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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0409
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 381

hantierung, sondern auch seine rede, kleidung und
wandel, ja auch alle seine wort und werk eine
lehr und tugent sein, damit nicht, was er mit
einer hand erbaue, gleich wider mit der andern
abreisse, und die kirche beide mit streflichem
laster und ergerlichem exempel verderbe.
Er sol auch bedenken, das ihm für allen andern
menschen der spruch Christi zugehöret: Welcher
ergert dieser geringsten einen, die an mich gleuben,
dem were es besser, das ein mühlstein an seinen
hals gehengt, und erseuft würde im meer, da es
am tiefsten ist.
Es sol auch der kirchendiener auf das fleissigste
die epistolas Pauli ad Timotheum & Titum lesen,
wiederlesen, und oft repetieren damit er daraus
lerne, wie er sich beides in lehr und leben halten,
auch wie sein eigen hausgesinde sein, und er das-
selbige regieren sol.
Das er auch unser hievor in diesem buch
gedruckten kirchenordnung, die wir allenthalben
in unsern kirchen anzurichten ernstlich befohlen,
fleissig nachkomme, und seinem superintendenten
und adjuncten in ihrem ampt und von uns haben-
den befehlch gehorsam sei, und so sich was
irrung oder missverstand zwischen ihm und andern
unsern kirchendienern, amptleuten, unterthanen
oder zugewandten, zutrüge, dasselbe an den super-
intendenten oder unser consistorium gelangen lasse,
und von ihnen sich bescheids erhole. Wo aber
solche irrung also geschaffen, das die vermelter
massen nicht entscheiden, sondern zu recht gewisen
werden müssen, so sol er darumb an orten und
enden, dahin wir ihn folgender freiheit nach
ordentlich bescheiden werden, recht geben und
nemen, und sich desselbigen ohne wegerung end-
lichen settigen lassen, auch von seinem kirchen-
ampt ohne unser vorwissen und willen nicht ab-
treten.
Und dieweil er die zeit seines kirchenampts
und dienst aller unser landsfreiheiten nicht weniger
als unsere unterthanen teilhaftig ist, so sol er
unsern nutzen fördern, auch schaden warnen, wie
er denn solches alles und jedes zuhalten, bei
handgebener treu, versprechen und zusagen sol.
Nach dem nun solches verrichtet, und die
promission geschehen, alsdennsol er seiner ihm
verordenten kirchen erst nachfolgender weise pre-
sentirt werden.
Wenn aber ein commun, als pfarkinder, einen
redlicher und ehehafter ursachen halben recusiren
würde, so sol derselben keiner wider ihren willen
aufgedrungen werden, es were denn das die recu-
sation liederlich und ohne ehehaft und erhebliche
ursachen, sondern entweder aus unverstand, oder
eigenwillig fürgenommen, darauf denn unsere con-
sistorial und verordente des synodi ihr sonder
gut aufmerken haben, und gnugsam gründlichen

bericht einnemen, und alsdenn die gemeine ihres
miss oder unverstandesbessers berichten, und
umb so liederlicher ursach willen, den ördentlichen
beruf nicht hintertreiben lassen sol, gleichwol
jederzeit diese versehung thun, und mit fleis dahin
durch den superintendenten oder adjuncten mit
der gemeine handeln lassen, damit der pfarrer
nicht mit unwillen, weil solcher gestalt die kirche
gottes wenig erbauet, sondern mit gutem willen
der pfarkinder aufgenommen werden, und in sein
ampt nicht mit seufzen eintreten möge.
Weil auch bisdaher nicht geringe unordnung
und ergernis hieraus erfolget, das junge und der
kirchensachen unerfahrne studiosi, denen die ritus
ecclesiae noch nicht bekant, die auch selbst noch
lehrens und unterweisens nottürftig, gleich von den
hohen oder particular schulen auf die pfarren ge-
füret worden, verordnen und wollen wir, das hin-
füro, soviel müglich, keiner auf eine pfarr ver-
ordent werde, er hab denn zuvor eine zeitlang
auf einem diaconat gedienet, oder sich sonsten im
predigampt geübet, und die ritus ecclesiae ge-
lernet, auch seines fleisses und wolhaltens, das er
zu einer pfarr tüchtig, von seinem verordenten
superintendenten oder visitatoren testimonia und
zeugnisse, da er auch durch den pfarrer als im
kirchenampt geübten und erfahrnen, beide in
seinem predigen und verrichtung seines ampts
bei gesunden und kranken, wie auch den ge-
fangenen, notdürftiglich unterrichtet, und also erst
recht zu solchem ampt abgerichtet werden kan.
Welchs durch die ordentliche visitation jederzeit
erkundiget, und in den synodum berichtet werden
sol. Jedoch sol hierbei solche bescheidenheit ge-
braucht werden, das bei den stedten, da mehr
denn ein caplan gehalten, allezeit neben dem
jungen ein alter diaconus gelassen, durch welchen
die jungen diaconi angewiesen werden mögen.
Damit man aber sein profectum, beides in
seinem studieren, und denn an den gaben zuleren,
die zeit seines dienens merken, und daraus be-
finden möge, ob, und wohin er tüglich und zu-
verordnen sein möchte, sol er zuförders nachmals
und unnachlessig widerumb examinirt, und zu
einer predigt aufgestellet, und wie er sich erzeiget,
im studiren und predigen gebessert oder nicht,
fleissig in das verordente buch der expectanten, so
bei jedem consistorio sein sol, verzeichnet werden,
damit seinethalben in den fürstehenden synodum
bericht geschehen, und also jeder nach seinen
gaben mit nutz der kirchen an sein gebürend ort
verordent werden könne.
Da aber einer im examine dermassen gelert,
geschickt und erfaren, und mit gaben zuleren
ausgerüstet, und im predigen schon geübet, darzu
der rituum ecclesiae notdürftiglich berichtet er-
funden, mag mit demselben dispensiret, und solche
 
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