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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0249
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14. WittenbergischeReformation. 1545.

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welche die ehesachen christlich richten nach dem
evangelio und denen ehrlichen gesetzen, die in
der christenheit von gottfürchtigen und verständigen
christen von der apostel zeit an für ehrlich und
gottgefällig geachtet sind, dass nicht heidnische
und türkische unzucht einreisse. Item dass die
pfarhern eines jeden orts denselbigen richtern die
öffentlichen ärgerniss in ihren pfarren anzeigen,
darauf das consistorium die angegebenen citiren,
und die sach verhören, und die schuldigen strafen
soll. Als nämlich in diesen fällen, welcher welt-
liche oberkeit nicht achten will: so einer falsche
lehr fürgibt; so einer christliche religion oder die
sacrament verachtet; so jemand in einem jar nicht
beichtet und nicht communicirt; item, so jemand
an dem pfarher oder andern kirchendienern ge-
walt und frevel übet; item, so jemand ein un-
züchtig weib bei sich hält; item, so jemand des
ehebruchs also berüchtigt wird, dass starke ver-
muthung wider ihn sind. Item, die wucherer,
item junge leut, so öffentlichen trutz gegen ihren
ältern oder andern, welchen sie befohlen, üben,
und ihre verbotene spiel und sauferei nicht lassen
wollen.
Und sollen diese richter befehl haben, senten-
tiam excommunicationis zu sprechen, und soll das
urtheil in der pfarr, da der thäter ist, öffentlich
verkündigt, oder angeschlagen werden, und sollen
die leut vermahnet werden, nach der lehr Pauli,
dass sie ihn nicht zur tauf und dergleichen christ-
lichen gesellschaften ziehen wollen. Und wäre
noth, dass weltliche oberkeit nach gelegenheit der
sachen die verächter des bannes in ihre straf
auch nähme. Denn die weltliche oberkeit ist
schuldig, der kirchen zu helfen zu erhaltung
christlicher zucht, wie Röm. 13 geschrieben stehet:
die weltliche oberkeit soll gute werk ehren und
die bösen strafen, und Esaiä 49 stehet, die könige
werden der kirchen nährer sein, das ist,sie sollen
den predigern hülf erzeigen mit schutz und ver-
ordnung der unterhaltung und fürderung des
evangelii. Doch sollen in alle weg die sachen
vorhin gehört und mit ordentlicher weise geurtheilt
werden, zu welcher verhör nicht allein die priester
zu ziehen, sondern auch gottfürchtige gelehrte
personen aus den weltlichen ständen als fürnehme
gliedmass der kirchen. Denn da unser heiland
Christus spricht: saget es der kirchen, und thuet
mit diesen worten befehl, dass die kirch der
hohest richter sein soll, [so] folget, dass nicht
allein ein stand, nämlich die bischofe, sondern
auch andere gottfürchtige gelahrte aus allen stän-
den als richter zu setzen sind, und voces deci-
sivas haben sollen, wie auch noch in concilio zu
Epheso zu finden, da priester und diaconi voces
decisivas gehabt.

Von den schulen.
Das ist ganz öffentlich, dass zu erhaltung
christlicher lehr und regiment die schulen nöthig
sind, und wäre sehr nützlich, dass christliche ver-
ständige bischofe auf die schulen ein besonder
aufsehen hätten von wegen vieler stucke. Erstlich,
dass die christliche lehr von den theologen rein
und einträchtiglich gelehrt würde. Zum andern,
dass die erste jugend zu den künsten und sprachen
aufgezogen würde, welche zur erklärung christ-
licher lehr nöthig sind.
Zum dritten, dass christliche zucht in univer-
sitäten aufgericht werde, dass das junge volk nicht
in dem freien unordentlichen wesen lebe, wie
jetzund leider in universitäten zu sehen, dass sie
leben wie müssige muthwillige landsknecht, und
wird die jugend nicht allein nicht zu geistlichen
übungen gehalten, sondern achten auch weltlicher
tilgend wenig. So denn solche freche leut ernach
in die regiment kommen, die ohne geistliche
übungen, ohne gottes anrufung und gebet, und
ohne gute sitten erzogen, was kann da gutes folgen?
Von leiblicher unterhaltung.
Dieweil gott will, dass seine kirche in diesem
leben und auf dieser erden für und für sein und
bleiben soll, wiewohl er selbs lehrer erweckt, und
die gläubigen wunderbarlich schützet und erhält;
so gibt er doch dieser seiner kirchen herberg,
dass etliche könige, fürsten, städte den kirchen
raum geben, obgleich viel andre könige, fürsten
und städte die kirchen verfolgen. Welche nu
gottfürchtige regenten sind, die sollen ihnen die
kirche lassen befohlen sein also, dass sie vor allen
dingen auf erden das ministerium evangelii ehren,
und den seelsorgern unterhaltung verordnen, und
der lehr fürderung thun sollen, wie solches in
Esaia geschrieben: die könige sollen deine nährer
sein. Es ist aber allezeit in dieser bösen welt
also gangen, dass die herrschaften nicht lang der
kirchen gute herberg geben. Als, da Joseph in
Egypto war, hatte die kirch eine zeit lang ziem-
lichen äusserlichen frieden. Darnach kam der
grausam Pharao, der verfolget sie, dass sie ein
andere herberg suchen musste. Also hernach oft.
Darum folgen auch strafen und veränderungen in
reichen. Damit aber bei den nachkommen für
und für das ministerium evangelii, rechte lehr,
öffentliche versammlungen in kirchen erhalten
werden, ist von nöthen, dass die weltlichen po-
testat ihren treuen dienst der kirchen beweisen.
Von clostern.
Oeffentlich ist, dass die gelübden unrecht
und bande vieler sünden sind, als unzucht und
 
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