PACE TOGAQVE |B|ONI MARTE SAGOQVAE GRAVES,
HIC PATER, HI PAT|R]VI, SED NON MINOR HIS AVVS OLIM,
CONRADVS SAPIENS CORDE ANIMOSVS EQVES.
QVEM PREFECTVM HAB VIT TVRBATA PRO VINCI A BADAE.
DVM VIM DEFLEXIT TVRBIDE IBERE TV AM.
DE MATRE INQVIRIS: FVIT HAEC GENEROSA SIGVNA.
PRVDENS CASTA? PIIS CHARA, TIMENSQVAE DEL
FRONSPERGI GENERIS, MAGNO PATRE NATA GEORGO,
QVI QVANTVS FVERIT TEVTO ITALIQVAE PROBANT.
PER TYROLIM INDIGENEa), COMPRESSIT FORTITER IRAS,
CONTRIVIT LIGVRES, PERDOMVIT QVAE PADVM.
TVRRIM MERGERIAM ACCESSIT, VENETÄSQ; PALVDES,
TERRVIT ET MVROS ROMA SVPERBA TVOS.
PLVS VICIES SIGNES b) COLLATIS PERCVLIT HOSTEM,
ASSERVIT SOCIOS RESTITVITQ; SVOS.
TANTVS AVVS MATERNVS AT HAVD DEPRESSIOR ILLO,
IPSA AVIA, E TYROLIS ANNA LADRONA COMES.
HAEC, VBI FRONSPERGVM MORS ABSTVLIT ATRA GEORGVM
LYMPVRGAE E TIBI TRADITA ERASME FVIT.
ERGO QVIS OTTHENRICVM IN SIGNE) MENTE NEGABIT,
IPSE SVOS SANGVIS SVSCITAT IGNICVLOS.
VNDE PVER DOCTAS FELICITER IMBIBIT ARTES,
INDE AVLAS CELEBRES VIDIT ET ACTA DVCVM:
MATVRVSQ; ANNIS PEREGRINA PROFECTVS IN ARVA,
INSVBROS, ROMAN, VIDIT ET AVSONIOS:
ET GENVAM, ET VENETOS, ET REGNA NEAPOLIS ALTAE,
ATQ; LEVES CALABROS, SICILIEQVAE FRETVM
INVICTAMQ; ARMIS MALTAM, MARIA. OMNIA CIRCVM:
PERLVSTRANS IN AQVIS MVLTAE PERICLA TVLIT
DONEC COMPOSVIT VEL TANDEM PACE QVIEVIT,
IVSTITIAE ASSERTOR, RELIGIONIS AMANS.
HVIVS TVCINERI REQVIEM AETERNAMQ; SALVTEM,
OPTES O HOSPES CAETERAMORTE VACANT!
Fremdling, der du zufällig hierherkommst, bleib eine Weile stehen und betrachte das Schicksal, wie das Wesen des Menschen
es mit sich bringt. Hier hat Ottheinrich von Venningen, der Ruhm seines Geschlechtes, seine sterblichen Glieder der friedlichen
Erde anvertraut. Wer er dereinst war und von welchen Vorfahren er stammte, das berichtet, wie du siehst, in Kürze diese Tafel.
Sein Vater war der getreue Erasmus von Venningen, ein Greis von hoher Begabung und Geschicklichkeit, dein Marschall,
Friedrich, großer Fürst der Pfalz, als du nach Frankreich und dem westlichen Land zogst.1) Sodann war er Beisitzer des ober-
sten Gerichts in Heidelberg und lange Zeit edler Vogt des Bezirks Bretten.2) Und schließlich war er sechs Lustrcn dein Herr,
Burg Neuenburg, innerste Freistatt des Herzogs von Württemberg.3) Dort gab er, gebrochen von Sorgen, vom hohen Alter
und vieler Mühe, dem Himmel seine Seele, der Erde seine Glieder zu decken. Brüder hatte er, die ihm glichen in Pflichttreue
und tapferen Taten, tüchtig im Frieden und in der Toga, gewaltig im Krieg und im Militärmantel.
Dies ist der Vater, dies sind die Onkel; aber nicht geringer war einst der Großvater, Konrad, ein Ritter mit Klugheit und
tapferem Herzen. Ihn hatte zum Präfekten die unruhige Provinz Baden, damals als er deinen Ansturm abwies, wilder Iberer.4)
Du fragst nach der Mutter: das war die edle Siguna, klug, keusch, von den Frommen geliebt und gottesfürchtig, aus dem
Geschlechte Fronsberg, Tochter des großen Georg.5) Welch ein Mann dieser war, das bezeugen Deutsche und Italiener. In Tirol
unterdrückte er mit Gewalt die Wut der Einwohner, er zerschmetterte die Ligurer und bezwang das Gebiet am Po. Er rückte
vor den Turm Mcrgeria, setzte die venerischen Sümpfe in Schrecken und deine Mauern, stolzes Rom. Über zwanzigmal schlug
er in der Feldschlacht den Feind, half seinen Verbündeten, rettete die Seinigen.6)
Ein solcher Mann war der mütterliche Großvater, aber nicht unter ihm stand die Großmutter, die Gräfin Anna Ladrona aus
Tirol. Diese wurde, als der finstere Tod Georg Fronsberg dahinraffte, dir Erasmus, Schenk von Limburg, zur Ehe gegeben.7)
Wer also wird bestreiten, daß Ottheinrich von hervorragender Begabung war? Das Blut selbst facht seine Feuerfunken an. So
nahm denn der Knabe erfolgreich die gelehrten Künste auf, dann erlebte er den volkreichen Hof und die Taten von Herrschern.
Reif an Jahren, reiste er in fremde Länder, sah die Insubrer, Rom und die Ausonier, ferner Genua, Venedig und das Königreich
des hohen Neapel und das leichtsinnige Kalabrien, die Meerenge von Sizilien und das von Waffen unbesiegte Malta.8) Durch
alle Meere umherreisend ertrug er viele Gefahren zur See, bis er (die Segel) einzog und endlich zu friedlicher Ruhe kam, als
Schützer des Rechts und Freund der Religion. Seiner Asche, o Fremdling, wünsche Ruhe und ewiges Heil. Das übrige fiel
durch den Tod dahin!
Für Ottheinrich, den letzten der Neidensteiner Venningen, sind der Grabstein und das aufwendige Grab-
denkmal erhalten9); die Tafel wird man ihrer ganzen Anlage nach eher als ein dem Preis des Venningcn-
schen Geschlechtes (aus Anlaß des Aussterbens der Neidensteiner Linie?) gewidmetes emTaxpiov im ur-
sprünglichen Sinn betrachten müssen, nicht als ein persönliches Monument für den Letzten des Geschlechts.
Dagegen spricht auch, daß das Todesdatum gar nicht vermerkt ist. Es ist sogar wahrscheinlich, daß Ott-
203
HIC PATER, HI PAT|R]VI, SED NON MINOR HIS AVVS OLIM,
CONRADVS SAPIENS CORDE ANIMOSVS EQVES.
QVEM PREFECTVM HAB VIT TVRBATA PRO VINCI A BADAE.
DVM VIM DEFLEXIT TVRBIDE IBERE TV AM.
DE MATRE INQVIRIS: FVIT HAEC GENEROSA SIGVNA.
PRVDENS CASTA? PIIS CHARA, TIMENSQVAE DEL
FRONSPERGI GENERIS, MAGNO PATRE NATA GEORGO,
QVI QVANTVS FVERIT TEVTO ITALIQVAE PROBANT.
PER TYROLIM INDIGENEa), COMPRESSIT FORTITER IRAS,
CONTRIVIT LIGVRES, PERDOMVIT QVAE PADVM.
TVRRIM MERGERIAM ACCESSIT, VENETÄSQ; PALVDES,
TERRVIT ET MVROS ROMA SVPERBA TVOS.
PLVS VICIES SIGNES b) COLLATIS PERCVLIT HOSTEM,
ASSERVIT SOCIOS RESTITVITQ; SVOS.
TANTVS AVVS MATERNVS AT HAVD DEPRESSIOR ILLO,
IPSA AVIA, E TYROLIS ANNA LADRONA COMES.
HAEC, VBI FRONSPERGVM MORS ABSTVLIT ATRA GEORGVM
LYMPVRGAE E TIBI TRADITA ERASME FVIT.
ERGO QVIS OTTHENRICVM IN SIGNE) MENTE NEGABIT,
IPSE SVOS SANGVIS SVSCITAT IGNICVLOS.
VNDE PVER DOCTAS FELICITER IMBIBIT ARTES,
INDE AVLAS CELEBRES VIDIT ET ACTA DVCVM:
MATVRVSQ; ANNIS PEREGRINA PROFECTVS IN ARVA,
INSVBROS, ROMAN, VIDIT ET AVSONIOS:
ET GENVAM, ET VENETOS, ET REGNA NEAPOLIS ALTAE,
ATQ; LEVES CALABROS, SICILIEQVAE FRETVM
INVICTAMQ; ARMIS MALTAM, MARIA. OMNIA CIRCVM:
PERLVSTRANS IN AQVIS MVLTAE PERICLA TVLIT
DONEC COMPOSVIT VEL TANDEM PACE QVIEVIT,
IVSTITIAE ASSERTOR, RELIGIONIS AMANS.
HVIVS TVCINERI REQVIEM AETERNAMQ; SALVTEM,
OPTES O HOSPES CAETERAMORTE VACANT!
Fremdling, der du zufällig hierherkommst, bleib eine Weile stehen und betrachte das Schicksal, wie das Wesen des Menschen
es mit sich bringt. Hier hat Ottheinrich von Venningen, der Ruhm seines Geschlechtes, seine sterblichen Glieder der friedlichen
Erde anvertraut. Wer er dereinst war und von welchen Vorfahren er stammte, das berichtet, wie du siehst, in Kürze diese Tafel.
Sein Vater war der getreue Erasmus von Venningen, ein Greis von hoher Begabung und Geschicklichkeit, dein Marschall,
Friedrich, großer Fürst der Pfalz, als du nach Frankreich und dem westlichen Land zogst.1) Sodann war er Beisitzer des ober-
sten Gerichts in Heidelberg und lange Zeit edler Vogt des Bezirks Bretten.2) Und schließlich war er sechs Lustrcn dein Herr,
Burg Neuenburg, innerste Freistatt des Herzogs von Württemberg.3) Dort gab er, gebrochen von Sorgen, vom hohen Alter
und vieler Mühe, dem Himmel seine Seele, der Erde seine Glieder zu decken. Brüder hatte er, die ihm glichen in Pflichttreue
und tapferen Taten, tüchtig im Frieden und in der Toga, gewaltig im Krieg und im Militärmantel.
Dies ist der Vater, dies sind die Onkel; aber nicht geringer war einst der Großvater, Konrad, ein Ritter mit Klugheit und
tapferem Herzen. Ihn hatte zum Präfekten die unruhige Provinz Baden, damals als er deinen Ansturm abwies, wilder Iberer.4)
Du fragst nach der Mutter: das war die edle Siguna, klug, keusch, von den Frommen geliebt und gottesfürchtig, aus dem
Geschlechte Fronsberg, Tochter des großen Georg.5) Welch ein Mann dieser war, das bezeugen Deutsche und Italiener. In Tirol
unterdrückte er mit Gewalt die Wut der Einwohner, er zerschmetterte die Ligurer und bezwang das Gebiet am Po. Er rückte
vor den Turm Mcrgeria, setzte die venerischen Sümpfe in Schrecken und deine Mauern, stolzes Rom. Über zwanzigmal schlug
er in der Feldschlacht den Feind, half seinen Verbündeten, rettete die Seinigen.6)
Ein solcher Mann war der mütterliche Großvater, aber nicht unter ihm stand die Großmutter, die Gräfin Anna Ladrona aus
Tirol. Diese wurde, als der finstere Tod Georg Fronsberg dahinraffte, dir Erasmus, Schenk von Limburg, zur Ehe gegeben.7)
Wer also wird bestreiten, daß Ottheinrich von hervorragender Begabung war? Das Blut selbst facht seine Feuerfunken an. So
nahm denn der Knabe erfolgreich die gelehrten Künste auf, dann erlebte er den volkreichen Hof und die Taten von Herrschern.
Reif an Jahren, reiste er in fremde Länder, sah die Insubrer, Rom und die Ausonier, ferner Genua, Venedig und das Königreich
des hohen Neapel und das leichtsinnige Kalabrien, die Meerenge von Sizilien und das von Waffen unbesiegte Malta.8) Durch
alle Meere umherreisend ertrug er viele Gefahren zur See, bis er (die Segel) einzog und endlich zu friedlicher Ruhe kam, als
Schützer des Rechts und Freund der Religion. Seiner Asche, o Fremdling, wünsche Ruhe und ewiges Heil. Das übrige fiel
durch den Tod dahin!
Für Ottheinrich, den letzten der Neidensteiner Venningen, sind der Grabstein und das aufwendige Grab-
denkmal erhalten9); die Tafel wird man ihrer ganzen Anlage nach eher als ein dem Preis des Venningcn-
schen Geschlechtes (aus Anlaß des Aussterbens der Neidensteiner Linie?) gewidmetes emTaxpiov im ur-
sprünglichen Sinn betrachten müssen, nicht als ein persönliches Monument für den Letzten des Geschlechts.
Dagegen spricht auch, daß das Todesdatum gar nicht vermerkt ist. Es ist sogar wahrscheinlich, daß Ott-
203