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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0360
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332

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

gesehen werden, das die nicht vorruckt oder ent-
genzt, und die abziehende, oder der verstorbenen
pfarherrn erben an korn oder an andern getrei-
dich zu felde, in der scheune, oder aufm boden,
auch stro, heu, viehe und anderm so viel lassen,
als inen eingereumbt und sie im anziehen funden,
damit solches der naue anziehende pfarherr zum
anzug und anrichtunge seines haushaltens also
finden und haben möge. Da aber die kirchenväter
hierinnen seumig, und ihres unfleis halben etwas
davon hinweg kommen würde, sollen sie solch in-
ventarium an allem, daran mangel befunden,
wiederum zu erstatten und zu ergenzen schuldig
sein.
Als auch etzliche pfarherrn und kirchen-diener
so gar tröge und hinlessig befunden, das sie ihrer
eigenen und zur pfarr gehörenden gründe, des-
gleichen auch ihrer zinse, decems, oder ander ge-
rechtigkeit kein wissen haben, und aber hirdurch
zum ofternmal merklicher schade an jerlichem
einkommen des pfarlehens eingefurt, so sol ein
jeder pfarherr (wie den fleissigen hauswirthen ge-
ziemet) ein jerlich register seines einkommens
stellen, und solchs seinem geordenten superatten-
denten im synodo zeigen und vortragen, und do
hierinnen zweifel oder abzug, oder sonsten mangel
gespüret, sich desselben aus der superattendenten
büchern, so inen die visitatores in der nehest ge-
haltenen visitation uberantwortet und' zugestellet,
und sonst erholen; do aber dasselbig von irgent
einem pfarherrn underlassen, der sol von seinem
geordenten superattendenten gebürlich darumb ge-
straft, und nachmals darzu gehalten werden.
Gleicher gestalt sollen auch, do sich obberurt
mangel, oder das befünde, das den kirchen und
pfar-gütern, geholzen, zinsen, decem, und andern
was entzogen würde, erb- und lehenherrn schuldig
sein, dieselben widerumb ganghaftig und richtig
zu machen, und, was disfals in irem vormögen
nit wer, s. churf. g. hievon anzeigung zu thun, so
wollen s. churf. g. sich der gebür darauf selbst
zu erzeigen wissen.
Wes sich die weltlichen gerichtshabere,
deren vorwaltere, bevehlichhabere,
auch der pfarren lehenherrn zu vor-
halten.
Diese sollen uber ihren pfarherrn, kirchen-
und schulen-dienern treulich halten, sie wider ge-
willt, frevel des mutwilligen, undankbaren pöbels
schützen, die underthanen mit ernster bedrauunge
und erzeigunge gebürlicher straf dahin weisen und
anhalten, das sie allen kirchen und schulen
dienern, auch den gottesheusern und hospitaln ire
gebürende zehend, pact, zins, opfer - pfenning,
quatember-geld, und andere mehr pensiones,
schulde und dienste ane betrug und vorzug, der

vielfältig gebraucht wird, zu rechter zeit und vol-
kömlich entrichten und leisten, auch die pfarren
und kirchen - gebeude, so die gemeine zu thun
schuldig und geheissen worden ist, ohne vorzug
und treulich aufzurichten und vollenden, sie auch
an feiertagen unter der predigt ane merkliche ur-
sachen die leute zur verhöre oder sonst nicht für-
bescheiden , noch in andere wege an anhörunge
des göttlichen worts verhindern.
Fürnemlich aber sollen die amptleute, edel-
leut und schössere hirmit ernstlich vermahnet sein,
da nicht nötige dringende ursachen und befehlich
von s. churf. g. oder sonst vorhanden sein, das
sie die underthanen an feiertagen nit wollen mit
frönen, diensten und anderm beladen, und von den
predigten und gottesdiensten abziehen und ver-
hindern, die, weil sonst sechs tage in der wochen,
darinnen solche dienste können auferlegt und aus-
gericht werden, und gottes ernstlichs gebot erfordert,
das der ruhe- oder feiertag geheiliget werde, das
man auch das viehe und zug ochsen am feiertag
sol ruhen lassen, viel mehr sol man den armen
bauersleuten, die man sonst wol in der woche
brauchen kan, am feiertage eine stunde oder zwo
vergönnen, in welchen sie gottes wort hören, und
trost in ihrem gewissen aus den predigten schöpfen
mügen.
Die bürgemeister aber und richter in stedten
sollen ernstlich verbieten und abschaffen, alles das
jenige, so die leute an festen und feiertagen von
dem predigt hören abzihen oder verhindern mag,
als under der predigt (ausserhalb was kranken
und wanderdeuten geschehen mag) gebranten und
andern wein, bier, genesch und dergleichen zu
vorkaufen, kugel - und andere spiel - pletze, qua-
sereien, fauden - abende, unordentliche tenze zu
halten, spaciren gehen, oder stehen uf den kirch-
höfen oder markt, kremerei treiben für der kirchen
oder in den gassen, und alles dergleichen, auch
sollen die bürgemeister nicht rath oder gemein
halten zu der zeit, da predigten pflegen gehalten
werden, es fiele dann unvermeidliche noth für.
Weiter sollen sie die jenigen, so offentliche
laster halben, als ehebruch, hurerei, unzucht,
Zauberei, steter sauferei, gotteslesterunge, frevent-
lichs ungehorsams wider ire eltern, spielens, ver-
dechtigs müssiggehens, ungezweifelts Wuchers,
nachtsaufens, etc. berüchtiget und schuldig befunden
werden, nicht dulden, oder mit geld-strafen hin-
durch kommen lassen, sondern es sollen solche
nach gelegenheit der vorbrechung am leibe andern
zu abscheu, oder mit Vorweisung und sonst ernst-
lich gestraft werden.
Da auch jemand, als die bösen ungerathenen
kinder zu thun pflegen, seine eltern schmehen,
lestern, und endlichen die hende an sie legen würde,
sol solches von den underthanen, oder nachbarn
 
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