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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0392
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364

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

unsern chur, fürstenthumben und landen, in allen,
besonders aber dieser zeit streitigen artikeln,
durchaus in allen ihren predigten und verrichtung
ihres ampts sich zuförderst den schritten der
apostel, propheten, und mehrgedachter augs-
purgischer confession, auch der christlichen, und
in gottes wort wolgegründten, hievor gemelten
erklerung der streitigen artikeln gleichförmig und
einhellig verhalten und erzeigen.
Darauf dann zuvörderst unsere consistoria,
general und special superintendenten, wie auch
derselben adiuncten, ihre stetige, fleissige und un-
nachlessige inspection und aufsehen haben sollen,
damit in kirchen und schulen derselben keine
widerwertige lehr eingefüret, sondern, da das ge-
ringste an einem kirchen oder schuldiener ver-
markt, das er sich neuerung vernemen lassen, als-
bald vermöge nachfolgender ordnung mit ime die
gebür vorgenommen, auf das mit unnotwendigem
ergerlichem gezenk und zwiespalt der gemeine
gottes verschonet, und zeitlich dem ubel, ohn alle
weitleuftigkeit, begegnet und gewehret, und, zu-
sampt reiner unverfelschter lehr, auch christliche
einigkeit, besonders unter den kirchen und schul-
dienern, durch gottes gnad, in unsern landen er-
halten werden.
Was dann etliche schulbüchlein belanget,
welchen auch theologische materien, besonders
aber von den streitigen artikeln, einverleibet, dar-
durch die jugend leichtlich irre gemacht, und auf
falschen unrechten verstand heiliger schrift gefüret
und geleitet werden mögen, haben wir allbereit
diese verordnung gethan, das solche artikel, in
gedachten büchlein unterschiedlich und mit fleis
verzeichnet, und die jugend gebürlich und gnugsam
nach anleitung jetzt gemelter christlicher und
gründlicher erklerung der kirchen augspurgischer
confession vor irrthumb verwarnet werde.
Wollen uns demnach zu allen kirchen und
schuldienern gnedig und genzlich versehen, sie
'werden solchem allem mit treu und fleis nach-
setzen, und an ihnen nichts erwinden lassen, damit
die eingerissene irrige falsche lehr, mit bestendigem
grund gottes worts ausgereutet, die götliche war-
heit fortgepflanzet, und also auch wider alle ver-
felschung rein und lauter, durch gottes segen und
gnad, auf unsere nachkommen gebracht werde.
Von der kirchenagenda.
Nach dem wir aus jüngst vorgenommenen
visitationibus, und darauf gehaltenen synodis be-
funden , das weiland des hochgebornen fürsten,
herrn Heinrichen, herzogen zu Sachsen, etc. unsers
freundlichen lieben herrn und vaters, hochlöblicher
und seliger gedechtnis, kirchen agenda in unsern
landen, nicht allein ungleich gehalten, sondern
auch neben derselben andere agenden, frembde

und dieser landen unbekante gebreuche eingefürt,
und in verrichtung der kirchenämpter, besonders
aber bei der administration und austeilung der
hochwürdigen sacramenten, gebraucht worden, und
es~ aber an ihm selbst, sonderlich bei dem ge-
meinen unverstendigen haufen, nicht ein geringes
ergernis, da es in einer kirchen anders dann in
der andern gehalten, gleichwol aber auch nicht
weniger gefahr darauf stehet, wann auf die
gleichheit der eusserlichen und von gott nicht
gebotenen ceremonien so heftig gedrungen, als
müsten sie also und nicht anders gehalten werden,
dardurch die unverstendigen christen gar bald
dahin geraten möchten, das sie solche ceremonien
und eusserliche gebreuche für einen teil des
gottesdiensts halten, als ob die warhaftige gott-
seligkeit ohne dieselbige nicht bestehen, noch
gott dem herrn gedienet werden könne, welches
der christlichen freiheit offenbarlich zuwider, und
leichtlich hierdurch zur abgötterei ursach gegeben
werden mögen, sonderlich da die kirchendiener in
ihrem predigen deshalben das volk nicht fleissig
und nach aller notturft aus gottes wort berichten,
der ursach dann wir nichts liebers gesehen, dann,
da es für nützlich gehalten, das in allen kirchen
augspurgischer confession so viel müglich in dem
so wol, als in der lehr und bekentnis unsers
christlichen glaubens und religion ein einhellige
und durchaus gleichförmige ordnung angestellet
und gehalten würde.
Jedoch weil solches in viel wege bedenklich,
und hierin, wie billich, einer jeden kirchen und
hoher obrigkeit ire freiheit gelassen, solche, nach
jedes orts guter gelegenheit, wie es der kirchen
am nützlichsten und zuerbauung dienet, jeder zeit
nach derselben gefallen christlich anzurichten,
und aus erheblichen ursachen wiederumb zuendern,
in massen dann auch im bapsthumb selbst, da auf
solche ceremonien vornemlich gedrungen, und
schier der ganze gottesdienst gestellt, nicht aller-
dings gleichheit, sondern in einem lande, bistumb
und stift anders dann in dem andern gehalten
worden ist.
Und aber der heilig apostel befohlen, das es
in der kirchen und versamlung der gemein gottes
alles ehrlich und ordendlich zugehen sol, welches
nimmermehr geschehen kan, wo nicht eine gewisse,
bestendige und menniglich wolbekante ordnung
verfasset, nach welcher sich ein jeder, nach seinem
beruf, und soviel ihn belangt, in offentlicher
christlicher versamlung wisse zuverhalten, haben
wir auch nach gehaltenem rat und eingenommenen
bedenken unserer erforderten von der landschaft
hochgedachts unsers lieben herrn vaters seligen
kirchenordnung etlichen unsern theologen unter
handen geben, und befohlen, dieselbige mit fleis
widerumb zuverlesen, und nach gelegenheit der
 
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