Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0407
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 379

Von der christlichen kirchen, was die christ-
liche kirche sei, was die rechten unfehlbaren
zeichen sein , dabei man sie eigentlich erkennen,
und von andern versamlungen absondern könne.
Ob ausserhalb der christlichen kirchen vergebung
der sünden sei.
Von der christlichen freiheit, was dieselbe
sei, warinnen sie stehe, und wie dieselbe zu-
gebrauchen.
Von kirchen ceremonien, ob sie ein theil des
gottes diensts sein, ob sie in der kirchen nötig,
wie man sich derselben gebrauchen soll, ob in
denselben zur zeit der verfolgung und bekentnis
zuweichen sei.
Von der versehung und ewigen wahl gottes
der auserwehlten zum ewigen leben. Ob gott
etliche leute zur verdamnis verordnet, wie die
Calvinianer lehren, das sie nicht können selig
werden, sondern gott wolle, das sie müssen ewig
verdampt werden. Wie diese lehr nützlich dem
volk fürzutragen, das den leuten nicht ursach zur
kleinmütigkeit und verzweifelung, oder zu wüstem
wilden wesen gegeben werde. Ob es recht geredt
und war sei, das etliche reden: Wenn mich gott
zum ewigen leben verordnet, ich lebe wie ich wolle,
so kan ich nicht verdampt werden.
Vom ehestand, ob der ehestand ein göttlicher
stand sei. Ob den kirchendienern im neuen testa-
ment der ehestand verboten. Ob einer, oder eine,
im jungfrau oder witwenstand gott angenemer sei,
denn im ehelichen stande.
Ob die weltliche oberkeit ein göttlicher und
gottwolgefelliger stand sei. Ob ein christ mit
gutem gewissen das ampt der oberkeit tragen
könne.
Von irrthumen der wiederteufer, schwenk-
felder, neuen arrianer, und antitrinitarien, ob sie
derselben auch bericht haben.
Und ob wol noch mehr artikel erzelet werden
mögen, jedoch weil in der verzeichneten die andern
alle auch eingeschlossen, sollen die examinatores
nach gestalt der personen, so zu examiniren für-
gestellet, wo es von nöten, weiter fragen, damit
eigentlich erkundiget (daran auch im aller höchsten
gelegen) wie es der lehr halben mit jeder person
geschaffen, so zum kirchendienst zugebrauchen,
und demnach nicht unwissend jemand bald die
hand aufgelegt, der zu diesem hohen ampt nicht
tüchtig, oder mit falscher lehre etliche viel seelen
verderben möchte, ehe man solches gewahr werde.
Sonderlich aber sollen die examinatores, wenn
sie dem examinando eine frag fürhalten, und er
mit ja oder nein antwortet, alsbald zeugnisse der
heiligen schrift von im erfordern, sich auch an
der blossen erzelung derselben nicht settigen lassen,
sondern durch das, so vor und nachgehet, eigent-
lich erkündigen, ob sie solche zeugnisse allein aus

dem schulbüchlein gelernet, wie sie durch andere
ausgeschrieben worden, oder auch in der bibel
nachgeschlagen, und daselbsten sich des eigent-
lichen verstandes erholet haben.
Desgleichen sollen die examinatores auch in
dem examine nicht predigen, noch viel weniger
dem ordinando helfen, und ihm mit worten anlass
geben, wie er antworten soll, sondern nur stracks
fragen, und hören, wie der ordinandus in allen
artikeln gefasset, und allewegen in ihren fragen
mehr mit worten auf das wiederspiel sich ver-
merken lassen, denn das der examinandus ursach
daraus nemen solte, was nach der heiligen schrift
zuantworten, dergestalt eigentlich erkundiget, was
sie studirt, und dis examen schleunig verrichtet
werden kan, wie denn solches wol also anzustellen,
das ihr etliche zu gleich mit einander examiniret,
und was einer nicht weis, der ander, dritte und
vierte, alsbald befragt werden kan.
Wir wollen auch hiermit unsern theologen
bei ihren pflichten eingebunden haben, das sie
umb beförderung willen zum kirchendienst, keine
geschenk noch gaben von jemands, wer da sein
mag, nemen, noch sich mit den ordinanden oder
examinanden heimlich vergleichen, was sie im
examine nachmals antworten sollen, weil sie wol
wissen, wie ernstlich der allmechtige solche simo-
niam gestrafet, sondern wie sich ihrem ampt und
beruf nach gebüret, solch examen aufrichtig, und
nach eusserster notturft der kirchen verrichten,
wie sie solches nicht allein vor uns, als dem lands-
fürsten , sondern zuförderst vor dem richterstul
Jesu Christi verantworten müssen.
So denn die examinatores die personen in
der lehre rein und richtig, darzu geschickt und
gelehrt erfunden, das deshalben ihnen das predig-
ampt wol und sicher zuvertrauen, sollen die theo-
logi alsbald jedem einen spruch oder text aus dem
alten oder neuen testament fürgeben, und daraus
in ihrer gegenwart eine kurze predigt zuthun,
auferlegen, dardurch nach der lehre S. Pauli zu-
erkündigen, ob er auch didacticus, das ist geschickt
sei und die gabe von gott habe andere zuleren,
da denn unsere theologen nicht allein auf die in-
vention und disposition, sondern auch auf die pro-
nunciation und action achtung geben sollen, nicht
allein, wo sie in derselben streflich, ihnen solches
zu untersagen, sondern auch das jeder nach seinen
gaben, zu den kirchen verordnet werden möge,
da sie von menniglichen wol zu hören, und grossen
nutz schaffen mögen. Und ist unser ernster wille
und meinung, das unsere consistoria keinen, wer
der auch sei, zum kirchenampt zulassen sollen, er
sei denn gelehrt genug, und also erfunden, das
er auf obgesatzte artikel solchen bescheid und
antwort geben könne, daraus zuspüren, das er, was
zu seinem ampt gehört, verstehe, und darzu gnug-
48*
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften