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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0412
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384

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

zutrüge, das anfenglich die sach und parteien
durch den superintendenten desselbigen orts, neben
dem amptman, gerichtsherrn oder collatorn, wo-
ferne derselbe nicht part oder sonst der sachen
verwandt ist, oder auch zweien schöppen oder
kirchvetern gütlich verhört, auch unterstanden
werde, sie mit wissenden und billichen dingen zu-
vereinigen. Da aber uber solche unterhandlung
und angewendten fleis sie einander rechtlicher
forderung nicht erlassen wolten, sol der super-
intendens mit dem amptman, erb oder gerichts-
herrn an unser consistorium gelangen lassen, was
sie zwischen ihnen gehandelt, wie alle sachen ge-
schaffen, und an wem die gütligkeit erwunden,
daselbsten durch sie unsere consistorialen der
parteien zweitracht und sachen, soviel müglich,
gütlich und ohne weitleuftigkeit, auch da die güte
nicht stat fünde , durch recht, doch ohne langen
process, summarischer weise entscheiden werden
sollen.
Was aber ire und irer weiber angefallene
oder erkaufte eigenthümliche erbgüter, und der-
gleichen actiones reales, dingliche spruch und for-
derung betrifft, sollen unsere kirchendiener an
orten, da andere unsere unterthanen schüldig sein
recht zu geben und zu nemen, deren austrag ge-
warten. Aber der hohen freveln und malefiz
halber, haben wir hernach verordnet was dagegen
zuhandlen und fürzunemen.
Wo sich denn durch schickung des allmech-
tigen begebe, das ein pfarrer, prediger oder diacon
bei seinem befohlenen und geordneten ampt sich
treulich und fleissig gehalten, und in leibes krank-
heit fallen, oder in ein solch alter gerathen würde,
das er selber sein ampt bei der kirchen nicht
verrichten möchte, sol einem solchen nichts desto
weniger sein verordente besoldung werden und
bleiben, doch durch den superintendenten diese
verordnung geschehen, das mit den nechsten
ministris die kirchen, wie deshalb unser nach-
folgend superintendenzordnung vermag, versehen
werde, dargegen solcher kranker oder alter kirchen-
diener von seinem sold dem jenigen, so ihn also
vertritt, zimliche ergetzung, nach gelegenheit
der sachen und der superintendenten erkentnis
geben sol.
Im fall aber die krankheit sich dermassen in
die harr verweilen wolte, das nicht zuverhoffen,
das solcher diener wieder auf komme, und also
ohne nachteil der kirchen dieselbe pfarr, pre-
dicatur oder diaconat, in die lenge durch den
benachbarten mit notdurft nicht versehen werden
möcht, sol derselbige kranke, fleissige und getreue
diener, auf erkentnis des synodi, mit einem zim-
lichen leibgeding sein lebenlang bedacht und ver-
sehen werden.
Zu dem, wo ein kirchendiener, welcher sich

bei seinem ampt, als oblaut, redlich und treulich
gehalten, des bürgerrechts daselbsten begeren
würde, und bürgerliche oder andere güter seinem
weib und kindern zu trost erkaufen wolte, das sol
ihm bei unsern unterthanen ohne sondere ehe-
hafte ursachen nicht versagt werden. Hetten aber
die unterthanen erhebliche ursachen dis einem
abzuschlagen, sollen dieselbigen an jedes orts con-
sistorium und von dannen in den synodum durch
unsere amptleut, erb oder gerichtsherrn, mit gnug-
samen gründlichen bericht gebracht, und alda der
billigkeit nach bescheid gegeben werden.
Wenn auch ein kirchendiener bürgerliche
narung an sich durch kauf oder erbfall bringen
würde, so sol er doch die nahrung durch sich
und die seinen dermassen anstellen, das an seinem
ampt nichts verseumet, oder dem ministerio einige
schimpfliche nachrede, durch unzimlichen gesuch,
und dem priesterlichem ampt übel anstehende ge-
werbe geursacht werde.
So wollen wir auch, das die pfarrern, diaconi
und schuldiener in stedten, so wol auch die pastores
und diaconi auf den dörfern, von dem getrenk das
sie für ihren tisch zur notdurft brauen, oder
sonsten bei fassen, vierteln und tonnen einlegen
und andern bei der kannen oder sonsten nicht
verkaufen, aller auflage frei und unbelegt sein
sollen. Von denen bieren aber, die sie auf iren
erbheusern auf den kauf breuen, sollen sie sich
wie andere unsere unterthanen verhalten, es were
denn dessen einer oder mehr von uns ausdrück-
lich befreiet.
Darneben sollen unsere kirchendiener in
stedten und dörfern, aller perönlichen bürden, mit
wachen, gerichtsfolg, und sonsten für ihre person
verschonet bleiben, und ihrer erbgüter schüldige
fron und dingliche pflicht durch andere umbs lohn
bestellen mögen.
Sie sollen auch wasser und weid, und andere
gerechtigkeiten, gleichsam andern derselbigen
flecken unterthanen, doch mit des flecken mass
und ordnung zuniessen und zugebrauchen haben.
Und so sich nach schickung des allmechtigen
fügte, das bei dem kirckenampt solcher kirchen-
diener einer mit tod verführe, weib und kinder
hinterliesse, er hab gleich das bürgerrecht an-
genomen oder nicht, sollen doch die witwe und
kinder daselbsten geduldet, der aufenthalt ihnen
gestattet, und sie mit nichten, ohne sonderliche
hochwichtige ursachen und vorbewust des super-
intendenten ausgetrieben werden, darzu unsere
amptleut, erb und gerichtsherrn sich neben dem
superintendenten ihrer mit ernst und treuen an-
nemen, so es die not erheischt, ihnen vögte und
vormünden, gleich andern witwen und waisen
desselbigen orts, verordnen, ihren nutz, wolfart
 
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