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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0455
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 427

wiedergeburt ist, erfordert die natur dieses sacra-
ments, das das kind, so das sacrament der wider-
geburt empfahen sol, zuvor an die welt geboren
sei, jedoch sollen die, so in solchen nöten darbei
sein, beide die mutter und das kind dem all-
mechtigen gott durch ihre treuliche vorbit befehlen,
das gott der mutter helfe und das kindlein ihm
gnedig befohlen sein lasse.
Es sollen aber die weiber, nach dem das
kind an die welt geboren, ausserhalb der höchsten
not des kindes schwacheit, nicht nottaufen, son-
dern da sie ein kirchendiener oder sonst einen
christlichen man in der eil zuhanden haben können,
denselbigen berufen und das kindlein teufen lassen ;
aber so dasselbige wegen schwacheit des kindes
nicht sein möchte, alsdenn sol die wehmutter oder
welches gegenwertig christlich weib sich des taufens
unterfangen wil, zwo oder drei personen, so ver-
handen, zum zeugnis berufen und erfordern, damit
auf zweier oder dreier kundschaft die heilige tauf
des kindes bestehe, und zuvor das gebet christi,
vater unser etc. beten, dem kind ein namen geben,
und darauf das kind teufen und sprechen: Ich
teufe dich N. im namen gottes des vaters, und
des sohnes, und des heiligen geistes.
Desgleichen sollen die wehmütter mit anders
nicht denn mit wasser taufen, und nicht, wie etwan
in solcher not geschehen, was sie ergreifen, als
wein, essig, milch darzu gebrauchen, weil Christus
mit ausdrücklichen worten allein wasser darzu
verordnet hat, welchs man auch jederzeit in solchen
notfellen haben kan.
Sonderlich aber sollen die pfarrer und kirchen-
diener nicht auf ein zweifel taufen, wie etwan im
bapsthum geschehen, da sie gesagt, bist du getauft
so teufe ich dich nicht, bist du aber nicht getauft
so teufe ich dich; sondern wenn die taufe un-
gewis, sol der kirchendiener nicht viel fragen,
noch sich viel bedenken, sondern das kind auf
den befehl und nach der ordnung Christi taufen.
Wie aber die confirmation der nottaufe in der
kirchen vor der christlichen gemein verricht
werden sol, ist in unser kirchenordnung, unter
dem capitel von der nottaufe beschrieben, darnach
sich alle pfarrer und kirchendiener verhalten sollen.
VII. Von der rechten christlichen beicht und
privat absolution.
Nach dem der pfarrer und kirchendiener das
volk gründlich aus gottes wort unterrichtet, was
der unterscheid zwischen der papistischen ohren-
beicht, da die leut gemartert und gezwungen alle
sünde, das unmüglich ist Psalm 19. zu erzelen,
und der warhaftigen christlichen beicht sei, darinnen
die jugend zu bekentnis und rechenschaft ihres
glaubens angehalten, jeder seines berufs in sonder-
heit erinnert, fürnemlich aber die kleinmütigen

angefochtene gewissen aus gottes wort in iren
schweren besondern anliegen getröstet werden,
sollen sie die ganze gemeine fleissig zu solcher
vermanen, und öffentlich anzeigen, das man
niemand zum hochwirdigen sacrament des leibes
und bluts des herrn Christi zulassen werde, er
habe denn zuvor sich bei seinen ordentlichen
pastorn angezeigt, und die privat absolution ge-
sucht.
Denn ob es wol an ihm selbst ein frei ding
und demnach aus keinem papistischen zwang ge-
schehen sol, (deswegen das volk fleissig durch die
kirchendiener unterrichtet werden sol, darmit nicht
wiederumb ursach zur marter des gewissens ge-
geben) so sol man dennoch von wegen der christ-
lichen zucht und besonders umb der unverstendigen
willen dieselbe nicht fallen lassen, sondern men-
niglich vermanen, das sie solche lieben, dieweil
der gemeine pövel allein umb alter gewonheit
willen zum heiligen sacrament laufet, und nicht
weis was das sacrament ist, die billich zum ge-
brauch des heiligen abendmals nicht zugelassen
werden sollen, bis sie genugsam unterrichtet, denn
dis sacrament unehren nicht allein die es un-
wirdig empfahen, sondern auch die es mit unfleis
unwirdig geben.
Wie aber die leute zur papistischen erzelung
der sünden nicht gezwungen werden sollen, also
sollen auch die kirchendiener nicht vorwitziger
weise von ihren beichtkindern, wie etwan be-
schehen, fragen, was ihnen nicht gebeichtet worden,
denn diese beicht nicht zu einer inquisition der
heimlichen und verborgenen sünden, sondern für-
nemlich und allein zur lehr der unverstendigen
und zum trost der betrübten angefochtenen gewissen
verordnet, darinnen die einfeltigen, wo von nöten,
unterrichtet, und, die ihnen selbst in irrigen fellen
nicht raten können, trost aus gottes wort erlangen
und ihr gewissen widerumb zu frieden bringen,
auch nachmals das heilige abendmahl mit frölichem
glauben empfangen können.
Es sollen aber die kirchendiener die eltern
vermahnen, das sie ihre kinder und hausgesinde
nicht so ungeschickt zur beicht schicken, sondern
zuvor daheime in den heuptstücken des catechismi
wol unterrichten lassen, denn etliche so ungeschickt
befunden, das sie nicht allein nicht wissen was
das heilige sacrament sei, was sie in demselben
empfangen, warzu es ihnen nütz und gut, und
warumb sie es empfangen, sondern auch wenn sie
gefraget werden, wer für sie gelitten und gestorben
sei, wol gar nichts antworten, oder unbedacht
reden, gott der himlische vater, oder der heilige
geist hab für sie gelitten.
Der ursach auch die pfarrer die lehr und
examen des catechismi desto fleissiger mit ihnen
treiben und sonderlich durch das jehrlich examen
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