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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0147
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Partikular-Synodi, General-Synodus, Lokal-Visitationen.

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und Partikular-Visitationen. Auch diese waren dem Albertinischen Sachsen keineswegs fremd.
Auf den Conferenzen zu Leipzig und Celle hatten die Geistlichen dringend nach ihnen verlangt.
Georg von Anhalt hatte sie thatsächlich für sein Stiftsgebiet eingeführt. Erst der Gesetzgebung
des Kurfürsten August war es vorbehalten, dem Gedanken für das ganze Land Wirklichkeit
zu verleihen.
Die General - Artikel von 1555 kannten als Formen der Aufsicht nur die Synodi der
Superintendenten und gelegentliche Visitationen der letzteren.
Bei der General-Visitation von 1555 wird wohl von der demnächstigen Lokal-Visitation
gesprochen. Dass aber damit keine ständige Lokal-Visitation gemeint sein kann, zeigt, ab-
gesehen von dem Mangel irgendwelcher aktenmässiger Nachweise, das oben S. 110 erwähnte
Gutachten des Leipziger Consistoriums, sowie der Umstand, dass laut des Einladungsschreibens
des Kurfürsten August von 1556 die nach Dresden berufenen Verordneten der drei Consistorien
nebst Melanchthon über eine O. für „christliche synodos und particulares visitationes“ berathen
sollten. Ob dies geschehen und was etwa bei den Berathungen herausgekommen ist, steht, wie
schon bemerkt, nicht fest.
In den General-Artikeln von 1557 findet sich im Abschnitte „Von wahl und amt des
superattendenten“ nur die Bestimmung, dass der. Superintendent bei Einweisung eines neuen
Pfarrers ein Examen nach den Vermögensverhältnissen anstellen solle, und dass der Superintendent,
„da es die notdurft erfordert, unvorwarnt selbst in die stadt, flecken und dörfer reise und aldo
die predigten anhöre“, also gelegentlich, wenn besondere Veranlassung dazu vorliege, visi-
tiren solle.
Solche gelegentlichen Lokal-Visitationen wurden öfters abgehalten. So wird in der In-
struktion zur General-Visitation von 1574/75 bestimmt, dass die Consistorien zuerst die Super-
intendenten zur Unterschrift der Torgauer Artikel veranlassen sollten. Dann sollten die
Superintendenten die Lokal-Visitation vornehmen und ihrerseits die Pfarrer zur Unterschrift
veranlassen. Diese Visitation war also durch einen besonderen Zweck veranlasst. Gerade die
Instruktion von 1574 liefert aber einen indirekten Beweis dafür, dass ständige Lokal-Visi-
tationen noch nicht bestanden. Denn in Art. XV dieser Instruktion wird zur Aufrechterhaltung
der Ordnung den Superintendenten befohlen, jährlich einen Synodus abzuhalten. Wäre die Ein-
richtung der ständigen Visitation vorhanden gewesen, so wäre dieselbe hier genannt worden,
weil sie dem erstrebten Zweck am vollkommensten gedient hätte.
Die Zeit der ständigen Lokal-Visitationen war also noch nicht gekommen. In der That
ist die nächste Visitation, von welcher wir wieder aktenmässige Kunde erhalten, die General-
Visitation von 1574/75.
Die erste der ständigen Lokal-Visitationen fand 1577 statt. Wie für das Ernestinische
Sachsen, so beginnen auch für das Albertinische mit diesem Jahre die Protokolle der Visitationen,
wie sie in grösster Reichhaltigkeit in den Archiven erhalten sind.
Weiteren Beweis liefert folgende Verordnung des Kurfürsten: „Augusts, herzog zu
Sachsen, V.O. und befehl, was sich alle und jede, in seiner kurfürstlichen gnaden, erb-
landen und incorporirten stifften, underthanen, auf die negst gehaltenen zwo visitationes
anno 74 und 75 und dann anno 77 bis auf fernen befehlich und verbesserung verhalten sollen.
Gedruckt Dresden 1578 durch Gimel Bergen.“ Es handelt sich um ein unten näher zu charak-
terisirendes Ausschreiben des Kurfürsten vom 28. Mai 1578, welches durch die Berichte der
Visitatoren veranlasst war. In der Vorrede spricht der Kurfürst davon, dass er zwei General-
Visitationen, 1574/75 und 1576/77, und eine Lokal-Visitation 1577/78 habe anordnen und halten
lassen. Die Berichte aus der ersten von den beiden General-Visitationen und aus dieser Lokal-
Visitation lieferten ihm den Beweis, dass die General-Artikel und die landesherrlichen Mandate
nicht beachtet würden. Deswegen habe er den Synodus einberufen. Nach dem ganzen Zu-
 
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