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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0286
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258

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

obgemeldete unsere visitatores zu ihrer ankunft
dem rathe lassen ansagen, dass sie sich auf eine
nahmhaftige stunde wollen versammeln, so hätten
sie von uns befehl, ihnen eine anzeigung zu thun
und darnach ferner vermöge unserer instruction
zu handeln, und wenn sie also mit dem rathe
einer jeden stadt zusammen kommen, so sollen
sie ihnen zum anfang eine christliche furhaltung
thun, wie sie dieselbige, als die verständigen,
wissen zu bedenken, oder auf eine solche meinung,
ungefährlich wie hernach stehet: Nemlichen nach-
deme der allmächtige sein ewiges göttliches wort
der welt reichlich und gnädiglich in diesen letzten
tagen wiederum hätte erscheinen lassen und uns,
wie denn auch zuvor die hochgebornen fürsten,
weiland herr Friedrich und herr Johannsen ge-
brüder seliger gedächtniss, auch herrn Johann
Friedrich und herrn Johann Ernsten alle chur-
fürsten und fürsten zu Sachsen und unsre liebe
vettern, schwäger und gevatter mit solcher heil-
wertigen gnade aus überschwenglicher milde und
barmherzigkeit mit derselbigen seines heiligen
worts erkenntniss begabt, darum wir uns schuldig
erkennten, ihn in ewigkeit zu loben, preisen und
ihm danksagung zu thun, so erkennten wir uns
für gott und in unsern gewissen schuldig, dieweil
er uns nun der lande und leute von unsern alt-
väterlichen stamme gebe, so sich unlängst durch
seine göttliche schickung nach absterben des
weiland hochgebornen fürsten und herrn Georgen
herzogen zu Sachsen etc. unsers lieben bruders an
uns verledigt, zu einem regierer und landesherrn
fürgesetzt, dasselbe sein göttliches wort, darinnen
und bei allen unsern unterthanen zu pflanzen,
lauter und rein predigen zu lassen, die winkel-
messe und andere abgöttische, verführerische, un-
göttliche missbrauche, so papst und so bischof
haben in der kirche einwurzeln und einwachsen
lassen, abzuthun, und den rechten brauch der
sakramente nach göttlicher einsetzung sammt
besserlichen christlichen und guten ceremonien
halten und verordnen zu lassen. — Darum, so
wäre unsere gnädige vermahnung und begehr,
dass die unsern dasselbe zu herzen nähmen und
diesen allerwichtigsten und grossen handel in
keine verachtung stellen, sondern sich an gottes
wort und der reinen lehr halten und die ein-
gewurzelte abgötterei und missbrauch zu ihrer
selbst heil und ihren herzen thun; und das solchs
besehen die räthe unserer städte unsern verord-
neten visitatoren, als an unserer statt und mit
unserem gewalt geschickt, sammt unserer bürger-
schaft und unterthanen darinnen wollen gefolgig
sein, hilf und förderung thun, solches auch nicht
anders halten und befinden lassen, wie wir uns
gnädiglich versehen, denn wo wir das anders
würden befinden, oder bericht werden, würde uns

ursache gegeben, und möchten nicht umgehen,
unsere ungnade und strafe gegen denen , die
hierinnen widersätzig und ungehorsam vermerkt
werden, zu erzeigen, wie wir denn wiederum den
gehorsamen ein gnädiger fürst und herr sein
wollen und geschähe unsere gänzliche und gefällige
meinung.
In einer jeden der benannten unserer städte
sollen sich die visitatoren erkunden , wie die
pfarrer, prediger, caplan und schulmeister jedes
orts der predigt, lehr- und seelsorge halber ge-
schickt, auch wie ihr wandel und wesen stehet,
und ob etliche darunter sein würden, ob sie wohl
dem papstthum verwandt gewesen, dass sie sich
darnach jetzt mit ernst von des papstthums un-
göttlichen lehren und missbräuchen abwenden, und
sich zu der wahren göttlichen lehre kehren, und
der kirche darinnen dienen möchten. Es werden
aber gemeldete unsere visitatores die fürsichtigkeit
in dem zu brauchen wissen, dass derselben per-
sonen der ort, da sie bis anher gewest, darnach
nit viel angenommen und bei den kirchenämtern
gelassen, auf dass sie nicht etwa äusserlich zum
schein allain fürgeben, als wollten sie die wahre
christliche lehre fürnehmen und die kirchenbräuche,
so die visitatores jetzt aufrichten würden, und
theten doch das widerspiel, so sie bei einander
blieben, und für einen rechtschaffenen, der sonst
der ende zu verordnen, kein aufsehn haben und
scheu tragen dürften.
Und nachdem fast in allen unsern städten
noch pfarrer sein, die in der bapisterei herkommen
und gottes wort dem volke fürzutragen, auch die
göttlichen sakramente demselbigen noch zu reichen,
oder communion zu halten ganz ungeschickt sein,
welche, so sie bei ihren pfarren gelassen sollten
werden, zu beschwerung des gewissens gereichen,
und doch auch unbillig sein würde, so deren
etliche sich nicht halsstarrig oder lästerlich wider
gottes wort hätten vermerken lassen oder erzeigt,
und sonderlich so es nunmehr alte, verlebte,
kranke oder gebrechliche personen wären, dass
sie ganz hilflos gelassen und ihrer unterhaltung
beraubt sollten werden, so sollen unsere verord-
nten visitatoren auf die wege handeln, dass ihnen
von den pfarrern nach derselbigen vermögen ent-
weder auf einmal etwas zur abfertigung gereicht,
oder eine jährliche pension zu ihren lebenstagen
vermacht und ausgesetzt, auch schriftliche be-
kenntnis darüber vollzogen werden. Vermöchten
aber die pfarrer solches nicht, so soll mit solchen
ungeschickten pfarrern auf ein ziemliches fur ain
abfertigung zu nemen gehandelt und uns von den
visitatoren zu erkennen gegeben werden, als wollen
wir uns unseres gemüths gegen ihnen desselben
halben vernehmen lassen und verfügung thun,
damit solches an andern orten von geistlichen
 
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