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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0325
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28. Die Cellischen Ordnungen. 1545.

297

verordent hat, welchs in der heiligen schrift und
erbarn kaiserlichen rechten nicht alleine auf die
leipliche ehepflicht, sundern auf alle andere an-
ligende dinge, als haushalt, förderung zur leibs
nahrung, kinder zihen, angst und noth leiden,
widerwertikeit und kreuz gedeutet und vorstanden,
das die alle dem manne und weibe gemein sein,
und eins dem annern darinne treulich rathen,
helfen, und mit tragen sol, doher dann folgt, das
die jenigen, die sich ahne alle redliche und noth-
wendige ursachen von ihren ehegemalen ader
vortraueten begeben, die mit kindern, last, und
sorgen im jammer und elend sizen lassen, und
ihnen die von gotte zugeordente hulfe also ent-
zihen, weder die treue und pflicht der heiligen
ehe handeln, und denen, die mit fleischlicher un-
zucht die ehe brechen, nicht ungleich zu achten.
Solch laster aber diser zeit leider alzu viel uber
hand nimpt, und noch ferner einreissen möchte,
woe deme mit gottes hölfe und ernstlicher straf,
nicht vorgetrachtet wurde, demnach so theten sein
f. g. hirmit allermenniglich seiner vor got und
welt schuldiger ehepflicht erinnern, und ernstlich
vorwarnen, do sich imandes, ahne redliche und
genugsame ursach, von seinem ehegemal ader
vertrauten abwende, ader weglife, die sizen liesse,
das man denselbigen mit ernstem fleisse nach-
trachten, und do man sie in der flucht ergriffe,
als ehetreulose, in unnachlessliche strafe nehmen
sölte. Do aber einer nach sölchem unchristlichem
weglaufen sich erkente und binnen jaresfrist
genade und vorsuhnunge seines ehegemals bete,
ader aber auf des bischoflichen ampts und con-
sistorii erforderung, edict, ader anschlags brife, die
auf des verlassenen ehegemals bitten, ader ampts
halb ausbracht, sich gehorsamlich gestellen, genade
und versuhnunge seines gemahls bitten wurde,
deme sölle nach gelegenheit seiner entschuldigung,
langen ader kurzen aussenpleibens, die straf aus
genaden gelindert werden, die aber auf ihrem
aussen pleiben und unchristlicher hartmutikeit vor-
harren wurden, derselben verlassene ehegemahlen
ader vertrauten sölle das jenige, was sich nach
götlichem und erbarm rechten geburen wil, nach
erkentnis des consistorii mit geteilt, und die ab-
trunnigen im lande nicht wider eingenommen
werden.
Nachdem sichs aber je zu zeiten zutregt, das
eheleute aus unwillen, zorn, und dergleichen, ein-
ander nicht beiwohnen und doch beide in disen
landen auch wol zu zeiten in einer stadt won-
haftig pleiben, diselbigen söllen durch die pfarer
versuhnet, und in weigerung, durch das con-
sistorium mit dem banne und in vorachtung des,
durch die weltliche obrikeit zur beiwohnung ge-
drungen werden,

Von graden darinnen
die ehe vorboten.
Wiewol die bepstischen rechte die ehe in
dem virden grade, der blutfreundschaft und
schwegerschaft vorboten, so sol doch die ehe in
disen landen und stiften hinfurder nicht weiter
dann im dritten grad ungleicher 1) linien des ge-
bluts und schwegerschaft vorboten, und in dem
dritten gleicher linie, und dem virden grad er-
leubt und nachgelassen sein.
C. Kirchenordnung.
Kirchenordnung als von der Iahre göt-
lichs worts, ceremonien und erbarlichem
wandel der priester.
Die seelsorger sollen fleissig vormant und
ernstlich darzu gehalten werden, das sie die heilige
biblien, alt und neu testament, mit grossem fleisse
durchlesen, sich darin uben und wol bekannt werde,
das sie also dardurch geschickt werden, das sie
daraus eine christliche predigt thun können.
Wo aber auf den dörfern arme einfeltige
pfarern sölchs zuthun nicht vormöchten, damit sie
nicht aus ihrem kopfe, eigenen tünkel oder sunst
etwas irriges predigten, söllen sie für sich nehmen
die postillam Corvini oder die hauspostil Lutheri
und an dem sontage die auslegung des evangelii
fur dem volke auf der canzel draus lesen, bis das
sie aus langer ubung dermal einst auch möchten
dahin kommen, das sie aus eigenem vorstande
eine christliche predigt thun kunten.
Am ende der predigten sol der prediger dem
volke auch die gemeine beichte fursprechen, wie
vor alters und darauf die gemeine absolution, und
das nur am sontage ader auch an hohen festen,
sunst nicht.
Von den ceremonien.
Von der taufe.
Diweil auch die gotlosen also auch unvor-
schemet, das sie auch thuren* 2) zur taufe stehen;
damit sie sich derselben enthalten, ader sich bessern
möchten, söllen sie, und auch etzliche andere, umb
derer christlichen wandel man keine gelegenheit
weiss, zu erst befragt werden, wie folget.
1.
Frage
Gleubst du, das ich aus kraft meines empfan-
genen ampts an stadt gottes zu teufen macht habe ?
Antwurt
Ja ich gleubes.

1) gleicher.
2) thuren = wagen. Vgl. Leser, Mittelhochd.
Wörterbuch unter turren.

Sehling, Kirchenordnungen.
 
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