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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0458
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Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

nicht auf solchem leiblichen bereiten, sondern
einig und allein auf dem verdienst Jesu Christi
stehet, das durch den glauben uns zur wirdigkeit
zugerechnet, wenn gleich derselbige nur wie ein
senfkörnlein were.
Sollen derwegen auf die sonn und hoher fest
abend nicht allein alle gastungen abschaffen, son-
dern auch ein jeder hausvater sein ganzes haus-
gesinde zu einem nüchtern leben, vornemlich aber
wenn sie zum hochwirdigen sacrament gehen, an-
halten, auf das sie nüchtern, mit lust und andacht
an folgendem sonn oder festtage gottes wort hören,
die communion wirdiglich gebrauchen, auch ihr
gebet und danksagung gott gefellig und ihnen
nützlich verrichten mögen.
Desgleichen sollen sie mit aller ehrerbietung,
demut und zucht darzu gehen, und sich mit klei-
dung, geberdem und allem also erzeigen, das
hierin kein leichtfertigkeit gespüret, sondern der
christliche geschmuck gemerket werde, darvon
S. Peter geschrieben, der nicht stehet im har-
flechten, gold umbhengen, oder kleider anlegen,
sondern der verborgene mensch des herzens un-
verruckt, das sie rein und rechtschaffen im glauben
sein, mit sanftem und stillem geist.
Nach dem auch mehrmals grosse unehr dem
hochwirdigen sacrament widerfaren, das entweder
die kirchendiener nicht gute achtung auf sich
selbst und die communicanten gegeben oder die
communicanten sich unordentlich darzu gehalten,
wenn sie ihnen den kelch gereicht, das aus dem-
selben was verschüttet worden, sollen nicht allein
die kirchendiener sich selbst in guter achtung
halten, sondern auch das volk vermanen, das sie
züchtig und bescheidenlich zu der empfahung des
bluts Christi kommen, damit sie nicht an den
kelch stossen, oder darvon abschnappen, sondern
wie sich gebüret, ordentlich verhalten.
Sonderlich aber die menner mit ihren zwick-
-berten sich nicht ergerlich in den kelch legen,
und darmit nachmals ergernis geben.
Desgleichen die weiber auch die schleier von
dem mund, und die pareter von den augen, des-
gleichen den mund aufgethan, auf das ihnen das
sacrament in den mund gegeben, und nicht, wie
etwan geschehen, die communicanten gar nichts
aus dem kelch trinken, sondern der kirchendiener
jederzeit sehen möge, wie er seinen communi-
canten den kelch neigen möge.
Darmit auch sonsten alle unordnung im zu-
gehen verhütet, sollen die pfarrer die communi-
canten vermanen, das zum ersten die menner und
jungen gesellen, und denn die jungfrauen, und
nach denselben die weiber sich ordentlich zu der
communion verfügen, auf das sie nicht unter und
durcheinander laufen, sondern jedes theil an seinen
ort sich finde.

Und ob wol hievor in den general artikeln
verordnet, wenn die leute communicirt haben, das
sie sich vornemlich denselben tag der bierheuser
und kretzschmar, auch der unordentlichen tenze
und anderer leichtfertigkeit enthalten, ist doch
solches niemals dahin gemeinet worden, als ob zu
andern zeiten füllerei, unzucht und andere leicht-
fertigkeit erleubet, dergestalt nur eine heuchelei
vor gott aufgerichtet, dardurch er zu grösserm
zorn beweget werden möchte, sondern es ist
dahin verstanden, das solchen tag die com-
municanten mit besonderer danksagung zu gott
für die gutthaten Christi zubringen, und an
demselben die gottesfurcht in ihnen selbst er-
wecken, das sie nachmals und zu aller zeit, wo
sie zusammen kommen, die üppigkeit und leicht-
fertigkeit meiden und sich selbst zu aller christ-
lichen zucht und erbarkeit anhalten, zu welchem
vorsatz und sterkung desselben ihnen der gebrauch
des hochwirdigen sacraments dienen, und der ur-
sach sie des jahrs viel und oft communiciren sollen.
Da aber jemand hierwider handlen würde,
sol er darumb ernstlich und unnachlessig gestraft
werden.
Es sol auch kein pfarrer oder kirchendiener
jemands, der in seine pfarr nicht gehörig, das
hochwirdige sacrament one erlaubnis des super-
intendenten reichen, in ansehung, das zum oftern
mal viel und mancherlei unrichtigkeit daraus er-
folget, es weren denn wandernde kranke personen
und, wie berüret, wol unterrichtet.
IX. Von ceremonien in der kirchen.
Nach dem offenbar, das die heiligen aposteln
etliche ordnungen in der kirchen gestiftet, damit
es alles fein und ordentlich, wie S. Paulus redet,
zugehe, und, da ungleicheit in derselben vorleuft,
das gemeine volk sich bald darob ergert, gleich-
wol aber die apostel selbst hinwiederumb eben
hierinnen den kirchen nicht allein ihre freiheit
gelassen, sondern auch ernstlich vermanet, das im
niemand uber solchem lasse gewissen machen,
sollen die pfarrer und kirchendiener vermög gottes
worts und nach anleitung der jüngst publicirten
und diesem buch einverleibten declaration und
kirchenordnung ihre pfarrkinder und zuhörer, so
oft es die gelegenheit gibt, mit fleis in ihren pre-
digten berichten, das solche eusserliche ordnungen
und ceremonien für sich selbst kein gottesdienst,
noch ein stück desselben, sondern allein der ur-
sachen verordnet, auf das der gottesdienst, welchen
zuendern in keines menschen gewalt stehet, zu
gelegener zeit und ort und ohne ergernis oder
beschwerliche unordnung gehalten werde.
Demnach sie sich keines weges ergern sollen,
wenn sie ungleiche ceremonien und gebreuch in
eusserlichen dingen bei den kirchen sehen, sondern
 
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