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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0357
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32. General-Artikel und gemeiner Bericht. Vom 8. Mai 1557.

keit (die dann hierüber halten, und, do sie an-
gelanget, die ubertreter gebürlich hierumb strafen
sollen) nichts zu beklagen.
Als auch zum oftern mal erfahren, das die
zehend-ackere zu merklichem unleidlichem ab-
bruch der pfarlehen, und zu unchristlicher schme-
lerung der armen pfarherr einkommen etwan
durch die bauren, den mehrern theil aber durch
etzliche vom adel in eigennützigen gebrauch ge-
zogen also, das sie auf solchen zehend-eckern holz
wachsen, oder sonsten müssig zur vihetrift ligen
und nicht besehen lassen, in meinunge, dem pfar-
herr seinen gebürlichen zehenden dadurch abzu-
stricken, oder durch vorjarunge und prescription
zu iren ritter oder erbgütern zu brengen, und
do alsdann auch nach etzlichen jaren das holz
gros, dasselbige abhauen, das feld aber widerumb
roden und besehen lassen, vormeinend, dass der
zehend, so des holzwachses oder stilligens halb
etzliche jar nicht gegeben, und zur Unbilligkeit
vorgehalten, numehr tod und abe, und sie, den-
selben ferner zu geben, nicht pflichtig sein sollen,
so wollen seine churfürstliche gnaden, das die
pfarlehen obgedachter oder auch anderer gestalt
nicht geschwechet, oder den pfarherrn des etwas
entzogen, besondern der schuldige decem zu jeden
bequemen zeiten, wie sich gebüret, hierinnen ge-
reicht, oder den pfarherrn nach gelegenheit leid-
liche vorgleichunge derhalb gethan werde.
So sol es auch mit den kretzgerten, so von
zehend-äckern gemacht, anders nicht gehalten, und
von anderm gewechse als kraut, rüben, zwiebeln und
andern, so darein gepflanzt, und den sommer uber
gewachsen, der zehend dem pfarherr gegeben
werden, damit die pfarlehen bei irer gerechtigkeit
bleiben, und derselben zu unpflichten nicht ent-
setzt werden so viel mehr, weil solche gerten
etwan wiederum abgehen, und zu acker gemacht,
und alsdan vor naue und freie ecker wollen ge-
deutet und angezogen werden.
Als auch etwan befunden, das die bauren
zweierlei, als freie und auch zehend-ecker zugleich
innen haben und besitzen, und aber in deme auch
iren eigenen nutz und vortheil zu schaden und
abbruch der pfarherrn suchen also, das sie allein
die freien ecker bauen und tüngen, dagegen aber
zehend-ecker ungetünget stille ligen lassen, dar-
durch dann der pfarrer einkommen nichts weniger,
dann wie obstehet, geringert, so sollen die obrig-
keit, ambtleute oder schösser, denen die bot-
messigkeit jedes orts zustehet, und sie von den
pfarherrn derhalben angelanget werden, darauf
sehen und acht haben, das solche zehend-ecker
gar oder nach gelegenheit und gewonheit zum
teil gleich den eignen und freien erb-eckern ge-
tünget und beseet, und dem pfarherrn sein ge-
bührlich zehend davon one vorteil, wissentlich und
Sehling, Kirchenordnungen.

zu rechter bequemer zeit unseumlich gereicht,
oder in Weigerung der zehend man gebürlich
hierumb gestraft werden.
Were auch dem pfarherrn hierüber sonst was
mehr entzogen, seind s. churf. g. geneigt, nach
dessen befindung ernstlich zu beschaffen, das
solches wieder zu den pfarren gebracht werde.
Gebür der kirchen-diener.
Vom geleute der todten auf den dörfern soll
eine gewisse mass mit den glöckenern gehalten,
und die leute nicht von inen, wie oftmals und an
vielen orten geschehen, ires gefallens ubersetzt,
und von einem alten ein silbern groschen, von
einem jungen aber ein halber groschen, und mehr
nicht gegeben werden.
Dieweil auch alle ding an getrenke, essen,
speise und anderm, davon sich der mensch er-
halten mus, sonderlich aber in den stedten, aufs
höchste gestiegen, und aber die armen kirchen-
dienere ane das geringe einkommen haben also,
das sie sich mit weib und kind nicht wol erhalten
mügen, so sol den pfarherrn in stedten und auf
den dörfern, welche es also herbracht, bier vor
ire behausung zu brauen, nachgelassen sein und
bleiben.
Welche dorf - pfarherr aber des brauens bis
anhero nicht gebraucht noch berechtiget, denen sol
unbenommen sein, bier einzulegen, und zu irer
selbst oder irer weib und kind nach notturft zu
vorbrauchen, doch sollen sie gar keins vorpfennigen,
vorkaufen, oder ausschenken. Würde aber einiger
pfarherr solchs missbrauchen, oder sonst uber-
machen , und die stedte oder kretzschmar dessen
beschwerung haben, sol es nicht allein bei s.
cliurf. g. messigunge, sondern genzlicher ab-
schaffung stehen.
Vom gottes-kasten.
Es sollen in allen stedten und dörfern bei
den kirchen gottes-kasten sein, und darein die
almosen und andere christliche milde gaben (darzu
die pfarherrn und prediger fleissig anhalten und
vermahnen sollen) zu erhaltung der kirchen und
schul-dienern, auch derselbigen gebäude, und do
etwas uberig, die armen hiervon nottürftig zu er-
halten, gesamlet werden.
Damit auch das armut in ihrer noth nicht
vorseumet, besondern zu jeder zeit von des kastens
einkommen, welches allein dahin geweilt und ein-
gesamlet werden sol, nottürftig vorsorget, und
denselbigen nichts abgebrochen werde, so sollen
von den vorstehern derselben einkommen nicht
hauptstemme mit der armen abbruch gemacht, und
auf unchristliche oder auch unbilliche zinse (es
were dann uber die notturft so viel Überlaufs)
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