Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0332
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
304

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

trinken auch mit tanzen frölikeit zu pflegen, da-
durch je zuzeiten die gemuter von dem gebete
und eifer zu gottes lob und ehre abgereizt werden,
darumb ist vor gut angesehen, sölche freude der
ehelichen vortrauung und beilager auf und umb
die vornehmisten fest nicht zu gestatten. Nach-
dem man sunst durch jar zeit genung hat. Hirumb
söllen die pfarern in der faste bis acht tage nach
dem ostertage, acht tage vor und nach den pfingsten
und dem christage, die zusammen vorsprochenen
eheleute ahne redeliche ursache, die bei erkentnis
des herren coadiutors ader consistorii stehen sol,
nicht einsegenen noch trauen, und sie des auf der
canzel mit fleiss vorwarnen.
Die pfarherrn sollen auch die vorsprochenen
eheleute in der kirchen offentlich und nicht heim-
lich in heusern auch nicht eher trauen, sie seind
dan von der canzel drei sontage nach einander
offentlich denunciirt und aufgeboten.
Gots lesterung in bierheusern.
Und nachdem man befindet, das die fullerei,
seuferei und trunkenheit in disen landen uber die
masse eingerissen, daraus gottes lesterung vor-
seumnis seiner dienste, hader, todschlag, ehebruch,
vorterb des gesundes, vorseumnis und schade der
narung und andere laster, dardurch der zorn
gottes uber uns erweckt wirdet, erfolgen, und zu
solchem ubel die gemeinen bier under den hand-
wergen und zunften desgleichen das tegliche sezen
der bier und wein geste, grosse manchfeldige
ursachen geben, so wirdet vor gut angesehen,
durch die prediger sölchs zu strafen und die leute
zuermanen sich des teglichen zechen in bier und
weinheusern als vorursachung der gotslesterung

und aller vorgemelter laster abzugewehnen, des-
gleichen auch die jenigen, so bier und wein
schenken, fleissig zu erinnern, das sie in ihren
heusern sölche geste nicht setzen, der sunde und
unlustes so daraus erfolget, das sie sich umb
eines geringen genissen willen der sunde theil-
haftig machen. Den ihnen doch got widerumb
an einem andern ort ihrer nahrung lest vor-
schwinden.
Wann eins ehebruchs ader andern lasters
halber etliche indicia und vormutung auch ge-
meine sage und doch kein kleger vorhanden, in
denen fellen sol die inquisitio den consistoriis und
dann die offentliche penitenz aufzulegen, nach-
gelassen sein.
Wue aber der fall offenbarlich, als do der
theter im werk ergriffen ader durch leute be-
sichtiget, ader do ein cleger vorhanden und sölchs
beweisen wolte, ader do ihr zwei mit einander
weggangen, do sol die weltliche obrikeit alleine
zu strafen haben, wurde sie aber ein virtel jars
daran seumig, mag sich das consistorium darumb
annehmen und mit offentlicher penitenz strafen.
Und wan also das consistorium auf gehapte
inquisition ader in offenen fellen, wie obstehet
publicam penitentiam aufgelegt, sol die weltliche
obrikeit mit der straf weiter nicht vorfahren.
Dergleichen wue die weltliche obrikeit in zeit wie
oben gemeldt gestraft, ader sich zustrafen ein-
gelassen, do sol das consistorium stille stehen, es
sall aber gleichwol der gestrafte sich zum pfarer
finden, als ein reuiger christ erzeigen und die
absolution bitten und empfahen, und so er das in
einem virtel jar nach der weltlichen straf unter-
lisse, sol er mit dem bann darzu gedrungen werden.

29. Ausschreiben des Herzogs Augustus, Administrators des Stifts Merseburg-, betr. die heimlichen Verlöbnisse
und die bösliche Verlassung. Vom 10. Februar 1545.
[Nach Zerbst, St.A., Vol. V, fol. 213, Nr. 20, Originaldruck. Vgl. oben S. 100.]

Von gots gnaden Augustus herzog zu
Sachsen etc.
Lieber getreuer [hier ist im Druck eine Stelle
offen gelassen zum Hineinschreiben des Adressaten],
Es ist am tage, das sich junge leute fast zeitlich
und ganz unbedechtig, auch one vorwissen ihrer
eltern, den sie doch in dem billichen vortrauen
und ihrem rath folgen solten, in ehestand begeben,
doraus dann pfleget allerlei unrichtigkeit vorzu-
fallen , got der almechtig sehr erzürnet, auch die
eltern, so die kindere mit manchfaltiger mühe,
sorge, angest und noth aufgezogen, hochbeleidiget,
in trübsal gesatzt, und götliche und menschliche
satzung, gute polizei und ordenung ubertreten und
hindann gesatzet werden, dann under das gebot

gottes, vater und mutter zu ehren, und ihnen ge-
horsam zu sein, wirdet auch von keiserlichem
rechten, die do als eine ordenung gotts in alle
dem, do sie gotts wort nicht zuentgegen, zuhalten,
das ehegelobnus billichen gezogen und darauf ge-
deutet, denen doch gröblichen entkegen und zu
wider gehandelt, so do solche ehegelobnis ge-
fordert zugelassen, und nicht mit ernstlicher strafe
darwider getrachtet wirdet.
Als pfleget auch ofte doraus zuerfolgen, das
sie nicht lange beienander bleiben, und alleine
fleischlicher lust halben zusammen komen, so doch
got der almechtige man und weib zum ehestand
also erschaffen und begnadet, das sie einander
treulichen helfen, rathen und beistendig sein sollen,
in allem ihrem anligen zeitliche narung zuerwerben,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften