Bogenfläche oberhalb der Grablegung Christi. Beide Restaurierungen waren im November 2004
abgeschlossen, Arbeiten am Sandsteinsockel im Jahr 2005 noch im Gang.29)
Der St.johannisfriedhof (Abb.143)
Keimzelle der Anlage rings um die heutige Kirche und ehemalige Kapelle ist der Siechkobelfried-
hof, von dessen geplanter Einrichtung in der Urkunde von 1238 die Rede ist und der sicher um 1250
bereits bestand30). Ein zweites Stück wurde 1395 gleichzeitig mit dem Langhaus der St.johanniskirche
und der Stephanuskapelle als Pestfriedhof geweiht31). Nach dem Salbüchlein des Siechkobels, um 1518
vom damaligen Pfleger Ulrich Starck (1484 —1549)32) zusammengestellt, lag dieses Stück zwischen der
„St. Stephanuskapelle“ und der Johanniskirche33). Im gleichen Jahr 1395 ließ der Rat der Stadt eine
„Truhe“ anfertigen, in der man die Toten auf den Gottesacker von St.Johannis führen sollte34). Der
Friedhof wurde demnach in Pestzeiten bereits für die in der Stadt Gestorbenen benutzt.
Die Bestattung der Toten auf Friedhöfen außerhalb der Stadtmauern war im Römischen Reich bis
unter Konstantin den Großen nach dem Zwölftafelgesetz vorgeschrieben35), ebenso bei den Juden in-
nerhalb der Siedlungen verboten36). In christlicher Zeit zunächst abgekommen, wurde die auswärtige
Bestattung spätestens seit dem Laterankonzil von 117937) wieder erlaubt, aber nur zu Pestzeiten ausgeübt.
In Wien, Magdeburg und Erfurt wurden während der Pestjahre 1348 — 51 die Bestattungen auf den alten
Kirchhöfen innerhalb der Städte verboten38), ebenso vorübergehend im Jahre 1349 in Straßburg die Be-
stattung in den Kirchen39). Breslau hatte schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts mehrere Außen-
friedhöfe40). Die großen Pestnöte des 15. Jahrhunderts zwangen auch in Nürnberg zur Vergrößerung des
Johannisfriedhofs: Erweiterungen sind aus den Pestjahren 1427 und 1437 überliefert, eine weitere Verän-
derung aus dem Jahr 145741). In dieser Zeit dürften auch die Bauten errichtet worden sein, die Dürers
Aquarell von 1494/1505 zeigt:42) die Fachwerkbauten des Pfarrhauses und des ersten Steinschreiber-
hauses zwischen Kapelle und Kirche und das hohe Gebäude des Siechkobels westlich der Kirche, das mit
deren Empore durch einen gedeckten Gang verbunden war. Der von der Stephanuskapelle nach Westen
hin erweiterte Pestfriedhof schloß zur Kirche und dem (Siechkobel-) Kirchhof mit einer Mauer ab, in die
später Arkadennischen eingefügt wurden. Wie oben beschrieben (bei „Holzschuherkapelle“), verlief
diese Nordmauer von der Kapelle aus im Bogen nach Westen, vier bis fünf Gräberreihen südlich des
heutigen Mittelweges, unterbrochen von zwei Pforten und zwei Toren, bog dann in Höhe des Lang-
hauses der Kirche leicht nach Süden ab und endete in einem Winkel, von dem aus die Mauer des Siech-
kobels, nach Nordwesten vorsprang. Die Südmauer, die den Friedhof zum Schießplatz hin abgrenzte,
verlief von der Südostseite der Stephanuskapelle aus in Höhe des alten Pfarrhauses nach Westen und stieß
dort an die Trennungsmauer zwischen den beiden Begräbnisplätzen, die den Pfarrgartens in Nord-Süd-
Richtung abschloß.43) (Abb. 144)
29) R(oland) C(antzler), In: Bürgerverein St.Johannis, Schniegling, Wetzendorf (Mitteilungen) 55 (2004) S. 51
und 57 (2005) S. 37.
30) Vgl. oben bei Anm. 5.
31) Hirschmann, St.Johannis (1964) S. 2; zur St. Stephanuskapelle siehe oben das Kapitel „Holzschuherkapelle“.
32) Biedermann, Geschlechtsregister Nürnberg (1748) Taf. 179 und 219; DI 13 (1972) Nr. 659.
33) F. A. Nagel, Der St.johanniskirchhof, In: Kirchliches Monatsblatt St.Johannis-Nürnberg, Okt. 1928 S. 2.
34) J. Baader, Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs, Bd. 2 (1862) S. 33.
35) Brecht, Friedhof und Grabmal. In: Mitteilungen des Rhein. Vereins f. Denkmalpflege u. Heimatschutz 10
(1916) S. 6; J. B. Sägmüller, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts, Bd. 1-2, 4. Aufl. 1925 S. 65; H. Mattausch, Das
Beerdigungswesen der Freien Reichsstadt Nürnberg (1219-1806), Diss. Würzburg 1970, S. 8.
36) Brecht, a. a. O. (1916) S. 55, zur Literatur über Judenfriedhöfe ebenda S. 64; Mattausch a. a. O. (1970) S. jöf.
37) Siehe oben Anm. 3.
38) Derwein a. a. O. S. 98.
39) Ebenda S. 168.
40) Ebenda S. 99.
41) K. F. Michahelles, Merkwürdigkeiten des St.johannis-Kirchhofes bei Nürnberg (1830) S. 7; Nagel, St.johan-
niskirchhof, Okt. 1928 S. 2; Kunstdenkmale X (1961) S. 290; Kunstdenkmale X 2. Aufl. (1977) S. 416. - Zur Pest in
Nürnberg vgl. W. Jungkunz, Die Sterblichkeit in Nürnberg 1714-1840, zugleich ein Beitrag zur Seuchengeschichte
der Stadt, In: MVGN 42 (1951) S. 289ff. Im 15.Jahrhundert erlebte Europa etwa 40 Pestjahre, vgl. J. Schweizer, Kirch-
hof und Friedhof (1956) S. 116.
42) Siehe Anm. 16.
43) Der Verlauf der Mauern bei Nagel a. a. O. Okt. 1928 (Abb.) S. 2. - Der sehr anschauliche, dem Kunstdenk-
male-Kurzinventar von 1961 (Bayerische Kunstdenkmale X) beigegebene Gräberplan, läßt anhand der farbig mar-
kierten Grabstätten die Erweiterungen von 1518, 1562 und 1604 nachvollziehen.
XI
abgeschlossen, Arbeiten am Sandsteinsockel im Jahr 2005 noch im Gang.29)
Der St.johannisfriedhof (Abb.143)
Keimzelle der Anlage rings um die heutige Kirche und ehemalige Kapelle ist der Siechkobelfried-
hof, von dessen geplanter Einrichtung in der Urkunde von 1238 die Rede ist und der sicher um 1250
bereits bestand30). Ein zweites Stück wurde 1395 gleichzeitig mit dem Langhaus der St.johanniskirche
und der Stephanuskapelle als Pestfriedhof geweiht31). Nach dem Salbüchlein des Siechkobels, um 1518
vom damaligen Pfleger Ulrich Starck (1484 —1549)32) zusammengestellt, lag dieses Stück zwischen der
„St. Stephanuskapelle“ und der Johanniskirche33). Im gleichen Jahr 1395 ließ der Rat der Stadt eine
„Truhe“ anfertigen, in der man die Toten auf den Gottesacker von St.Johannis führen sollte34). Der
Friedhof wurde demnach in Pestzeiten bereits für die in der Stadt Gestorbenen benutzt.
Die Bestattung der Toten auf Friedhöfen außerhalb der Stadtmauern war im Römischen Reich bis
unter Konstantin den Großen nach dem Zwölftafelgesetz vorgeschrieben35), ebenso bei den Juden in-
nerhalb der Siedlungen verboten36). In christlicher Zeit zunächst abgekommen, wurde die auswärtige
Bestattung spätestens seit dem Laterankonzil von 117937) wieder erlaubt, aber nur zu Pestzeiten ausgeübt.
In Wien, Magdeburg und Erfurt wurden während der Pestjahre 1348 — 51 die Bestattungen auf den alten
Kirchhöfen innerhalb der Städte verboten38), ebenso vorübergehend im Jahre 1349 in Straßburg die Be-
stattung in den Kirchen39). Breslau hatte schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts mehrere Außen-
friedhöfe40). Die großen Pestnöte des 15. Jahrhunderts zwangen auch in Nürnberg zur Vergrößerung des
Johannisfriedhofs: Erweiterungen sind aus den Pestjahren 1427 und 1437 überliefert, eine weitere Verän-
derung aus dem Jahr 145741). In dieser Zeit dürften auch die Bauten errichtet worden sein, die Dürers
Aquarell von 1494/1505 zeigt:42) die Fachwerkbauten des Pfarrhauses und des ersten Steinschreiber-
hauses zwischen Kapelle und Kirche und das hohe Gebäude des Siechkobels westlich der Kirche, das mit
deren Empore durch einen gedeckten Gang verbunden war. Der von der Stephanuskapelle nach Westen
hin erweiterte Pestfriedhof schloß zur Kirche und dem (Siechkobel-) Kirchhof mit einer Mauer ab, in die
später Arkadennischen eingefügt wurden. Wie oben beschrieben (bei „Holzschuherkapelle“), verlief
diese Nordmauer von der Kapelle aus im Bogen nach Westen, vier bis fünf Gräberreihen südlich des
heutigen Mittelweges, unterbrochen von zwei Pforten und zwei Toren, bog dann in Höhe des Lang-
hauses der Kirche leicht nach Süden ab und endete in einem Winkel, von dem aus die Mauer des Siech-
kobels, nach Nordwesten vorsprang. Die Südmauer, die den Friedhof zum Schießplatz hin abgrenzte,
verlief von der Südostseite der Stephanuskapelle aus in Höhe des alten Pfarrhauses nach Westen und stieß
dort an die Trennungsmauer zwischen den beiden Begräbnisplätzen, die den Pfarrgartens in Nord-Süd-
Richtung abschloß.43) (Abb. 144)
29) R(oland) C(antzler), In: Bürgerverein St.Johannis, Schniegling, Wetzendorf (Mitteilungen) 55 (2004) S. 51
und 57 (2005) S. 37.
30) Vgl. oben bei Anm. 5.
31) Hirschmann, St.Johannis (1964) S. 2; zur St. Stephanuskapelle siehe oben das Kapitel „Holzschuherkapelle“.
32) Biedermann, Geschlechtsregister Nürnberg (1748) Taf. 179 und 219; DI 13 (1972) Nr. 659.
33) F. A. Nagel, Der St.johanniskirchhof, In: Kirchliches Monatsblatt St.Johannis-Nürnberg, Okt. 1928 S. 2.
34) J. Baader, Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs, Bd. 2 (1862) S. 33.
35) Brecht, Friedhof und Grabmal. In: Mitteilungen des Rhein. Vereins f. Denkmalpflege u. Heimatschutz 10
(1916) S. 6; J. B. Sägmüller, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts, Bd. 1-2, 4. Aufl. 1925 S. 65; H. Mattausch, Das
Beerdigungswesen der Freien Reichsstadt Nürnberg (1219-1806), Diss. Würzburg 1970, S. 8.
36) Brecht, a. a. O. (1916) S. 55, zur Literatur über Judenfriedhöfe ebenda S. 64; Mattausch a. a. O. (1970) S. jöf.
37) Siehe oben Anm. 3.
38) Derwein a. a. O. S. 98.
39) Ebenda S. 168.
40) Ebenda S. 99.
41) K. F. Michahelles, Merkwürdigkeiten des St.johannis-Kirchhofes bei Nürnberg (1830) S. 7; Nagel, St.johan-
niskirchhof, Okt. 1928 S. 2; Kunstdenkmale X (1961) S. 290; Kunstdenkmale X 2. Aufl. (1977) S. 416. - Zur Pest in
Nürnberg vgl. W. Jungkunz, Die Sterblichkeit in Nürnberg 1714-1840, zugleich ein Beitrag zur Seuchengeschichte
der Stadt, In: MVGN 42 (1951) S. 289ff. Im 15.Jahrhundert erlebte Europa etwa 40 Pestjahre, vgl. J. Schweizer, Kirch-
hof und Friedhof (1956) S. 116.
42) Siehe Anm. 16.
43) Der Verlauf der Mauern bei Nagel a. a. O. Okt. 1928 (Abb.) S. 2. - Der sehr anschauliche, dem Kunstdenk-
male-Kurzinventar von 1961 (Bayerische Kunstdenkmale X) beigegebene Gräberplan, läßt anhand der farbig mar-
kierten Grabstätten die Erweiterungen von 1518, 1562 und 1604 nachvollziehen.
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