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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0138
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Albertinisches Sachsen. Cap. III. Kurfürst August. (1553—1586.)

Die Landes-O. ist abgedruckt im Cod. Augusteus I, 43 ff. Daraus erfolgt der Abdruck
der hierher gehörigen Artikel. (Nr. 33.)
Auch die General-Artikel von 1557 erwähnen die Consistorien, ohne sich jedoch irgend-
wie eingehender mit denselben zu beschäftigen. (Irreführend ist die Bemerkung bei G. Müller,
a. a. O. 9, 121.)
Eine Codifikation des Eherechts erwies sich jetzt als die dringendste Aufgabe.
Die Consistorien richteten sich, wie oben S..99 gezeigt, in Ehesachen nur zum Theil
nach der Cellischen O. von 1545. Die Praxis war deshalb erklärlicher Weise eine sehr ver-
schiedene. Geklagt wurde namentlich über Ungleichheit in der Behandlung der Dispensationen
und der heimlichen Verlöbnisse.
Diese Missstände veranlassten den Kurfürsten, die Mitglieder der drei Consistorien
nach Dresden zu einer Conferenz einzuladen. Zuvor liess er sich von den Consistorien Gut-
achten über Synodi und Partikular-Visitationen, über Ordination, über heimliche Verlöbnisse
und verbotene Ehegrade erstatten. Ein solches Bedenken, welches nach einer Bemerkung „all-
hie in Leipzig“ vom Consistorium zu Leipzig stammt, findet sich im Dresdener H.St.A. Loc.
10600, Synodi und Visitationssachen, S. 5 ff. Es schildert, wie Fürst Georg von Anhalt Synodi
und Visitationen gehalten und examinirt habe. Etwas Besseres könnte man nicht erfinden. Die
Cellische O., welche bisher in den Consistorien gegolten habe, müsse abgeändert werden (wozu
mehrere Vorschläge gemacht werden), und zwar müssten sich die drei Consistorien in einer ge-
meinsamen Verhandlung darüber vergleichen. Dieses Bedenken, welches für die Praxis des
Leipziger Consistoriums von grosser Bedeutung ist, wird hier zum ersten Male publizirt, und
zwar als Anhang 1.
Der Kurfürst lud ausser den Verordneten der drei Consistorien auch Melanchthon zur
Conferenz nach Dresden.
In dem Einladungsschreiben (abgedruckt von Schleusner, in Z. f. Kirchengesch. 6, 396)
heisst es: „Nach deme wir hievoran gnedigklichen auch begeret, das ihr eine ordnung wollet
stellen, wie man christliche synodos und particulares visitationes, auch die ordinationes derer,
so zum ministerio aufgenommen werdenn, halten moge, und sonderlich wie es in allen unsern
landen in ehesachen der verbotenen gradt, und heimlichen vorlobnussen halben hinforter gleich-
förmig gehalten sol werden, und ihr uns, darauf zum theil ein bedenken zugeschickt, so achten
wir der notturft sein, das ir euch mit den andern consistorien der sachen halben entlichen
und schlisslichen unterredet und mit unserm vorwissen vorgleichet. Derhalben begeren wir, ihr
wollet auf den sonnabend vor Estomihi allhier zu Dresden einkommen, wie wir dann den anderen
unsern consistorien gleicher gestalt auch haben lassen schreiben, und als dann auf gehapte ge-
nugksame unterredung euch dieser dinge allenthalben mit einander vorgleichen.“
An der Conferenz nahmen (ausser Melanchthon) theil von Wittenberg Major, Lindemann,
Schneidewein, Craco; von Leipzig (wohin das Merseburger Consistorium verlegt worden war)
Pfeffinger, Krell, Reiffenschneyder, von Meissen Johann Weyss. Die Verhandlungen fanden in
der Weise statt, dass jedes Consistorium seine Bedenken vorlas, die Bedenken besprochen wurden,
Melanchthon dann die Fragen und die darauf hin gefassten Beschlüsse formulirte. (Irrig ist die
Bemerkung von Mejer, in Ztschr. f. Kirchenr. 13, 118, welcher die Stelle in dem Berichte des
Leipziger Consistoriums von 1577 so auffasst, dass jedes Consistorium seine eigene „Ordnung“,
Wittenberg also seine von 1542 verlesen habe. Es handelte sich nur um die Abänderung der
Cellischen O., und die Consistorien lasen nur ihre Bedenken vor. Auch die Bemerkung bei
Mejer, Kirchenr. des Reform.-Jahrhunderts, S. 81 ff. über die „Propositionen Melanchthon’s“
ist irreführend.) Im Einzelnen vergleiche man den interessanten Bericht, welchen das Leipziger
Consistorium am 18. Februar 1577 dem Kurfürsten über diese Verhandlungen erstattete (aus
Dresden, H.St.A. Loc. 7418, der consistorien schreiben und allerlei geistliche sachen, S. 225 ff.
 
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