Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0266
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
238

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

warsagen, christall sehen, oder die solchs treiben,
zu besuchen, und raht zufragen.
Falsche und leichtfertige eide, heimlich ge-
sellschaft mit jüden und jüdinnen.
Wenn in den kirchen oder auf den kirch-
höfen, und gottesackern unzucht, frevel, oder
sonsten etwas ungebührlichs mutwillens begangen
würde.
Wann die kinder ire eltern schlagen, schmehen,
oder sonsten verechtlich oder unverehrt, und ubel
halten.
Grosse gefehrliche und ergerliche uneinigkeit
und hader zwischen eheleuten, die nicht wol zu-
versönen, und sonderlich wann die menner haus-
wüterich, oder die weiber iren mennern fürsetz -
lich, widerspenstig seind, und freventlich unehren.
Offentlicher und beharrlicher neid und has,
bevor zwischen verwandten.
Jungfrau schwechen, uneheliche beiwohnung,
blutschand, verboten heirat, und alle offenbare
unzucht.
Wucher und wucherische conträct uber und
wider des heiligen reichs, auch unserer vorigen
ausgegangenen ordnungen und constitutionen, und
sonderlich wenn die armen und bedürftigen dar-
durch beschwert und bedrengt werden.
Schedliche fürkeuf der frucht, und anderm so
zu des menschen narung gehöret.
Wenn wittwe und weisen unbillichen be-
leidiget und beschwert werden.
Schendliche nachreden, schmach, schand, lester-
schriften, pasquilli, und gemelde, bevorab wider
die obrigkeit, und kirchendiener, auch andere der-
gleichen sündliche und gros ergerliche laster,
darvon hernacher von den strafen auch weiter
meldung beschicht.
Alle sachen, so der kirchen und schuldiener
vocation, ampt, dienst, leben, wandel, translation,
dimission, mishandlungen, und verbrechungen be-
langend, dergleichen wo streite de iure patronatus
fürfielen, sollen dem consistorio underworfen sein.
Item alle sachen, so der kirchen, schulen,
hospitalen, und gemeines kasten güter, lehen,
einkommen, nutzungen, gebeu, und besserungen,
darzu der kirchen und schulen diener besoldungen,
und belohnungen betreffend.
Item, wenn die kirchen und schuldiener in
irem ampt, oder sonsten auch freventlicher weise
an leib, ehre, und gut, iniuriert und beleidet
würden.
Auch alle andere sachen und felle, die in der
consistorialn ampt und aufsehen vermög und in-
halt dieser ordnung befohlen.
Und wiewol die ehesachen an inen selbst
bürgerliche sachen seind, darfür auch bei den
alten christlichen keisern gehalten worden, so
wollen wir doch dieselben aus viel beweglichen

ursachen an das consistorium gewiesen haben.
Dergestalt, das der superintendens und pfarrherr,
sampt den amptman oder schösser des orts, da sich
der fall begeben, die sach anfenklich, wie bis an-
hero gebreuchlich gewesen, und herkomen, ver-
hören, und wo müglich christlich und rechtmessig
in der güte entscheiden sollen; wo sie aber hier
in kein volg haben, oder die sach an ir selbst
dermassen geschaffen, das sie an das consistorium
zu remittieren, sollen sie die mit uberschickung
der geflogenen handlungen und notwendigen be-
richt an das consistorium gelangen lassen, damit
dieselbig daran inhalt dieser ordnung rechtlichen
entschieden und geörtert werde.
Wo auch, des wir uns mit nichten versehen
wollen, von jemands wes stands oder wesens der
sei, das consistorium, dessen process, und gerichts-
zwang wolt verachtet, oder gewegert werden, so
sollen die consistoriales uns solches mit erzehlung
aller umbstend berichten, so wollen wir ein ge-
bührlichs ernstlichs einsehen haben, und uns der-
massen erzeigen, das solche verkleinerung und
ungehorsam der gebühr nach gestraft und ab-
geschafft werde.
Und wo sich begebe, das bei dem consistorio
von ein- oder auslendischen ampts- oder privat-
personen, in consistorial sachen, raht, bedenken,
oder urtheil erfordert würden, so stehet den con-
sistorialen solche zugeben frei, jedoch sollen sie
zu verhütung allerlei nachred und ergernus zuvor
der sachen genugsamen satten bericht nemen, und
in gemeiner versamlung dieselben wol erwegen,
auch sich deshalben, so inen für ihre gehabte
mühe gegeben wird, unverweslichen halten.
VII. An welchem ort, und zu was zeiten
das consistorium gehalten werden soll.
Das consistorium soll zu Jen, in unserm schlos,
in einer sonderlichen darzu verordneten stuben,
bis auf weiter fürsehung und anfang jedes monats,
alle tag, ohne die gewöhnliche fest, vor mittag
von acht uhr bis auf zehen, das ganze jar, und
nach mittag, sommers zeiten von zwei uhr bis umb
fünf, winters zeiten aber von ein uhr bis umb
vier uhr, und jede zeit also lang bis die für-
gefallene und vorstehende sachen und hendel der
gebür nach verrichtet, erörtert, oder verabschidet
gehalten werden, und auswehren.
VIII. Von dem process des consistorii.
Nach dem dis consistorium durch des allmech-
tigen gnade und verleihung, jeder zeit, mit gottes-
fürchtigen, gelehrten und erfahrnen personen
besetzt werden soll, so ist so viel weniger von
nöhten, den process weitleuftiger, denn die jura-
menta der consistorialen, und deren zugeordneten,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften