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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0420
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392

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

höfen, oder sonst offentlichen pletzen, stehen, oder
spazieren gehen, und ob die oberkeit solches ver-
boten, auch die ubertreter, und welcher gestalt,
strafe.
Ob sie auch ohne noth unter der predigt,
und für gehaltenem gemeinem gebet aus der
kirchen laufen.
Ob sie auch an sontagen und geordneten
feiertagen und festen nachgelassen, mit pferden
oder der hand zuarbeiten, und ob die, so es thun,
auch deshalben, und wie, gestraft werden.
Ob auch unter dem ampt und predigten
kremereien, branter wein schank, wein und bier
zechen, öffentliche und winkelspiel, auf würfel,
karten und kugeln, item gerichtshendel und ge-
meine versamlungen gehalten und ungestraft ge-
stattet werden.
Ob auch an den hohen festen, pfingsten und
weihenachten vor oder unter der predigt gemein
bier zutrinken und zu schiessen, erleubet werde.
Ob auch das volk in der kirchen die deud-
schen gesang mit dem choro singe, und sich mit
der stimme im anfahen und aufhören nach dem
kirchner oder cantorei richte.
Ob die eingepfarten sich auch fleissig zu dem
catechismo, und sonderlich zum examen desselben
halten, und welche beharrlich darvon aussen
bleiben.
Ob auch die leute, so in filialn wohnen, in
die pfarrkirchen zur beicht und sacrament sich
finden.
Ob auch unter ihnen gotteslesterer sind,
welche bei Christi marter, leiden, wunden, sacra-
ment, etc. fluchen, und ob dieselbigen auch durch
die oberkeit, und wie, gestraft werden.
Ob auch unter ihnen zeuberer und segen-
sprecher sind, die leut und viehe segenen.
Ob sie auch zeuberische weissager wissen,
und das die leute, und welche, zu ihnen laufen,
und sie rat fragen.
Ob eltern unter ihnen seien, welche ihre
kinder nicht zum gebete, für und nach dem essen,
desgleichen zum morgen und abendsegen halten.
Ob kinder unter ihnen, so ihren eltern fluchen,
sie schlagen, oder sonsten mit geberden, worten
und werken übel handeln, oder ihnen sonst un-
gehorsam seien, keine straf von ihnen leiden
wollen, sondern ihnen entlaufen, oder sonsten von
schulen, diensten und handwerk laufen, darzu sie
von den eltern verdinget werden.
Ob leut unter ihnen wohnen, die in uneinig-
keit und unversöhnlichem zorn beieinander leben.
Ob eheleut unter ihnen seind, die in erger-
licher uneinigkeit leben, und sich miteinander
nicht versöhnen lassen wollen.
Ob sich der mann tyrannisch oder sonst un-
gebürlich gegen seinem weibe erzeige, oder das

weib dem manne mutwilligen ungehorsam mit
ergernis erzeige.
Ob etliche eheleut, mit ergernis der gemeine,
nicht beisammen wohnen.
Ob etliche unter ihnen, die sich miteinander
ehelich verlobet, nach dem sie aber solch ver-
löbnis gereuet, nicht zur ehe greifen, sondern auf
beiden theilen stille schweigen, und die ehe nicht
volnziehen, auch nicht ordentlich voneinander ge-
scheiden sein.
Ob auch unter ihnen ehebruch und hurerei
getrieben werde.
Ob auch eheleute oder ledige personen einen
bösen ergerlichen schein füren, und der unzucht
halben ein öffentlich ergernis von sich geben.
Ob auch unzüchtige und schendliche lieder
unter ihnen öffentlich gesungen werden.
Ob auch die oberkeit rockenstuben, scheid-
abent, unzüchtige, unordentliche besondere nacht
tenze, und dergleichen verdechtige leichtfertige
zusammen kunften dulden, oder ob und mit was
strafen sie die verbrecher belegen.
Ob auch wucherer unter ihnen seien, welche
mit gelde und getreide verbotenen ungöttlichen
wucher treiben.
Ob auch unter ihnen sein, die mit grossem,
vielem und schedlichem spielen weib und kindern
zum verderben umbgehen.
Von der taufe.
Ob die eingepfarten ihre kinder lange un-
getauft ligen lassen, umb der gevattern, gefress
und geprenges willen.
Ob sie auch mehr denn drei gevattern, unser
verordnung zuwider, bitten.
Ob die eingepfarten die heilige taufe, com-
munion der kranken, copulation, begrebnissen
zeitlich bei dem pfarrer bestellen, und nicht bis
auf die stund, wenn solche zuverrichten, sparen.
Ob sie auch grosse taufessen, oder nach den
sechswochen grosse kirchgang essen geben, uber
einen tisch gest halten, und mehr denn vier ge-
richt geben.
Ob sie auch tügliche wehemütter haben,
welche durch den pfarrer also unterrichtet, das
sie in notfellen die nottaufe recht gebrauchen
können.
Von hochzeiten.
Ob sie auch zuvor, ehe sie in die kirchen
gehen, ein ergerlich gefres und geseuf halten.
Ob auch die geladene gest sich zu dem kirch-
gang finden.
Ob sie auch bei der hochzeit ihr almosen in
den gottskasten in der kirchen legen, oder uber
den tischen in die büchsen zu gottes hause, und
für arme leut einlegen.
 
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