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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0328
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Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

alsdann möchte ihn der pfarer mit dem gesetze
ein wenig schrecken, und darnach wider trösten.
Wo aber die krankheit schwer und ferlich
erkant, sol er ihn trösten, das dise krankheit sei
ein zeichen des genedigen willen gottes und ihme
furhalten andere spruche mehr, von gottes barm-
herzikeit, auch mit der auferstehung der toden ein
tröstliche hofnung machen.
Es sal zum sacrament nimandes zugelassen
werden, er habe dann zuvorn in seiner pfarkirchen
gebeicht.
Mit dem communiciren der kranken halte man
sich mit der agenda, doch das es dem kranken
nicht zu lang werde, und er mit vilen worten
ubermennigt, keins merket.
Von kirchen ordnungen.
Am sonnabend sol man zu gewönlicher zeit
vesper singen, mit funf psalmen, die man zuvorn
hat gepflegt zu halten und doch auf lateinisch,
darnach den himnum und responsorium vom fest
ader von der zeit, so sie keine seind.
Auf die psalmen lese ein knabe eine latei-
nische lection aus dem neuen testament; darnach
lese dieselbige lektion der diaconus zu deutsch,
darauf das magnificat latine, nach demselben die
antiphen repetirt und mit einer collecten und
benedicamus beschlossen.
Nach der vesper am sonnabend höre man
beicht, wie oben vormeldet
Morgens früe am sontage.
Am sontage frue umb funfe sal man metten
singen wie in der agenda und das simbolum
Athanasii drauf, das ander halte man alles nach
der agenda.
Alleine morgens frue, eine stunde vor der
metten, sol man eine glocke einen puls leuten,
das das gesinde und volk aufstehe und sich zur
kirchen bereite.
Von der messe.
Sal es alles gehalten werden nach der agenda,
alleine die epistel sal man nicht singen, wie bis-
hero, sunder pronunciiren ader mundlich reden.
Man sol auch zu zeiten an stadt des sequenz die
litanie deutsch singen.
Nach dem glauben, so der gesungen, sol man
die predigt anfahen.
Die predigt sol sein vom sontags evangelio
gemeiniglich auf folgende stucke gericht, von gottes
forcht, vom glauben, von der libe, hofnung, creuz,
gedult, und wies das evangelium weiter mit sich
bringt und im beschluss die gemeine beichte dem
volke fur sprechen und absolviren.

Es sollen in den predigten auch gestraft
werden der falsche gottesdienst und andere laster,
doch das man mehr die gewissen lehre, dann
schelte.
Es sol auch der prediger das volk im be-
schluss der predigt, fleissig zu beten, fleissig vor-
mahnen und ihnen einen kurzen paraphrasim
oder unterricht fursprechen, wie sie beten söllen.
Nemblich gotte seine vorheissung furhalten,
ihnen ermahnen und bitten, das er diselbe wolt
ansehen und ihr gebete erheren, und darnach
gotte ihre not furtragen, und umb hulfe bitten,
das er als ein liber vater geben wolte, das sein
name geheiliget werde, sein reich komme, sein
wille geschehe etc.
Es sol der prediger auch zum volk sagen,
liben freunde, ich habe euch nun unterricht, wie
ihr beten söllet, darumb sal man itzund nach der
predigt einen lateinischen gesang singen, under
des solt ihr nider knien und in euer andacht
gehen und euer gebet mit fleiss, wie obvermeldet,
gotte furtragen, und also sol er die predigt mit
einer benediction beschlissen.

Nach der predigt.
Sal man erstlich das dominus vobiscum singen,
darnach dise drei versus anheben.
1
Aufer a nobis domine cunctas iniquitates
nostras, ut mereamur puris mentibus introire ad
sancta sanctorum. Alleluja.
2
Miserere, miserere, miserere, populo tuo quem
redemisti, Christe, sanguine tuo ne in eternum iras-
caris nobis. Alleluja.
3
Exaudi, exaudi, exaudi, domine, preces nostras
o Jesu Christe, intercede pro nobis Alleluja.
Man möchte auch wol zu zeiten abwechseln
und einen andern reinen lateinischen gesang
dafur singen, under disem obgeschribenen gesange
sal das volk nider knien und sein gebete thuen
an stadt des offertorii.
Nach dem gebet.
Wan nun der gesang, und das gebet (welchs
sich alles kaum auf eine halbe viertel stunde
verzeucht) sein ende hat, so hebe der celebrant
die prefacien an, per omnia secula etc. und singe
diselbe gar hinaus.
Darauf singe man kurzlich das lateinische
sanctus, nach dem sanctus hebe der prister an,
das vater unser zu deutsch uber dem altar zu
singen und zu letzt antwurte der chor, sundern
erlöse uns von dem ubel.
 
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