die Deutsche nation lengist
auffs verderblichest in eyn ander gefallen vnd sich selb gantz hingericht hette.
^Derhalben haben die Protestierenden vß hochster, nit alleyn jrer, sonder auch der
gantzen Deutschen nation, notdurfft erstlich diß so gar partheysch vnd wider die
ware religion Christi so gantz verbitteret Camergericht recusieret (Doch alleyn in
religion sachen, so sie von rechts wegen hetten diß gericht aller dingen recusieren
mogen vnd sollen, Weil sich die assessores gegen disen Ständen vmb der Religion
willen inn allen dingen so gar widerwertig bewisen haben1 2), Vnnd demnach auff di-
sem Reichstag vmb besserung vnnd Reformation des selbigen angehalten, damit die
ware Religion Christi des orts vnuerdamet bleibe vnd der Augspurgisch Abscheid,
so viel die Religion belanget, thätlich suspendiert werde. Dann so das Camergericht
dem selbigen Augspurgischen Abscheid nach auch in den Religion sachen richten
wille, So mag es anders nicht dann alle Protestierenden vnd jrer Confession vnd Re-
ligion verwandten in Acht vnnd aber Acht erkennen3, vnd also gantz verderblichen
krieg in Deutscher nation erwecken.
Welches die Keyserliche Maiestat gnädigest zü hertzen gefüret vnnd inn dem
solch erklarung geben hatt4: I 256b I Erstlich, das hinfür am Cammergericht der
Augspurgisch abscheid, so viel die Religion belangt, nicht stat haben solle, noch die
beisitzer vff den selbigen beeidiget werden. Zum andern, das von wegen vnser Reli-
gion keyn beisitzer noch andere person, die sonst tauglich, auß dem Camergericht
gesetzet, noch jemand, der zum beisitzer presentiret vnd sunst tauglich ist, des hal-
ben geweigret. Zum dritten, das eynem jeden, ongeachtet was Religion er sei, gleich-
mässig recht gesprochen werden solle. Zum vierdten, das die Protestierenden stand
in künfftiger visitation vnnd reformation des Cammergerichts macht haben sollen,
die jenigen, so jnen zü setzen züsthon, zü erlauben5 vnd andere taugliche personen
jrer Religion an deren stadt zü verordnen. Zum fünfften, das die Key. Ma. in verord-
nung der personen zü der visitation keynen vnderscheyd der Religion haben wolle.

1. Recusation des Camergerichts. [Marg.].
2. Nachdem der Reichskanzler Matthias Held auf dem Tag des Schmalkaldischen Bundes Fe-
bruar-März 1537 eine unversöhnliche Interpretation des Nürnberger Anstands gegeben hatte, er-
klärten die Schmalkaldener, sie würden dem Reichskammergericht in Religionssachen nicht gehor-
chen; s. Smend, Reichskammergericht, S. 153-154.
3. Die Acht ist Ausschluß aus der Gemeinschaft wegen gemeingefährlichen Verbrechens, die
Aber-Acht ist die unlösbare Acht.
4. Im folgenden umschreibt Bucer die das Reichskammergericht betreffenden Bestimmungen
der Deklaration; s. S. 412,14-27; Smend, Reichskammergericht, S. 157-158.
5. beurlauben, entheben.
 
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