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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0238
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Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

auf welchem das ganz gebäu zusammengefasst
aufwächset zum heiligen tempel durch den herrn,
durch welchen auch ihr erbauet seid zur wohnung
gottes, im heiligen geist.
Aus diesen und andern sehr viel spruchen
ist klar und gewiss, dass allein diese gottes volk
sind, welche die lahr von gott durch die propheten,
durch den herrn Christum und durch die aposteln
gegeben, annehmen, lehren und lernen und be-
kennen. Und ist das fürnehmst hohest gebot,
diese lahr und den sohn gottes hören, annehmen
und die lahr rein erhalten, wie der ewige vater
von himmel gesprochen: dieses ist mein liebster
sohn, daran ich wohlgefallen habe, diesen sollt ihr
hören. Und wie Psal. 2 stehet: küsset den
sohn etc., das ist, nehmet ihn herzlich und mit
freuden an und höret seine lehre etc. Wer nu
diesen sohn Jesum Christum nicht hören will, und
das evangelium verachtet, verleugnet oder verfolget,
ganz oder etliche artikel, die können gottes volk
nicht sein, das ist offentlich. Darum zum ersten
und zum hohesten von nöthen ist in christlicher
kirchen, das evangelium ganz und rein zu er-
halten, wie gott oft geboten hat, und unser heiland
Christus spricht Johann. 14: wer mich lieb hat,
der wird meine rede bewahren, und mein vater
wird ihn lieb haben, und wir werden zu ihm
kommen und wohnung bei ihm machen.
Darum soll dieses in christlicher reformation
das erste stuck sein, dass das heilige evangelium
rein und unverfälscht in kirchen und schulen er-
halten werde, wie auch die ersten und alten con-
cilien fürnemlich von der lahr wegen gehalten
sind, als actor. 15 und das Nicenum concilium ein
loblich symbolum gemacht, zu erhaltung des
rechten reinen verstands vom sohn gottes.
Und wiewohl hernach in diesen letzten zeiten
oft reformationes fürgenommen: so ist doch von
fürnemen artikeln christlicher lahr darin wenig
gehandelt, so doch offentlich am tag ist, dass viel
missbräuch eingerissen, dadurch das evangelium
verdunkelt worden.
Nachdem aber etliche vertheidinger der miss-
bräuche vor wenig jaren ursach gegeben, die irr-
thumb zu strafen, hat gott seine gnad verliehen,
dass also in diesen strafen die lehre des evangelii
in allen nöthigen artikeln erkläret, davon wir
eine confession zu Augsburg anno 1530 kaiser-
licher majestät überantwort, bei welcher wir durch
gottes gnad noch zu bleiben gedenken, wie die-
selbige in ihrem rechten verstand lautet, und in
unsern kirchen gehalten und verstanden wird.
Denn wir zweifeln ganz nicht, die selbige unsrer
kirchen lehr sei gewisslich die ewige und einige
gleichlautende lahr der wahrhaftigen katholiken
kirchen gottes gegeben durch die propheten,
Christum und die aposteln, und sei einträchtig mit

den symbolis apostolico und Niceno, und mit den
alten heiligen conciliis, und dem verstand der
ersten reinen kirchen.
Darum wir auch für nöthig halten, zu gottes
ehre und rechter anrufung, zu seligkeit vieler
menschen, zu pflanzung und stärkung rechtes
glaubens und rechter anrufung in den nachkommen,
dass der verstand der selbigen lahr, die wir in
unsern kirchen, confession und catechismis be-
kennen und lehren, einträchtiglich in allen kirchen
gepredigt und gehalten würde. Nemlich von allen
artikeln des glaubens, wie in symbolo apostolico
und Niceno erzählet und gefasst sind, und wie
die selbigen artikel von den alten heiligen con-
ciliis Niceno, Constantinopolitano, Ephesino und
Chalcedonensi nothdurftiglich und recht erkläret
sind. Und zu erklärung der artikel in symbolis
von Christo und von den hohen unermesslichen
gütern, so uns unser heiland und haupt Christus
erlanget, sind die artikel, so weiter in der con-
fession. gemeldt sind, zu wissen allen christen
nöthig, von erbsünd, von gnad, glauben, und guten
werken und von den sacramenten. Nämlich, dass
gewisslich wahr sei, dass alle menschen, so aus
männlichen samen empfangen sind, erbsünd mit
sich bringen, und derhalben alle menschen, so
nicht zu Christo gebracht, und durch die taufe
neu geboren werden, in ewigem zorn gottes und
verdampt bleiben. Item, dass man junge kinder
täufen soll, und dass ihre tauf recht und kräftig
sei zur gnade und ewigem leben. Item, dass
erbsünd sei mangel der gerechtigkeit, die in Adam
gepflanzt gewesen, die in uns sein sollt. Und
dieser mangel ist schuld, und zerstörung der
menschlichen kräften, des verstands, willens und
herzens, dass der wille nicht zu gott gekehret ist,
und das herz wider gottes gesetz jämmerlich ge-
neigt ist; um welcher schuld und zerstörung willen
der mensch in gottes zorn und verdampt ist, so er
nicht davon erlöset wird durch die Wiedergeburt.
Dieses ist gewisslich alle zeit der heiligen
catholiken kirchen gottes, der propheten, aposteln
und christlichen scribenten lehr und verstand ge-
wesen von dem grossen schaden, in welchen das
menschlich geschlecht durch Adams fall gekommen.
Dass aber etliche diesen artikel anfechten, die
thuen sehr unrecht. Denn sie streiten wider
offentlich gottes wort, und stärken die blindheit
in menschen, dass man sünd, gnad und glauben
nicht recht verstehen kann. Denn aus dieser
worzel ist der grosse zweifel in herzen von
gott; item, dass das herz faul und kalt ist in
furcht und liebe gegen gott; item, dass es viel
mehr geneigt ist, auf sichtbare ding zu vertrauen
denn auf gott. Diese und andre böse neigung
muss man ja für sünde erkennen und dawider
 
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