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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0254
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226

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

underthanen, desgleichen alle, die so weiland dem
hochgebornen fursten hern Johans Friderichen dem
eltern, herzogen zu Sachsen und gebornen chur-
fursten etc. unserm genedigen lieben herrn vater
abgedrungen, gehorsamlich gehalten, so werden
wir doch bericht, das sich etzliche baurn in deme
wider setzig machen sollen, dorumb ist unser ge-
muth und mainung, das derselben ordnung noch-
mals solle gelebt werden.
Und dieweil solche sperrung iren ursprung
doher haben solle, das sich vil pfarher, die fride
und ainikait liben, mit iren pfarkindern gutlich
vortragen und ein leidliche sum geldes jerlich do-
fur von der gemaine oder dem kastenheren zu-
nemen gewilligt, welchs aber etzliche halstarrige
pfarher nicht thuen wollen, so sollen unsere vor-
ordente visitatores denselben pfarherrn (der unsers
vorsehens nicht vil ist) einreden und sie vormanen,
der andern exempel zuvolgen und sich in deme
auch gutlich behandeln zulassen.
Und noch deme sich auch durch absterben
der alten pfarher zwischen den nauen und der
verstorbenen weiber und kindern vil irrung zu-
tragen, indeme das man etzliche pfarren vor einem
halben oder ganzen jare mit keinem andern zu-
vorsehen, sondern die selsorge mit den umbligenden
pfarhern zubestellen vormeint, welchs uns aber
den pfarkindern und umligenden priestern auch
dem nauen pfarher beschwerlich und umb vilerlei
ursachen willen unbequem sein deucht, dor-
umb wollen wir das es hinfurder volgender
gestalt solle gehalden werden. Nemlich, wan ein
pfarher noch dem willen gottes vorstirbt, so solle
es durch die kirchveter als balt desselben oder
des andern tages dem superattendenten angezaigt
werden, derselbe solle die selsorg mit dem negsten
doran gelegenen pfarher uf vier woche lang be-
stellen, in denselben vier wochen sollen der super-
attendent die pfarkinder sampt dem lenhern (so
fern er in unsern landen gesessen) noch einem
andern pfarher trachten, dieselbe person solle, mit
vorwissen und erlaubnuss des superattendenten den
leuten zwo oder drei predigten thuen, und do er
dan dem ganzen kirchspiel sampt dem lenherrn,
oder dem maisten thail aus inen gefellig ist, so
sollen sie es neben dem lenherrn dem super-
attendenten in schriften zuerkennen geben, der
soll uns furder dasselbe neben dem was ihme von
derselben person ler, leben, wesen und wandel
bewust ist, berichten, als dan wollen wir denselben
(da wir es kein sonderlich bedenken hetten) und
derselbige auch von den vorordenten zu der ordi-
nation des gehaltenen examinis und erforschung
seiner geschicklickait halben, gut gezeugnus und
schein bringen wirdet, confirmiren und bestetigen,
dem solle auch der lenher also dan leihen, domit
also die leute widerumb mit einem pfarhern vor-

sorget, inen auch die vocation und berufung nicht
genzlich abgeschnitten werde, dan da ein ganzes
kirchspil einen pfarher nicht gerne ufnimpt, son-
dern wirdet inen durch den superattendenten ein-
gedrungen, so ist leichtlich zuerachten, das der-
selbe nicht viel nuzes oder gutes schaffen oder
bauen konne.
Ehr aber der naue pfarrer einzeucht, so solle
zwischen ime und des verstorbenen witwen und
kinder ires an und abzugs halben durch den super-
attendenten und kirchveter, schultes oder haim-
burgen iedes orts gehandelt und noch pillichen
dingen vorgleichung troffen werden, da sie sich
aber des nicht vorainigen konten so sollen sie den
lenhern oder schosser zu sich zihen, doch das
solchs alles in monatsfrist geschehe, auch die in-
ventaria der pfarren durch solche handlung und
vorgleichung nit zuruttet oder vormindert werden.
Wurden auch etzliche pfarher clagen, das sie
noch zur zeit zur nottorft nicht vorsehen weren
und derwegen noth und armuth leiden mussten
und unsere visitatorn wurden solchs noch gnug-
samer erkundigung, die sie nicht allain vom pfar-
her, [son]der1) vom amptman, schosser, schult-
haissen oder andern unsern dienern des orts auch
bei den kirchvetern, haimburgen oder lenhern
nemen sollen, war und die nottorft sein befinden,
so sollen sie uns dasselb neben irem bedenken
womit ine zuhelfen, berichten, dorauf wollen wir
uns genediglich zuerzeigen wissen. Dan wir seint
nicht weniger dan unser liber her und vater ge-
naigt, kirchen und schulen zuvorsorgen, so fern
sich die gaistlichen guter (uber alberait vorordente
ausgabe) erstrecken und zuraichen werden, dan
wir dieselbe gaistliche guter uber unsere alte
doruf hergebrachte gepur und gerechtikait in
unsern aigen nutz nit gern zihen oder wenden
wollten, und wiewol wir noch etzliche bestellen
lassen, so mussen wir doch dorgegen ein grosses
von unserm aigen cammergut zu unterhalt kirchen,
schulen, alter ordenspersonen und andern milten
und gutlichen sachen ausgeben, auch vil ding mit
grossem unkosten erhalten und erstatten, das man
sich vor alters bei dem kloster und stiften erholt
und zubekomen gerechtikait gehabt hat.
Es sollen aber unsere visitatores uf solchen
fal fleissig warnemen, ob dise suchung von einem
guten oder bosen hauswirt geschieht, dan einem
bosen hauswirt oder vorschwender muste man vil
geben, das er genug hette und zuraichen konte.
Dieweil es auch von etzlichen vor ratsam
und gut angesehen wirdet, das die superatten-
denten bisweilen die dorfpfarher unvormarkt be-
suchen, ire predigten, desgleichen ire pfarkinder
horen solten was sie lerten und wie sie lebten,

1) verwischt.
 
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