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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0323
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28. Die Cellischen Ordnungen. 1545.

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eidet und vorhort werden, citirt ihnen mundlich
darzu peremptorie, das er erscheine, sölchs sehe
und anhöre, auch seine fragestucke (ob er wolle)
also dan schriftlich einbringe.
Also setzt man dem cleger denselbigen
termin auch entlich und peremptorie an, seine
gezeugen vorzustellen, vorheischet, die zeugen in
form der rechte, wie der consistorial notarius weiss,
gezeugnis der warheit zugeben, und söllen in
dem termin die gezeugen, wan sie von dem cleger
vorgestalt sein, angenommen, und die lautere
warheit, in der sachen zu sagen, so viel ihnen
wisslich ist, voreidet, und alsdann auf des clegers
artikel und des beclagten interrogatoria mit fleiss
vorhort, und ihre aussage aufgeschriben, und also
durch den consistorial notarium in eine gewönliche
gleubliche form gebracht werden, und darnach
sollen der gezeugen aussage auf vorgehende beider
parteien vorladung, in ihrer kegenwertikeit,
ader in contumatiam des einen eröffnet, und iderm
theile, der es begert, zum förderlichsten darvon
umb seine gepure 1) abschrift geben, und do sie
darauf ihre einrede, ader disputationes einbrengen
wolten, virzehen tage darzu benennet werden, also
das ider theil nicht mehr dann zwene seze auf
das gezeugnis von virzehen tagen zu virzehen
tagen, einbringe, bei vorlust des satzes, und im
lezten satze keine neuerung vorzuwenden, und dass
also darmit zum urteil beschlossen, und also dan,
was recht erkant werde.
Es mag auch das gericht die zeit der virzehen
tage nach gelegenheit der parteien und sachen,
kurzen ader lengern, doch das soviel immer
möglich langer vorzuk und weitleufigkeit vermiden
werde.
Von ehescheiden.
Und nachdem unser herr Jesus Christus selbst
gesagt, dass der ehebruch eine ursach sei, die ehe
zuscheiden, so sol das bischofliche ampt und con-
sistorium die parteien hören, die do clagen uber
ihren ehegenossen, und begeren, sie von dem ehe-
bruchigen zuscheiden, und ihnen zuvorgönnen, ein
ander ehegemal zunehmen.
Und sol denselben, erstlich, im besten under-
sagt werden, das sie wolten mit ihren ehegenossen
ein wenig gedult tragen, ihnen^erstlich ermahnen,
von dem laster abzustehen, das nicht mehr zu-
thuen, und sich also mit ihme zuvorsuhnen. Do
aber das bei ihnen nicht zuerhalten, sol ihnen ge-
sagt werden, das sie erstlich ihre weltliche obrikeit
wolten anreden, und von derselben eine schrift an
das consistorium brengen, daraus es zuvor stehen,
ob ihnen gepuren wolte, sich auf ihre bit ein-
zulassen, und do die clagende partei also die
1) gebuer.

weltliche obrikeit ersucht hette, und die obrikeit
were mit strafung des ehebruchs hinlessik, so
möchte das consistorium nach gelegenheit der
personen, und ihrer langer, ader weniger zeit ge-
hapter gedult, eine zeitlang stille stehen und sehen,
ob die weltliche obrikeit das ihre dabei nachmals
thuen wolte.
Do aber die weltliche obrikeit mit der straf
seumig, ader der verbrechende theil were fluchtig,
das er zur straf nicht bracht möchte werden, so
solte das consistorium procediren, den beschuldigten
durch eine rechtliche vorladung und den abwesenden
per edictum citiren, zwene ader auf lengeste drei
monat frist geben, und das clagende theil das vor-
gewante adulterium, sovil sich geburt, an tag
brengen, und liquidiren, und den beschuldigten
ihre geburliche defensiones Vorbringen lassen, sich
auch das consistorium selbst bei dem rathe der
stadt, do der beschuldigte gewohnt, und bei den
nachpaurn und sunst, wie möglich ex officio er-
kundigen umb die ursache des ehebruchs, und do
der ehebruch auffundig gemacht, ader aber der
beclagte theil ungehorsamlich aussenblibe, und
keine erhebliche einrede thete, und des clagenden
theils unschult vormerkt, so sol das consistorium
zuverhutung weiterer sunde und schande ein
scheide urtel zugeben und dem unschuldigen sich,
mit einem andern zuvorehelichen, zuerleuben haben,
und das gleichwol die verordenten des consistorii
hirinne in allewege der massen und vorsichtikeit
gebrauchen, die umbstende und gelegenheit der
personen und vorursachung des ehebruchs wol und
mit fleiss erwegen, und also darin handeln, das
kein ergernis ader raum gegeben werde, der gutig-
keit unsers erlösers und seligmachers, zu ungepur-
licher und unchristlicher ehescheide, und zu leip-
licher wollust zu missbrauchen.
Und das in allewege durch die pfarern fleiss
vorgewendet werde, die eheleute in solchen und
dergleichen sachen mit einander widerumb in
Christo zuvorsunen, zuferderst do sich das ver-
brechende theil durch die genade gottes erkente,
genade bete, und sich bessern wolte.
Ehe aher und zuvorn durch das consistorium
in disen und dergleichen fellen sententia divorcii
gesprochen, und dem unschuldigen, wie obgemelt,
die andere ehe erleubt, sol keinem gestadt werden,
ein ander ehe genoss zunehmen, und obs under-
standen wurde, soll sie der pfarer nicht trauen,
sondern viel mehr sol solch eigen vornehmen von
weltlicher obrikeit gestraft werden.
Der sich mit zweien vorlobt.
Dem ehescheiden von wegen des ehebruchs
wirdet gleich geachtet, wan einer recht und rede-
lich und offentlich mit einer ehelich vorlobt ist,
und eher dan er beigelegen, sich mit einer andern
 
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