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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0241
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14. Wittenbergische Reformation. 1545.

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gott geordnet, verkehret sind, und sind andre, als
Baal und die excelsa aufkommen. Nu siehet
menschliche vernunft nicht, dass dieses verkehren
oder neu gottesdienst errichten sünde sei, sondern
hält diese werk für hohe grosse heiligkeit; als,
da Israel viel capellen auf allen bergen setzten,
meineten sie, sie mehreten gute werk und die
fürnehmsten gottesdienst, wie auch bei den aller-
weisesten heiden in Graecia alle winkel voll capellen
waren.
Diese grosse sünd und dieses abweichen von
der einigen rechten anrufung werden die menschen
im letzten gericht und im künftigen leben klar
verstehen. Jetzund aber sollten wir dieses wissen,
dass man bei göttlichem befehl und wort zu bleiben
schuldig ist, und dass man die communion und
mess nicht in andre werk verkehren sollt, denn
wie sie von Christo geordnet, und wie die selbig
ordnung von der aposteln brauch und haltung in
der ersten kirchen zeugniss hat. Nämlich, dass
das volk zusammen kommen soll; denn gott will,
dass seine kirch öffentliche ehrliche versammlungen
halte, dass sein evangelium öffentlich vor allen
creaturen gepredigt und gehört, und er und der
heiland Christus öffentlich gepreiset und angerufen
werden, wie viel sprüche sagen: es sollen völker
und könige zusammen kommen und dem herrn
dienen, Ps. 102. In dieser versammlung soll man
zum gebet und zur lehre etwas aus göttlicher
schrift singen oder lesen, wie solchs allezeit in
der christlichen kirchen gehalten. Item, man soll
auch eine christliche predigt thuen, wie Christus
geboten, bei seinem abendmahl seinen tod und
seine auferstehung und gaben zu verkündigen, das
ist zu predigen. Und sollen die leut sämptlich
zum gebet vermahnet werden, wie denn Christus
eine sonderliche verheissung zu solcher Versamm-
lung gebet gegeben. Denn er uns dazu treiben
und anhalten will, dass wir selbige versammlungen
gerne helfen erhalten, dazu kommen, und uns
sämptlich gemeiner noth annehmen. Darum soll
man dabei beten für geistliche und weltliche regi-
ment, um frieden, früchte und eigne nothdurft,
geistlich und leiblich etc.
Dabei soll denn die communio gehalten werden,
nämlich also, dass der priester nach dem gebet
den befehl Christi ernstlichen und mit andacht
spreche, und wisse was er thue, und hernach den
leib Christi und das blut Christi austheile zu
niesen ihm und andern, so zur communion zu-
gelassen, und vorhin verhört und absolvirt sind,
und nicht in öffentlichen lastern verharren, welche
auch rechten verstand haben sollen, was dieses
sacrament sei, nämlich niessung des wahren leibs
und blutes Christi, und wozu diese niessung zu
thuen, nämlich dass der glaub erweckt und ge-
stärkt werde: dieweil uns Christus durch diese

seine ordnung seinen leib und blut gebe, dass er
uns gewisslich zu [fehlt: seinen] Gliedmassen
mache, vergebe uns unser sünd aus gnaden um
seines todes willen, nicht von wegen dieses unsers
gehorsams, wolle uns gnädiglich erhören und
regirn etc. Item, dass wir für seinen tod und
auferstehung, und alle gaben hie danken. Item,
dass wir hiebei auch erkennen, dass wir eines
heilands Christi gliedmass sind, und sollen gegen
allen gliedmassen lieb und gutes erzeigen unserm
heiland Christo zu gefallen etc.
Dieses ist die alte und reine form der mess
und communion, wie sie Christus eingesatzt und
geordnet, und wie sie von den aposteln in der
ersten kirchen gehalten, wird auch also durch
gottes gnad in unsern kirchen mit andacht und
christlicher reverentia gehalten. Und ist hoch von
nöthen, dass alle Christen, und-besonder die hohen
regenten, helfen zu erhaltung dieser rechten com-
munion und messe, und betrachten, wie grausame
missbräuch dagegen eingeführet.
Erstlich ist öffentlich und unleugbar, dass der
grosser theil priester in aller welt allein um der
nahrung willen priester werden und mess halten,
und bleiben im unverstand, wissen nicht, wozu
dieses werk eingesetzt ist, und üben die ceremonien
wie die kinder; viel auch sind und verharren in
öffentlichen lastern. Nu sind dieses schreckliche
sünde und verunreinigung göttlichs namens wider
das ander gebot und wider diesen spruch Pauli
zu’n Corinthern: sie machen sich schuldig am leib
und blut Christi; item, sie niessens ihnen zur ver-
dammniss. Diese sünd bringen ewige verdamm-
niss, und viel zeitlicher strafen, krieg und Zer-
störungen, und sind alle regenten, geistlich und
weltlich, schuldig, diese grobe öffentliche ver-
unreinigungen des sacraments soviel möglich zu
verhüten. Das ist ganz gewiss und öffentlich.
Zum andern wird die mess gerühmet, und
ist durch diesen falschen schein also in der welt
gemehret, nämlich dass der priester ein opfer halte,
dadurch er den lebendigen vergebung der sünden,
und den todten erlösung aus dem fegfeuer ver-
diene , wenn gleich der priester in öffentlichen
lastern liege. Nu ist öffentlich, dass die communio
oder mess nicht für die todten eingesetzt ist. Denn
der text gebeut ausdrücklich, man soll dabei des
todes Christi gedenken etc., welches nicht auf die
todten zu ziehen. So ist auch öffentlich, dass die
lebendigen nicht vergebung der sünd erlangen von
wegen dieses oder eines andern werks anderer
menschen, sondern allein um Christi willen durch
eigenen glauben, laut der hohen heilsamen lehr
vom glauben, wie der spruch sagt: der gerechte
lebet seines glaubens. Nu hanget die welt an
der mess als einem solchen werk und verdienst,
 
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