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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0216
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188

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

noch auf den kirchof stehen oder handlung, auch1)
in den tabern wirts oder schenkheusern, auch vor
den thorn ausserhalben der stadt oder der dorfer
kein toppeispiel haben. So man auch vor oder
under dem ampt jemand vor den thorn, markt,
gassen, oder anderswo on notturftig geschick be-
funde, der soll wie folget gestraft werden.
Man soll auch den gemein kasten in gutem
bevel haben und treulich helfen, das die schuld
nutzlich und furderlich eingebracht, das auch jer-
lich bestendige rechnung daruber gehalten, und
one der pfarrer2) wissen und beisein nichts3)
ausgeben werden.
Belangend die kirchen, pfarrheuser, und was
fur gebeude darzu gehort und schulen in stedten
der kirchner heuser in dorfern, damit soll es
dieser gestalt gehalden werden. Wo alte und bose
heuser wie obbemelt4) befunden werden, den nicht
zu helfen were ein weil zu stehen, soll5) durch
die eingepfarten von neuem auf zu notturft er-
bauet werden, wann das gescheen ist soll es dar-
nach durch die jare von den priestern die auf den
pfarren sind, von dachung, ofen, fenstern, thuren,
zeunen etc. in beulichem wesen erhalden werden,
wo aber etwan6) wonheuser der pfarren, Scheunen
und stellen, in mangel befunden wurden den vil-
leicht auf etlich jar noch zu helfen were, die sollen
auch von den eingepfarten in beulich wesen ge-
bracht werden, damit sich der seelsorger dar in
zuenthalden hat, wann das gescheen ist, als dan
sols der pfarrer in beulichem wesen erhalten, wie
itzt- berurt.
Auch soll kein wirt unter gotlichen emptern
keinem einwoner so in die pfarrkirchen gehorig
wider essen noch trinken, es sei gebranter oder
ander wein, auch kein bier verkaufen noch geben,
es sei denn ein frembder durchwanderer, oder
schwache person,
Wurde aber jemants unzuchtige uneheliche7 )
weiber in seiner behausung halden, die sollen
gutlich angeredt, und wo sie es nicht lassen aus
denselben gericht, stadt und ampt geweist werden,
und derselb so sie gehauset, soll auch in gebur-
lich straf genomen werden.
Es soll auch niemants von gottis wort schimpf-
lich leichtfertig noch schmelich, sonderlich bei dem
trunk in wein oder bierheusern reden,
Desgleichen auch bei gottis namen nicht
scherzlich noch ernstlich, fluchen noch schweren,

1) Wu.: auf dem kirchhof oder handlung halten,
auch.
2) Wu.: und von den superattendenten und ander
pfarrer.
3) K. R.: nicht.
4) Wu.: „wie obbemelt“ fehlt.
5) K.: sollen.
6) K.: „etwan“ fehlt.
7) K.: unerliche.

wurde aber jemand, dieser obgeschrieben artikel
einen oder mehr brechen, der soll vier ganze tage
und nacht1) im stock und torm gefenklich ent-
halten werden; wurde aber von einem unmundigen
kinde solche schwure gescheen soll dasselbe fur
die obrickeit gebracht, und vater oder mutter oder
die nechste freundschaft vorgeheissen werden, und
dieselben sollen2) das kind mit einer ruten fur
der obrickeit mit zwelf streichen strafen, wolten
sie aber das kind nit strafen sollen dieselben
eldern oder freundschaft in obberurte straf selbst
genommen werden 3),
Wurden auch ir viel oder wenig obgnante
gotslesterung und schmehung von jemand horen
sollens dieselben anzeigen, wo nicht sol man die
jenigen so es gehort in gefenknus die vier tag
und nacht wie obenvormeldet dem theter gleich
einnemen 4),
Auch wo jemand sein ehebrechen5), hurerei
treiben junkfrau schwechen, und die kinder ire
eldern schmehen oder hinder irer eldern wissen
und willen sich verloben, oder hand an sie legen
wurden, oder andere unchristliche werk furnemen
oder gebrauchen, die sollen nach ordenung der
recht gestraft werden,
Item fullerei und spilen dergleichen6), item
so schandlieder auf der gassen oder in den heusern
zu ergernus der jugent gesungen werden, und was
derselbigen ungeburlichen und unsittigen7) sachen
mehr sind, item mussiggang in ampten, stedten,
flecken und dorfern nicht zudulden, sondern das
dieselbigen, und sonderlich, die nicht beerbet
sind8) vermanet werden zu arbeiten oder sich
aus dem ampt, stadt, flecken und dorfern zuthun,
Item aufrurische und ergerliche schrifte und
buchlein zudrucken, zukaufen und zuvorkaufen
mit ernst zuhindern und strafen9),
Wo jemants vom adel oder andere ichtes
von geistlichen gutern von gotsheusern oder pfarr-

1) K. R.: fehlt „und nacht“. In Wu. heisst die
Wendung: „der soll ernstlich gestraft werden“.
2) K.: „sollen“ fehlt.
3) Wu. liest statt „dasselbe fur die obrickeit ge-
bracht — straf selbst genommen werden“: „dasselbe
durch seine eldern ernstlich gestraft werden; wo nicht,
so soll die obrigkeit nicht allein das kint, sondern auch
die unfleissige eldern oder negste freuntschaft in ge-
burliche straf nemen.“
4) Wu. liest statt „gehort in gefenknus — theter
gleich einnemen“: „gehort, und nicht gewert, und der
oberkeit angezeigt haben, auch ernstlich strafen“.
5) Wu.: Auch wo jemant rüchtige und hernach
offentliche ebrechen.
6) W.: „dergleichen“ fehlt. K. R.: „und der-
gleichen“. Wu.: und dergleichen ergerlich wesen und
leben keineswegs gestatt werden.
7) K.: unholtigen.
8) Wu.: „sind“ fehlt.
9) Wu.: zu strafen.
 
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