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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0419
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 391

adiunct von einer visitation zu der andern einem
jeden kirchendiener ein besonders buch aus dem
alten oder neuen testament fürgeben, das sie mitler
zeit bis auf die nechstfolgende visitation fleissig
lesen, daraus sie auch alsdann vor, oder nach
dem die pfarrkinder in der visitation gehöret
worden, examinieret werden sollen.
So es sich aber zu lange verziehen wolte,
und auf denselben tag nicht genzlich verrichtet
werden möchte, sol der superintendens ime nach
seiner an allen orten vollendeter visitation einen
tag bestimmen, darinnen er solches mit ihme ver-
richten und absolvieren möge.
Zum vierden. Damit auch die pfarrer die
hauptartikel unser christlichen bekentnis, so man
locos communes nennet, lernen mit ausgedruckten
und eigentlichen zeugnissen der heiligen schrift
zubestetigen, und derselben widerwertigen irthumb
mit grund zuverwerfen, und die verirreten gewissen
zuberichten, sol neben obgemeltem buch heiliger
schrift allewegen jederm kirchendiener ein locus
communis gegeben, und von dem ersten de deo
angefangen, und also hernach von einer visitation
zu der andern durch alle locos gegangen werden.
Und wie solcher in den dreien heupt symbolis,
augspurgischer confession, apologia, schmalkal-
dischen artikeln, catechismis Lutheri summarischen
bericht und erklerung der streitigen artikel ver-
fasset und erkleret, auch was für zeugnis aus ge-
meltem buch er gemarkt, so auf diesen locum
gehören, eigentlich befragen.
Dergestalt die superintendenten und adiuncten,
an ihren privat studien nicht allein nicht ver-
hindert, noch in denselben etwas verseumen,
sondern viel mehr befürdert werden, weil sie vor
allen andern ihnen zugeordneten kirchendienern
in solchen schriften und inen fürgegebenen büchern
auf das beste abgerichtet und gefast sein sollen,
da es den pfarrern in solchem fehlen würde, sie
inen den mangel auf diese weise anzuzeigen wissen.
Dergestalt sie denn von einer visitation zu der
andern, da sie gleich sonst nichts zuthun, genug
zustudieren haben, und also inen ihre visitationes
durch solche übung, so sie dardurch haben, selbst
zu nutz und guter besserung gereichen werden.
Zum fünften. Nach dem nun der super-
intendens, soviel das examen der lehr, aus dem
vorgegebenen buch der bibel, und locis theologicis
belanget, vermöge der ordnung verrichtet, sol er
den pfarrer zuförderst, mit ernst, seines gewissens
und geleister pflicht erinnern, das er auf nach-
folgende artikel ihme den grund der warheit, wie
es an ihme selbst, berichten, und niemands weder
zu liebe oder leid, aus gunst oder widerwillen,
was anzeigen oder verschweigen wölle, bei ernst-
licher straf, so er darüber zugewarten.
Nachmals ihnen folgende artikel vorhalten,

und auf einen jeden insonderheit, ihn in abwesen
der andern unterschiedlich befragen, und seine
antwort mit fleis aufzeichnen.
Artikel, darauf die pfarrer, diaconi und alle
kirchendiener zubefragen.
Erstlich. Ob er nochmals standhaftig und
bestendig seine lehr in allen seinen öffentlichen
predigten, auch unterweisung und bericht bei den
schwachgleubigen und kranken, vermöge pro-
phetischer und apostolischer schriften, augspurgi-
scher unverenderten confession, und nach inhalt
der gründlichen, lauteren, endlichen wiederholung
und erklerung der streitigen artikel zu Torgau
verglichen, und anno 1580 publiciert, auch wie
dieselbige durch d. Luthern in seinen lehr und
streitschriften widerumb an das licht gebracht,
für sich selbst halte und glaube, seiner befohlenen
kirchen vortrage und lere, auch unser kirchen -
ordnung in allen artikeln bei verrichtung seines
diensts sich gemess halte.
Ob er auch an seinen collegen oder genacht-
barten pfarrern lehr oder lebens halben einen
fehl oder mangel, oder nicht ein ergerlich geschrei
von ihnen gehöret habe.
Wie sich jedes orts amptleut, schösser, rat,
richter, schöppen, die vom adel, und andere befehl-
haber und obrigkeit mit besuchung der predigten
und gebrauch der heiligen sacramenten verhalten.
Auch ob ihrer einiger oder mehr berüchtiget
weren, das er in ergerlichen, offentlichen, abscheu-
lichen lastern und sünden lebete, und halsstarrig
darinnen verharrete, und was ihre gebrechen sind.
Ob auch unsere amptleute, rete in stedten,
und andere jedes orts befehlhaber und oberkeit
mit fleis und gebürendem ernst uber unser kirchen -
ordnung, kirchendiener, und anderen unseren
christlichen constitutionibus und ordnungen halten.
Ob er niemands in seinem kirchspiel wisse,
der falscher, irriger lehr anhengig, oder solchen
leuten den unterschleif gebe.
Ob auch ihre andere eingepfarte fleissig zur
kirchen gehen, und mit ihren kindern und haus-
gesinde an sonn und feiertagen, auch in der
wochen die predigt gottes worts besuchen, und da
solches an sonn und feiertagen unterlassen, ob,
und durch wen, auch wie sie gestraft werden.
Ob sie auch ihre kinder und hausgesinde an
sonn und feiertagen, zu mittage, fleissig zu dem
catechismo halten, sonderlich aber das gesinde,
welche sonst frü des viehes hüten.
Ob er auch unter seinen eingepfarten leute
wisse, welche die predigt gottes worts und die
hochwirdigen sacrament ganz verachten, sich der-
selben nicht gebrauchen, sondern übel darvon reden.
Ob die eingepfarten, unter dem ampt, und
unter der predigt, auf der gassen, strassen, kirch-
 
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