Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0422
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
394

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

angeordnet habe. Wie sich der pfarrer (oder in
stedten auch andere kirchendiener) in seinem
strafampt erzeige, ob er mit christlicher sanftmut
und guter bescheidenheit strafe, oder aus privat
affection und rachgier, seine eigene sachen auf
die canzel bringe, die leut namhaftig, oder sonst
unvermeldet doch ausgemalet ubel ausmache, sich
zu zorn bewegen lasse, scharfer, ungebürlicher,
stachlichter, schmehelicher, grober wort und ge-
berde in den predigten gebrauche.
Ob er auch sonst die offentlichen laster, umb
welcher willen der zorn gottes uber die menschen
kömpt, wie er wegen seines tragenden ampts und
ernstlichen befehlch und drauung gottes schüldig
ist, mit gebürendem ernst und eifer strafe.
Ob er auch unnötige, ergerliche, unbekante,
und nicht erbarliche gezenk der lehr oder person
halben auf die canzel bringe.
Ob er auch das volk fleissig zum gebet für
alle stende vermahne, und denselben allwegen
nach der predigt, das in unser kirchen agenda
begriffene verordente gebet fürspreche.
Ob er sich auch der kirchen und armen not-
durft anneme, und das volk treulich und fleissig
vermane, almosen zugeben, auch darauf achtung
habe, das es recht ausgespendet, und so viel müg-
lich treulich damit umbgangen, und alleine auf
die recht armen gewendet und wol angeleget
werde.
Ob er neue oder alte und solche lieder singen
lasse, die christlich, sonderlich d. Luthers, so dem
volk bekant, und die gemeine mitsingen könne.
Ob er in der kirchen, oder in seinem hause,
zu beicht sitze.
Ob er auch mehr denn eine person auf ein
mal absolvire.
Ob er auch jemandes mit der tauf, absolution
und abendmahl verseume, oder aus rachgierigkeit
und widerwillen eigens erkentnis ohne befehl
des consistorii oder synodi die absolution und das
heilige abendmahl versage, verhalte, oder von der
tauf abtreibe.
Wie er es mit den leuten halten, die zur ehe
greifen, ob sie drei sontage nacheinander auf-
geboten, und die jungen, so sich aufbieten lassen,
zuvor im catechismo examinirt werden.
Ob er auch, wenn frembde leute sich öffent-
lich zutrauen begeren, zuvor ordentliche und ge-
bürliche zeugnis der beschehenen ordentlichen
verlöbnis, und das sie ohne verhindernis geschehen
könne, auflegen lasse.
Ob sie auch früe für essens in der kirchen
getrauet werden, ob er sie auch in den heusern
traue.
Ob er auch die kranken und sterbenden leut
besuche, tröste, und mit dem heiligen sacrament
versehe.

Wie er die begrebnis mit dem geleut und
beleiten der leich halte.
Ob der pfarrer auch mit der leiche gehe, und
wie weit er auf den dörfern der leiche entgegen
gehe.
Ob man auch für der leiche her die gewön-
liche christliche geseng singe.
Ob er auch leichpredigten halte bei dem be-
grebnis der abgestorbenen.
Wieviel er und die schuldiener von den be-
grebnissen und leichpredigten neme.
Ob der pfarrer auch die schule, vermöge
unser ordnung, fleissig visitire, und die eingepfarten
vermane, besonders umb des catechismi willen, ihre
kinder zu schule zuhalten.
Von der kirchendiener, auch ihrer weiber, kinder
und hausgesindes wandel und leben.
Ob auch des pfarrers (und in den stedten
der andern kirchendiener) leben und wandel mit
der lehr uberein stimme.
Ob der pfarrer im dorf (oder andere kirchen-
diener in stedten) sich stetigs, besonders aber zu
nachts, zu hause finden lassen, das man sie in noth-
fellen, da zu taufen oder kranken zubesuchen,
und zutrösten, haben möge. Oder, da er nötiger
gescheft halben ausreiset (welches doch an sonn
und feiertagen ausserhalb eusserster unvermeid-
licher notdurft nicht geschehen sol) auch sein
ampt durch andere benachbarte pfarren bestelle.
Ob er ein gottselig, züchtig, eingezogen, nüch-
tern und messig leben füre.
Ob er in füllerei, schwelgerei, in kretzschmarn
und schenken lebe, und bei gastereien sich viel
finden lasse, und denen nachlaufe, oder für sich
selbst viel gastereien halte mit verlassung oder
verseumung seines ampts und ergernis der kirchen.
Ob er auch mit seinen eingepfarrten und
nachbarn in zank und unversöhnlichen hass lebe.
Wie er sich mit seinen collegen und den
schuldienern begehe.
Ob er auch mit unzüchtigen, unverschamten,
gotteslesterlichen geberden, worten und werken,
die gemeine gottes verergere.
Ob er sich zu verdechtigen personen, so un-
zucht halben beschrien, halte, und dieselben zu
sich ziehe, behause und beherberge.
Ob der pfarrer oder kirchendiener in stedten
und dörfern auch pflege zuspielen, und demselben
nachzugehen.
Wie er sich mit seinem eheweibe begehe.
Ob der pfarrer und andere kirchendiener
ihre weiber und kinder zur demut, gottesfurcht,
christlicher zucht und erbarkeit, und haushaltung
ziehen, und was dieselbige für einen wandel füren.
Ob sie sich weltlicher sachen annemen, der
oberkeit in ir ampt greifen, umb belohnung arznei
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften