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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0358
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Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

ausgeliehen, oder sonsten ane nutz in kasten be-
halten, und dasselbe etwan hinweg zu nehmen
ursach geben werden, damit jederman zu geben
willig bleibe, und ferner etwas hinein zu wenden
nicht abgeschreckt, wie dann geschicht, wo ge-
spüret, das solches den armen entzogen, und in
andern bösen brauch gewendet wirdet.
Von den kirchen-vetern, vorstehern
der gemeinen kasten, und deren rech-
nunge.
Damit auch die kirchen und derselbigen git-
tern recht und wol vorgestanden, und die kirchen-
gebeude desto bas erhalten, so sollen bei jeder
kirchen feine ehrliche, gottfürchtige und redliche
leute, zum wenigsten zwene zu kirchen - vätern,
der kirchen zum besten, erwehlet werden, die
alles einkommens und ausgebens richtige register
halten, und dasselbige auch jerlich vor ihrem erb-
herrn, pfarherrn, richter, und eltisten der gemeine
vorrechnen sollen.
Auf das auch die kirchen zu mehrem gedei
und aufnehmen kommen mügen, so sollen die
kirchen - väter auf die sontage und andere festa
die tafel oder secklin in der kirchen umbtragen,
und das gemeine almosen, darzu die pfarherrn
von der canzel mit fleis vormanen sollen, ein-
samlen, und gleicher gestalt, wie auch ander ein-
kommen und ausgeben, berechnen. Sollen auch
des pfarherrs inventarium bei sich behalten, und
fleissig, wie obgemelt, darauf sehen, das von den
abziehenden pfarherrn solches könne vollköm-
lichen geliefert und ersetzt werden, darauf er inen
auch seine handschrift und bekentnis geben und
zustellen sol.
Und es sol von den amptleuten, lehen-herrn,
neben dem erb-herrn, superattendenten, pfarherrn
und den gemeinen auf den dörfern berürte kirchen-
rechnung jerlich und richtig gehalten werden.
Und sol der pfarherr damals fleissig erforschen,
wo was streitig, und solches in beisein, und mit
hülf der ambtleute, lehen- und erb-herrn beilegen,
auch sollen die erbherren die leute dahin halten,
das den kirchen das ire unvorzüglichen erleget
werde, alda sollen auch die pfarr-gebeu sambt
den Schreibereien besichtiget werden, desgleichen
die inventaria in kirchen und pfarren, damit die-
selbigen nicht vorruckt oder geringert werden.
Als auch erfaren und befunden, das zum
oftern mal, wann kirchen - rechnunge gehalten,
überflüssige unnötige zerunge zu grossem abbruch
der kirchen geschehen, so sollen dieselbigen hin-
füro bei ernster straf aufgehaben und vorboten,
und den kirchen-vetern und pfarherrn, die dann
jedes mal dabei sein, und die register halten und
schreiben sollen, nicht mehr, dann ein oder zween
groschen auf eine person zu vorzeren vorgunst

und nachgelassen sein. Da aber solches uber-
schritten, sollen sie die ubermas selbst von dem
iren zu zalen vorpflicht sein.
Sie sollen auch nicht allein treulich und für-
sichtiglich mit den kirchen-gütern und einkommen
handeln, sondern auch mit den einnahmen der
schulden und retardaten sich fleissig und unver-
drossen erzeigen, und nicht scheuen, ob sie der-
halben jemandes ungunst auf sich laden möchten,
dann den schuldigern selbst damit gedienet wird,
so sie jerlich gemahnet und zur zalunge gedrungen
werden, welche darnach die unermanete zins, die
auf eine grosse summe gewachsen, gleichwol mit
iren und der erben grossen schaden ablegen müssen.
Sie sollen auch die armen leute in hospitaln
mit notturft versorgen, und achtung darauf geben,
das die jenigen, so leibes-schwachheit halben nicht
können die kirchen besuchen, gleichwol mit pre-
digten und tröstungen aus göttlichem wort durch
die kirchen-diener vorsorget werden, und da sie
darinnen mangel spüreten, sollen sie den pfarherrn
darumb ansprechen.
Da auch ihnen sonst jemand in der stadt oder
dörfern von hausarmen, witwen oder weisen, die
noth leiden, angegeben würden, oder sie selbst
erführen, sollen sie denselben aus den gemeinen
kasten auch hülf, so viel sich leiden wil, erzeigen,
doch mit vorgehender fleissiger erkundigunge ires
wandels, narung und arbeit, damit nicht faule hin-
lessige, und willig arme leute aus dem gemeinen
beutel in müssiggang ernehret werden.
Wo in einigem gottes-kasten so viel vorhanden
und uberig, das auf widerkauf armen damit zu
diene, auch der kirchen nutz zu schaffen müglich,
sollen sie das mit vorwissen jedes orts obrigkeit,
sonderlich des superattendenten in stedten, und in
dörfern erb und lehenherrn, auch des pfarherrs
rechtmessiger weise zu thun macht haben.
Sie sollen auch gute acht geben auf die hypo-
thecirten gründe, das dieselbe nicht von den
schuldigern vorkauft, zerteilet, oder anderen vor
mehr summen eingesetzt und vorpfendet werden,
auch sich nicht von denselbigen ein mal eingesetzten
gründen auf geringe oder zuvor vorpfendte güter,
oder aber auf ungewisse bürgen weisen lassen.
Es sol auch zu vorhütung allerlei vordacht
keiner aus ihnen alle schlüssel zum kasten - vor-
raths, alten briefen und registern allein haben,
sondern ein jeder einen besondern, und der pfar-
herr des orts auch einen, und sollen alle persön-
lich dabei sein, wenn gelt oder briefe in den kasten
zu legen, oder heraus zu nehmen seind.
Es sol auch kein vorsteher allein one des
erb- und lehenherrn und der andern seiner mit-
vorordenten vorwaltern ersuchtem rath und be-
willigung ichtes ausgeben, ausleihen oder zusagen.
Do etwas von zinsen stecken bliebe und
 
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