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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0253
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15. Instruction Johans Friderichen des mittlern, Johans Wilhelm und Johans Friderichen d. j. 1554. 225

innen examiniren, domit die alten und jungen
denselben lernen oder zum wenigsten den inhalt
dovon sagen und berichten mugen.
Und do ein burger oder bauer gespurt, der
seine kinder und gesinde ohne erheblich ursachen
sondern aus hass von gotlichem worte von der ler
des catechismi genzlich und gar abhilte, und dor
zu nit gehen lassen wollte, derselbe solle von der
obrikait jedes orts uf anzaige des pfarhers ge-
straft oder der ende nit geduldet werden.
Zum virden, wo die pfarher, prediger oder
diaconi erfaren, das jeman der in sonderlichen
groben lastern beruchtiget were und sich durch
die gemaine buspredigten dovon abzustehen nicht
bewegen liesse, als nemlich das iemands die ehe
brechen, jungfrau schwechen, die eltern schlahen,
wucher treiben, rauben, morden, stelen, die sacra-
ment vorschmehen, zauberei auch mit fluchen und
schelten gotslesterung treiben, in langer halstarriger
feintschaft ligen und von got und seinem hailigen
wort ubel reden sollte, den oder dieselben sollen
die prediger anreden und nach der ler sanct Pauli
dovon abzustehen in gehaim bruderlich ermanen.
Wurde dan dieselbe person dovon nicht abstehen
wollen, als dan mogen sie es uns oder der obrikait
jedes orts, was sie des vor schain anlaitung und
ursach haben, da sie es aus bedringung ires ge-
wissen nicht umbgehen konnen, anzaigen, dorauf
wollen wir gepurlich einstehen zu inen und uns
also zuerzaigen wissen, das solche offentliche grobe
laster nicht sollen geduldet, sondern auch ernstlich
gestraft werden.
Zum funften wollen wir, das kein pfarher,
prediger oder diaconus in offentlichen schenken
und wirtsheusern zechen oder mit den baur ge-
maine bir oder wein trinken solle, in gleichnus
solle ir kainer zu der schlemmerei der kinttaufe,
wan in derselbigen die mass unser vorfarn des-
halben gesatzten ordnung zuwider uberschritten
wurde, gehen, noch sich dobei finden lassen.
Zum sechsten solle ihr kainer wein oder bir
schenken oder vorpfennigen, sondern was ime selbst
wechst oder zu decem gefelt, das mag er an
ganzen, fassrn, tonnen oder aimern vorkaufen.
Zum sibenden solle ir keiner gewerb oder
hantirung ausserhalb seiner aigen hand gemachte
arbeit treiben, auch nicht wuchern oder gelt uf
zins noch in hendel oder geselschaft leihen, aber
rechte erbe und widerkaufe zuthuen, auch was
einem ieden erwechst oder zu decem gefelt noch
pillichem wert zuvorkeufen, das sol einem ieden
frei stehe.
Zum achten solle ir keiner in weltlichen
sachen oder gerichtshendeln provitiren oder umb
gelt oder geniss willen supplication schreiben,
sondern seines studirens und ampts warten.
Zum neunden sollen die pfarher in ihren kirchen
Sehling, Kirchenordnungen.

keine papistische oder abgottische bilder und ge-
melde leiden, sondern die mit wissen der super-
attendenten heraus thuen, ingleichens sollen es
auch die superattendenten halten dormit der-
gleichen bilder und gemelde in iren kirchen auch
nicht befunden.
Zum zehenden sollen sie sich alles toppels
und lotterspilens uf der karten und mit den wur-
feln, desgleichen auch des zugenotigten geflissen
trunks volsaufens und leichtfertiger geselschaft
oder zusamen komften eussern und enthalden bei
ernstlicher peen, straf und entsetzung seines kirchen
ampts.
Hiruber wollen wir das die pfarher und ober-
kait iedes orts nicht dulden oder leiden sollen, das
die gemainen kirchen keste wuchern und gelt
ausleihen umb zins, oder auch vormogenden und
raichen leuten aus vorwantnus und freuntschaft
willen umb sonst oder umb pension vorstreckten
und dordurch mitler weile bedurftigen hausarmen
leuten not und mangel gelassen werde, aber rechte
erbe oder widerkeufe zuthuen inen unbenommen
sein, was inen aber an getraide, wein oder an
decem erwechst, das mogen sie noch irer gelegen-
hait wol vorkeufen und dormit keine steigerung
oder theurung vorursachen.
So wollen wir auch der jerlichen kasten und
hospitalien einkomens halben und wie es domit
gehalten werden solle, sonderliche vorsehung hirin
zuthuen wissen.
Die weil auch die leute iren christlichen pre-
digern und pfarhern aus lauterm geiz und schme-
lichem undank gar nichts mer von dem iren geben
wollen, da sie doch vor zeiten im bapsthumb zu-
vorfurung der armen selen den papistischen mess-
pfaffen, monchen, nonnen, stationirern und betlern
fast alle tage zugetragen und gegeben, sondern
wollen es nuhemer alles uf die gaistliche guter
schieben, die weil aber die alten stift und kloster
dasselbe und was man sonst mer zu milten sachen
dovon geben muss, nicht alles ertragen konnen,
zu dem das es one das billich und christlich das
ein pfarkind seinem selsorger jerlichen auch etwas
von dem seinen gibt, so ist von dem hern doctore
Martino Luther seliger gedechtnuss und andern
mer vortrefflichen theologen und dem ausschus
gemainer landschaft vor billich geacht, bedacht
und angesehen, das man uf die personen, hauser
oder guter etwas legen sollte, domit sich die pfar-
her iedes orts dester besser enthalten konnen.
Demselben noch ist in der widumb vorordent,
das an denen ortern, do die leut alberait gegen
dem alten zugengen oder opferpfennige nichts zu-
geben pflegen, ein ieder wirt und wirtin ein quartal
iren selsorgern drei pfennig und die andern, so
uber zwolf jar alt drei heller geben sollen.
Wiewol sich nuhen der groste thail unsere
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