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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0453
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 425

schul gehalten und demnach die auslegung des
catechismi nicht gelernet hetten, die sollen doch
befraget werden, ob sie das vater unser, den
christlichen glauben, die zehen gebot, die wort der
einsetzung der heiligen tauf, vom heiligen abend-
mal, und der heiligen absolution wissen, wie solche
alle sonn und feiertag ihnen in der kirchen offent-
lich für dem volk vorgesprochen worden.
Nachmals sie auch veterlich mit linden, sanften
worten vermanen, das sie von den kindern, so zur
schul gehalten, die fragstück und auslegung des
catechismi lernen, darzu sie ein ganz jahr haben,
und da sie ein fleis darauf legen wöllen, eins von
dem andern leichtlich lernen können.
Zum sechsten. Darmit auch die eltern, herrn
und frauen, nicht allein sehen mögen, wie ihre
kinder und hausgesind befragt, sondern auch was
sie antworten, und, da etliche es nicht können,
dester mehr ursach haben, ihre kinder zu fleissiger
ubung des catechismi im hause anzuhalten, das
ihnen nicht allein die hauptstück, sondern auch die
auslegung des catechismi, doch stückweise, vor
und nach dem essen, vorgesprochen, desgleichen
vermanet werden, wann sie aufstehen und schlafen
gehen, solches mit einander zu üben, sollen die
eltern, wo nicht beide, doch aufs wenigste eins,
der vater oder die mutter, wie auch der herr oder
die frau, zu diesem examen ihre kinder und haus-
gesinde selbst füren, welchs, dieweil es an ihm
selbst christlich und gott gefellig, sich niemand
beschweren wird.
Und nach dem vermuthlich, das die eltern
in den stedten den catechismum in der jugent ge-
lernet, ob sie gleich die wort alters halben nicht
mehr so eigentlich im gedechtnis haben, auch
gleicher gestalt ein scheu hetten also offentlich zu
reden, und da es ihnen nur an einem wort fehlet,
vor dem gesind ergerlich, auch von den jungen
missbraucht werden möchte, das sie auch desto
weniger fleis anwenden den catechismum zulernen,
das ihre eltern denselben nicht mehr von wort
zu wort also wissen zusprechen, sol derselben mit
diesem examine für ihre person verschonet, aber
auf den dörfern bei jungen und alten gleichwol
auch mit guter bescheidenheit gehalten und be-
sonders mit den alten gehandelt werden, deren
bekentnis und verstand auch in der beicht eigent-
lich erkundiget werden kan, nach dem nicht allein
junge kinder, sondern auch oftermals die erwachsene
söhn und töchter, knecht und megd, eine forcht
und schauen haben, vor jederman öffentlich zu-
reden, und der ursach auch, was sie sonst gelernet
und wol gewust, aus furcht nicht antworten können,
desgleichen sich mehrmals zugetragen, wenn ein
solch jung mensch nicht eine gebürliche antwort
gegeben, das sie von den andern zuhörern sind
ausgelachet und verspottet und nachmals zu
Sehling, Kirchenordnungen.

solchem examen entweder unwillig oder noch er-
schrockener worden, sollen die visitatores in allen
kirchen diese verordnung thun, das der pfarren
jedes orts, besonders da die kirchen klein sein,
einem jeden hausgesind befehle, in seinem gewön-
lichen stuel oder ort der kirchen, oder, da die
kirchen gros, ausserhalb dem chor so ferne von
dem kirchendiener zustehen, das sie nicht hören
können, was der pfarrer mit dem vorhabendem
hausgesind redet oder sie antworten. Nachmals,
sol er durch den custodem, viertelsmeister, oder
wer zum füglichsten hierzu jedes orts verordnet
werden kan, vermög habenden zettels ein haus-
gesinde nach dem andern für sich in den chor an
das abgesonderte ort erfordern und obgehörter
weise mit ihnen das examen ordentlich vornemen.
Da aber die gemeine gros und der kirchen-
diener viel, sollen sie sich im chor an unterschied-
lichen orten also austeilen, das keiner den andern
hören, ihn oder das vorgestalt hausgesinde irre
machen oder demselben im examine verhinderlich
sein möge; dergestalt die leute nicht lang auf-
gehalten, und alles ordentlich mit gutem lust und
willen menniglichs und grossem nutz der kirchen
verrichtet, auch nachmals den kirchendienern in
der beicht viel mühe und arbeit ersparen wird,
wann sie also ihre pfarrkinder und zuhörer, soviel
das erkentnis und bekentnis ihres glaubens be-
langt, durch dis examen lernen erkennen.
Desgleichen werden sich auch knecht und
megd, so nicht allzeit an einem ort, dorf oder
stadt bleiben, desto besser in das examen lernen
zuschicken, wann solches in allen stedten, flecken
und dörfern, durchaus ungeendert, auf eine gleiche
weise, an einem ort wie an dem andern gehalten
wird.
Und sollen die pfarrer und kirchendiener das
volk fleissig unterweisen, und. mit gutem grund
berichten, das dis sei die rechte christliche con-
firmation oder firmung, das ist die bestetigung des
glaubens, so die paten an stadt des neugetauften
kindleins bekant, darauf auch das kind getauft
worden, wann sie nemlich solches in diesem
examine erinnert, und demselben in ihrem ganzen
leben nachzukommen, fleissig ermanet werden.
Welches die papisten anstelien lassen und an
stadt dieser christlichen firmung ein schauspiel
mit den kindern angestellet, welches voller aber-
glauben und irrthumb und demnach allen frommen
christen zufliehen und zumeiden ist.
VI. Von der heiligen taufe und nottauf.
Das hochwirdige sacrament der heiligen taufe
sol mit aller höchster reverenz, ehrerbietung, und
ohne einige unchristliche missbreuche oder leicht-
fertigkeit der bei oder umbstehenden inhalts
unser kirchenordnung gehandelt werden.
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