Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0136
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
108

Albertinisches Sachsen. Cap. III. KurfürstAugust. (1553—1586.)

Die Kemberger Matrikel enthält auch noch weitere wichtige Ordnungen. Die Regelung
des Einkommens von Probst und Diakon zu Kemberg ist lehrreich. Die Accidentalia betragen
z. B. für Aufgebote „ein groschen“, für Trauungen „hat ehr die malzeit, soll damit zufrieden
sein, von jeder leich sein groschen“. Bei der Visitation klagte die Schützen-Gesellschaft, dass
sie früher stets aus dem gemeinen Kasten einen Beitrag zum Vogelschiessen erhalten habe, da
von ihrer Brüderschaft vor Jahren „ein merkliches in den gemeinen kasten geschlagen“. Sie soll
36 Groschen in Zukunft bekommen. (Solche eigenartige Verwendungen des gemeinen Kastens
sind nicht selten. So wird in den sogleich zu nennenden General-Artikeln bestimmt, dass aus
dem gemeinen Kasten Anfängern oder schuldlos verarmten Handwerkern Darlehne gegeben
werden dürfen.)
Die Matrikel enthält aber vor allen Dingen die General-Artikel, nach denen sich
laut obiger Bestallung die neu ernannten Superintendenten richten sollten, einen Visitations-
Abschied.
Dieser Abschied ist an sich schon beachtenswerth. Er bildet aber auch zugleich die
Grundlage für die General-Artikel von 1557, in die er vielfach wörtlich aufgenommen ist.
Eine ähnliche V.O. findet sich auch im Staatsarchiv zu Magdeburg A. 50. XL Nr. 66,
Visitations-Akten des Amtes Schweinitz, Bl. 221 ff. unter dem Titel „Generalia, d. i. gemeine
verordnung und bevel so zu ablenung und verhütung allerlei unordnung, ergerniss und ver-
hinderung des hl. ministerii, und dagegen zu erhaltung und forderung des predigampts, christ-
licher zucht und erbarkeit gehorigen, zum teil in der kurfürstl. instruktion begriffen und geboten
lichen aber befiele ich euch, wegen magnifici domini rectoris und der universitet lectionem theologicam, das ihr
zween tage in der wochen vleissig lehrt, und euch zur universitet als deren gliedmass, von welcher ihr auch eure
gewisse besoldung habt, und in sonderheit zu dem collegio theologico treulichen haltet...
Zum andern bevele ich euch ahn stadt unsers gnedigsten herrn des churfürsten zu Sachsen und
von wegen des consistorii alhier, das ampt generalis superintendentis im ganzen churkreis, wie dann vermuge
des churfürstl. bevelichs, alle superintendenten und pfarherrn zu solchem kreis gehorend zu gelegener zeit
aufs forderlichste ahn euch von uns dem consistorio sollen angewiesen werden, auf welche alle, neben dem
consistorio alhier, ihr achtung geben sollet, das reine lehre und christliche disciplin und zucht in dem chur-
kreis durch gottes hulfe moge erhalten werden.
Zum dritten bevele ich euch ahn stadt unsers gnedigsten hern des churfürsten zu Sachsen, der
universitet und denen von ihren churfürstl. gnaden verordneten commissarien des consistorii, das ampt der
ordination und examinis ordinandorum, wie solches von dem vorigen pfarherrn seligen gedechtnus gehalten
worden.
Item das ihr alle diese ding so zum pfarrampt gehoren, vleissig und treulich verrichtet, den predigtstuel
durch euch selbst, und nicht durch andere persohnen verwaltet, auserhalb im fahl der nodt.
Das ihr auch auf die diaconos und caplan, ihre lehre und leben, item auf die schul und andere kirchen-
diener als cüster gut achtung gebet, das sie ihres ampts vleissig warten, das auch solche persohnen mit rath
eurer collegen des consistorii und des raths angenhomen und bestellet werden.
Desgleichen gute ordnung in caeremoniis...item das ir neben den verordneten kastenherrn auf-
die hospitalia gemeiner stadt... Zum sechsten bevele ich euch ahn gottes, auch unsers gnedigsten herrn
des churfürsten zu Sachsen, diese lobl. universitet, und eines erbarn raths, auch dieser ganzen christlichen
gemein, stad, das ihr die reine, wahrhaftige, unverfelschte lehr gottes...erhalten ... wollet...
So ihr nhun solchs und was mehr das pfarrampt erfordert, welches nicht alles hier kan erzehlt werden, mit
gotts hülf zu thun, euch bevleissigen wollenn, so sprechet Ja. Ja.
Dieweil nhun ihr vor dieser christlichen gemein offentlich zusaget, das mit gottes hulf zu thun, so
einem getreuen pfarherrn aus gottes bevel gebuhret, so verkündige, erclere und ordene ich abermals aus unsers
gnedigsten hern des churfürsten zu Sachsen, dieser loblichen universitet und eines erbarn raths bevel, vor
dieser ganzen christlichen gemein, euch den ehrwirdigen hochgelarten herrn magistrum Fridericum Weidebrandum
zu einem generalsuperintendenten des churkreises zu Sachsen und zum pfarhern dieser stadt Wittenbergk, und
bitten allesampt godt, das seine barmherzigkeit durch seinen heiligen geist euer herz und ampt zu seinen ehren
und zu dieser und ganzer christlichen gemein seligkeit führen und regieren wolle. [Folgt weiter eine Mahnung
an die Gemeinde dem neuen Pfarrer gehorsam zu sein.] Der liebe gott sei midt euch und uns allen. Amen.
Dominus custodiat introitum et exitum tuum, ex hoc nunc et usque in seculum. Amen. —
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften