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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0429
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn,

Von beiden consistoriis zu Leipzig und
Wittenberg.
Dieweil alle visitationes, wie christlich sie
auch gemeinet, und mit höchstem fleis verrichtet,
ohne frucht gehalten werden, da nicht nach be-
schehener erkundigung der vorgefallenen mengel
und gebrechen an lerern und zuhörern auch eine
gebürliche und ernstliche execution erfolget, darzu
auch teglich solche sachen sich begeben, welche
der halbjerigen synodorum erkentnis und einselien
nicht erwarten können, sondern ohne weitern auf-
zug alsbald müssen noth und ergernis halben ver-
richtet und abgeschafft werden, demnach und
damit unsere lieben und getreuen unterthanen rat,
hülf, und trost in sachen das gewissen, kirchen
oder schuldienst, und was demselben ferner an-
hanget, belangende, jeder zeit haben möchten, und
solcher ursachen mit schweren kosten, und anderer
mehr Ungelegenheit nicht weit nachreisen dürfen,
lassen wir es nochmals dabei bleiben, das beide
consistoria, wie dieselbigen zu beförderung unserer
warhaftigen, christlichen religion, auch zuerhaltung
erbarer zucht und wandels, und zu abscheu und
strafe des ubels, zu Leipzig und zu Wittenberg
verordnet, an gedachten örtern bleiben, auf weise,
mass und ordnung, wie nachfolget.
I. Mit wieviel personen jedes consistorium be-
stellet werden sol.
Nach dem in diesen beiden consistorien nicht
allein gewissens sachen, sondern auch weltliche
hendel vorgebracht und verrichtet werden müssen,
so die ehesachen, der kirchen und schuldiener
güter, unterhaltung leben und wandel der lerer
und zuhörer belangen, sol keines alleine mit
theologen oder politischen personen, sondern in
gleicher anzal aus beiden stenden, nemlich mit
zweien gelerten, gottfürchtigen, aufrichtigen und
erbaren theologen, desgleichen auch zweien politicis
bestellet werden, welchen ein notarius sampt

erinnern, und solcher christlich, zur ehre gottes und
seiner kirchen, one einigen affekt, eignes nutzes oder
ehre füren, und alleine in dem ziel bleiben, das inen
disfals durch unseren erlöser selbst und seine apostel
gesetzt und vorgeschrieben ist.
Das auch ihrer person und amptshalben an unserer
christlichen vorsorge kein mangel sei, so wollen wir
gebürliche Vorsehung thun, das gleicher gestalt auch
irer lehre, glaubens, lebens, ampts und wandels halben,
järlichen, fleissige visitation, wie mit ihren zugeordneten
pastorn und kirchendienern geschehe, dardurch sie in
schuldigern christlichem gehorsam jeder zeit erhalten
werden.
An deme volnbringt ein jeder, was zur ehre gottes,
was zu gnedigstem gefallen, was ime selbsten zur wol-
fart gereicht. Gegeben zur Anneburg, den achtzehenden
monatstag Februarii, nach Christi unsers erlösers geburt,
im tausent fünfhundert und achtzigsten jare.
Sehling, Kirchenordnungen.

herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 401
einem copisten zugeordnet, deren ampt und ver-
richtung sein sol, wie nachfolget.
II. Vom ampt der assessorn jedes consistorii.
Erstlich sol in jedem consistorio einer aus
den politischen personen, so propter autoritatem,
eruditionem und prudentiam vor den andern dar-
zu tüchtig erkennet, zu einem directore verordnet
werden, welcher in allen beratschlagungen von
unsernt wegen die umbfrage haben, die vota treu-
lich colligieren, aller billigkeit nach, beneben den
andern assessorn, schliessen, und sich in allewege
verhalten sol, wie hernach bei dem obern con-
sistorio von dem praesidenten vermeldet würd.
Zum andern sollen sie sampt und sonders
nach ihrem besten fleis und vermögen ihr un-
nachlessig aufsehen und inspection haben, damit
reine lehr gottes worts in den kirchen, hohen,
fürsten, und particular schulen, so ferne eines
jeden consistorii jurisdiction und befelich sich er-
strecket, erhalten, alle neuerung und verfelschung
derselben verhütet, wie auch in den kirchen cere-
monien keine verenderung eingefürt, sondern der
kirchen agenda durchaus gemess, und in allen
kirchen, soviel müglich, gleichheit gehalten werde.
Zum dritten. Das die kirchendiener nicht
allein in der lehr, sondern auch in andere wege
zu christlicher einigkeit mit ernst angehalten, und
keine ergerliche spaltung ihnen gestattet, sondern
alsbalde auf weise und mass, wie hernach gesetzt,
abgeschaffet und gedempfet werden.
Zum vierden sollen sie sich mit besonderm
fleis erinnern, das sie keine person zum kirchen
oder Schuldienst befördern, sie sein dann in
examine der lehr halben rein und tüchtig er-
funden, darzu eines erbaren, unstreflichen und
unergerlichen lebens, inmassen daroben von dem
examine, und aufnemung der kirchendiener weit-
leuftig vermeldet, welcher verordnung sich die
consistorialn, besonders aber die theologen, in
allewege gemess verhalten sollen, wie sie solches
nicht allein vor uns, als dem landesfürsten, sondern
zufürderst am jüngsten gericht, vor dem gerechten
richter Jesu Christo, verantworten müssen.
Zum fünften sollen sie auch fleis thun, dar-
mit die kirchen und schuldiener ihres ampts mit
aller treu und fleis auswarten, und da von einem
oder dem andern klagen deshalben eingebracht,
die ernstliche erinnerung und vermanung nicht
geferlich mit nachteil und schaden der kirchen
aufziehen, sondern jeder zeit nach gelegenheit
der personen, und ihres unfleis durch den super-
intendenten abschaffen, oder für sich erfordern,
und ein ernstlich einsehen haben, darmit an den
pfarrkindern nichts versaumet, sondern dieselbigen
jeder zeit nach aller notturft mit dem kirchen -
dienst versorget werden.

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