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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0223
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9. „Artikel gemeiner verschaffung“ aus der visitation in Thüringen. 1533.

7. catechismus gros, 8. catechismus clein doctor
martin luther, 9. gesangbuchlein, 10. confessio und
apologia deutsch und lateinisch, 11. doctor martin
luthers verdeutscht psalter und summarien.
Vom inventarium.
Der amptmann soll auch bei der ersten jarrech-
nung einer jeden pfarrkirche den vleis furwenden
mit dem inventarien in messen wie folgt,
Wo die inventarien vormals in pfarren stat-
lich in antretung der neuen pfarrer befunden und
versorget, do ist es nit not zu andern und bessern,
so soll es dopei pleiben.
Wo aber kein inventarium oder ein gerings
ist, so soll es dieser gestalt gehalden werden. Wo
etwas in der kirchen vorrat vorhanden daraus zu-
nemen, domit man ein statlich inventarium den
priester zu erhalten moge aufrichten, wo aber die
kirchen zu arm weren, und nichts hetten, das die
eingepfarten die ecker von weiz, korn, gersten,
habern über sommer und winter statlich beseen
sollen, wo die ecker aber zu notturft zu erfullung
eines inventariums beseet weren, so soll ein jglich
besessen person nach seiner gelegenheit und ver-
mogen, domit der pfarrer erstlich sich nicht durft
in schuld einlassen ein scheffel korns geben, nem-
lich die reichen 1 ganzen, die armen 1 halben,
in ansehung das sie hievor munchen und andern
betlern ein viel grossers gegeben und nu abgangen
ist, desgleichen ein tisch, ein spanbett, und etlich
kue sovil gut und zu erheben.
Und eines jeden inventarien sollen drei copei
gemacht werden-, eine den visitatorn, die ander
dem pfarrer, die dritt dem richter, schulteis, oder
dorfmeister neben den zugesatzten der gemein zu
untergeben, alles darumb, domit beide der ver-
storben pfarrer nachgelasen witwin und kinder nit
mit ledigen henden abgeweiset und verstossen

werden, und die neu pfarrer in irem antreten
etwas zum anfang irer haushaldung finden, und
nit mit schulden dürfen einziehen und einsitzen1).
Wie mans mit dem begrebnus halten
soll.
Also helt mans mit dem begrebnus zu Wittem-
berg, mocht auch anderswo also damit gehalten
werden an den enden, do man gottes wort und
christlich ceremonien hat und heldet.
Erstlich, wen ein gemein mensch stirbt, so
leut man nicht dorzu, sondern die nehsten nach-
barn geen mit der leich zu grab.
Zum andern, wen jemants von mittelmessigen
burgern stirbt, so bestellt die freundschaft den
schulmeister mit den schulern, bei dem begrebnus
zu sein, welche under wegen, bis zum grab singen,
aus tiefer not etc. Wen man nue zum grab
kommen ist, weil man die leich zu scharret, so
singt der schulmeister, oder seiner gesellen einer
sampt der versamlung, so vorhanden, wir gleuben
alle an einen gott, von wegen des artikels der
aufersteeung des fleisch, darinn 2) auch begriffen,
doch leut man zu solchem begrebnus nicht, so
werden die caplan auch nicht darzu erfordert noch
berufen.
Zum dritten, wen jemants von redlichen
leuten stirbt, so begrebt man die leich mit der
process, es sind auch darbei alle kirchendiener,
nicht aus phlicht, sondern auf bitt der freundschaft,
dabei ist auch der schulmeister sampt den schu-
lern, zue dem, so leut man mit der grossen glocken
darzu, geschicht aber dannoch selden.

1) Hier schliesst sich bei Richter der oben
S. 191, Anm. 4 abgedruckte Passus an.
2) R.: „darzue“.

9. „Artikel gemeiner verschaffung“ aus (der Visitation in Thüringen. 1533.
[Nach Weimar Ji. Nr. 4; vgl. oben S. 53.]

Nach dem in des churfursten zu Sachsen,
unsers gnedigsten hern furstenthumb zu Dhuringen
die pfarren und kirchen nun gotlob allenthalb mit
tuchtigen und geschickten pfarhern und predigern
notturftiglich vorsehen und bestalt sind, soll allent-
halb aufs fleisssist vorhutet werden, das unberufnen
und unbekanten landleufern zupredigen oder
teufen etc. an keinem ort wider offentlich noch
heimlich nicht gestatet worden.
Desgleichen sol auch nicht gestatet werden,
ob sich imandes gemeines und ordentlichs kirch-
ganges den gotlichen ambtern und christlichen
ordnung zuvorachtung und andern leuten zu
ergernus eussern und davon absondern wolt.

Sondern iderman das ehr gemeines kirchgangs
sich halten muss mit ernst angehalten werden.
Und das auch zu ider zeit, wann man solche
gotliche ambter in der kirchen zuhalten pflegt,
sonderlich ober auf die gewenliche feiertage in
gast und schenkheusern auch sonst keinerlei zeche,
spiel, tanz und ander desgleichen leichtfertigkeit
nicht geduldet, sondern wo sie geubet geburlichen
zu besserung gestraft werden sollen.
Und nachdem den pfarhern allenthalb mit
hochstem ernst und vleis befolhen, den cathecis-
mum der jugent mit fur predigen und widerumb
verhoren vleisssik und treulich einzubilden, damit
nicht durch desselben vorseumung und nachlassung
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