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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0224
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196

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

eine heidenische welt unter christlichen namen
aufwachse, sollen die ambtleute gerichtshern und
rethe in stedten allenthalb darob sein, das den
underthanen ire kindere und gesinde mit vleis
dahin zuhalten aufs ernstlichst geboten werde.
Öffentliche gotslesterung, fluchen und schweren
bei gottes namen, spöttisch vom evangelio und den
hailigen sacramenten reden, zeuberei aberglaubische
segen und dergleichen andere unchristliche mis-
pietung sollen allenthalb mit ernst gestraft werden.
Desgleichen alle offentliche laster und erger-
nus, als da sein spiel ehebruch musssigang ful-
lerei etc., item ungehorsam der kinder gegen den
eltern geubet sollen von den ambtleuten gerichts-
hern und rethen auch mit ernst, aber doch nicht
eigennutzig sonder zupesserung gestraft werden.
Wo in stedten und dorfern den rethen und
gemeinden irer pfarren und anderer geistlicher
lehenen und stieftungen einzubrengen und die
kirchen und schuelpersonen davon jherlichen zu-
besolden verordent ist, da sollen sie mit sonder-
lichem ernstem vleis darob sein, das solch ein-
kommen treulich und fleissig einbracht, den
kirchen und schueldinern uf ire bestimbte tag-
zeiten unvorzuglich und nutzlich gegeben und
jherlich auch ordentlich berechnet werden.
Wo aber die kirchen und schueldiener ir
einkomen von den leuten selbst einbringen musen,
da sol von den ambtleuten und gerichtshern den
leuten gesaget und den kirchen und schueldinern,
eins iden orts auch verholfen werden, das inen
ire zinse, detzmas und ander gebuer wann sie zu
einer iden zeit vertagt, alsopald unverzuglich und
ufs lengst innewendig den nechsten sechs wochen,
an tuchtigem getreide und gelde etc. gereicht und
entricht werden muss.
Es soll auch kein pfarner, desgleichen auch
sonst kein geistlicher belehenter von den pfar
und sonst geistlichen stieftungen, die guter von
seinem pfar oder andern geistlichen lehenen ver-
keufen, auch nicht durch wechsel oder sonst ander-
lei weise entfremden, ob aber derselben einer
etwas solcher guter, etliche an eckern, wiesen etc.
auf ein anzal jhar, auf ein jherliche nutzung aus-
thun und verlasen wolt, sollichs soll doch nicht
anders dann mit wissen des superadtendenten
ambtmans oder gerichtshern dergestalt, das es dem
pfarlehen und desselben nachkommenden besitzern,
ane schaden und nachteil sei, nachgelassen werden.
Geschee es auch, das solchen pfar und andern
lehen etliche widerkeufliche zinse zur zeit abgelost
und volgendes widerumb anzulegen sein solten,
so solt beide die ablosung und widerumb anlegung

mit wissen des superadtendenten ambtmans oder
gerichtshern bescheen, damit man allewege wie es
umb die leben gethan sei, eigentlich wissen muge.
Ob etwa noch etliche lehen und geistliche
stiftung in stedten oder dorfern befunden wurden,
davon den visitatorn nichts vormeldet, und also
kein verschaffung bescheen wehr, solche stiftung
sollen in nimandes, auch der patronen selbst eigen
nutz, sondern nach bedenken des superadten-
denten, ambtmans oder gerichtshern und mit gne-
diger verwilligung des churfursten zu Sachssen etc.
u. gt. hern zu pesserung der pfarn, zum studio
etlicher knaben, oder aber zu hulf des armuths
gebraucht werden.
Es sall auch keiner, so es von wegen des juris
patronats gleich zethun, eine pfar verleihen, es sei
dann zuvor die person, so belehnet werden soll
dem superadtendenten presentirt, in christlicher
leher verhort und dermasen, das ehr dem ambt
der selsorg genugsamlich vorstehen muge, genug-
samlich und tuchtig befunden wurden.
Alle kirchen und schuldiener sollen in stedten
und dorfern mit bequemen und notturftigen her-
brigen vorsehen werden und wan einem iden sein
haus zu einem mhal notturftiglich erbauet und
angericht worden ist, alsodann sal derselbige auch
solche behausung in beulichen wesen erhalten, ane
die erb oder heubtgebeude welche zu alle zeiten
von den gemeinden aussm kasten oder einkommen
der kirchen, ane der kirchen und schuldiner dar-
legung erhalten werden sollen.
Wo von altersher kirchner gewesen, und ire
verordente bestimbte besoldung gehabt haben, sall
nicht gestatet werden, denselbigen daran etwas
abzubrechen, vil weniger aber sollich kirchen dinst
gar abgehen zulassen, sonder sollen solche kirchner
alle jhar zu geburlichen zeiten mit wissen und
rath der pfarher angenommen werden.
Alle die da in ehestand sich begeben wollen,
sollen fur der hochzeit drei sontag nach einander
in der kirchen aufgeboten und ehe dan sie ehe-
lich beiligen zuvor durch iren pfarrer oder caplan
zusammen vertrauet werden.
Aller irrigen ehesachen sollen sich die pfarrer
entschlahen und was sich der zutregt, dieselbigen
an die ambtleute, gerichtshern und rethe weisen,
welche mit rathe des superadtendenten geburlichen
darinne zuhandeln wol wissen werden.
Es soll auch mit hochstem vleis und ernst
vorhutet werden, das nimand in die vorbotene
glied seiner freundschaft heirathen thuet.
Die stedte der gemeinen begrebung sollen
allenthalb ehrlich gehalten und wol befridet werden.
 
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