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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0462
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434

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

Da nun solche personen, unangesehen aller
dieser ermanung, trauung und straf, in dem laster
unbusfertig fortfaren, und dasselbige gnugsam er-
kundiget würde, alsdann sol sie (die person) von
den verordneten personen im obern consistorio
und conventu superattendentium in gemeiner ver-
samlung, so im jar zwei mal gehalten wird (doch
alles mit unserm vorwissen und verwilligung) in
die kirchen straf erkant und solche erkentnis auf
folgende weise promulgiert und ausgerufen werden.
Nemlich, das die person, so ordentlich in die excom-
munication und kirchenstraf erkant, auf einen be-
stimpten sontag nach der predigt im chor der
pfarrkirchen, dahin sie gehörig, offentlich gegen
dem kirchspiel fürgestelt, und ungefehrlich nach-
folgender gestalt, oder wie es zu jeder zeit nach
umbstende der misshandlung aus dem synodo zu-
verlesen befohlen wird, durch den pfarrer auf der
canzel oder neben der person stehend aus einem
brief verlesen werde.
Ihr lieben in Christo, dieser, vel diese N. ist
im laster der gotteslesterung (vel) trunkenheit (vel
alterius generis) bishero ein lange zeit verhaft ge-
wesen, und wiewol vielfaltige ermanung und
strafen, beide durch gottes wort und weltliche
obrigkeit, an ihm (vel ihr) versuchet, so hat doch
ihme (oder sie) solches alles nicht zur rechten
christlichen besserung bewegen wollen. Damit nun
nicht durch ein reudiges schaf eine ganze herde
verderbet, und das böse ergerliche exempel ge-
meiner christlicher versamlung schedlich und nach-
teilig sei, das auch gottes zorn und straf verhütet
werde, so haben die verordnete zu verrichtung der
kirchensachen diesen (vel diese) N. bis auf sein
(oder ihr) offentliche, beweisliche besserung von
der christlichen kirchen abgesondert und von dem
gebrauch des heiligen abendmals unsers lieben
herren Jesu Christi als unwirdig ausgeschlossen,
das er (oder sie) auch zu keinem gevattern in
- kindestauf gebraucht und zu keiner christlichen
versamlung (ausserhalb der predigt gottes wort)
zugelassen werde. Der allmechtige, barmherzige
gott wolle ihm (oder sie) seine oder ihre sünde
zuerkennen geben, rechte reu in ihme (oder ihr)
schaffen, und zu besserung des lebens erwecken,
amen.
Nach verlesung dieses sentenz sol der custos
die fürgestelte person offentlich durch das volk
aus der kirchen füren und sie ihres weges ziehen
lassen.
Alsbald solches durch den pfarrer verrichtet,
sol unser amptman, erb oder gerichtsherr, wie es
ihme von uns aus dem synodo jeder zeit von
jeder person insonderheit befohlen wird, der aus-
geschlossenen person alle hochzeit und andere
ehrliche gesellschaft, auch alle wehr verbieten,

und darüber den andern unsern unterthanen ver-
kündigen, wo einer oder mehr befunden, so mit
derselben wissentlich in den ehrlichen versam-
lungen zechen halten, die sollen nach ihrer gebür
gestraft werden, darnach wisse sich menniglich
zurichten, doch sol solcher person ihre weltliche
hantierung mit kaufen und verkaufen nicht ab-
gestrickt sein.
Es sol auch ein sonderlich gestül in der
kirchen bestimpt und verordnet werden, da die
excommunicirte person alle sontag und feiertag
zur zeit der predigt stehen, und auf die sontag,
da das heilige abendmal gehalten, sol allewegen
der kirchner solche person nach der predigt und
gebet vor anfang des heiligen abendmals aus der
kirchen durch das volk hinaus füren, bis der
sünder sich lernet schemen und ein züchtigen,
christlichen wandel an sich nemen.
Item, es sol auch allewegen dem erb, gerichts-
herren oder amptman desselben orts befohlen
werden, das er darob sei, damit die auferlegt
kirchenstraf ordentlich, wie sich gebürt, voln-
strackt und gehandhabt werde.
Da nun die excommunicirte person eine christ-
liche prob thun und ein züchtig, gehorsam leben
von der zeit der auferlegten kirchenstraf bis auf
die nechst nachfolgenden visitation füren und
umb gnad bitten würde, so sol deshalben der
specialis superintendens sampt dem pfarrer des
orts, auch amptman und gericht, unsere verordnete
im consistorio schriftlichen berichten. Alsdann
sollen unsere consistorialn den excommunicirten
(doch abermals mit unserem vorwissen und ver-
willigung) der kirchenstraf wiederumb offentlich
ledig erkennen, und dem pfarrer desselben orts
befehl zukommen lassen, das er den excommuni-
cirten wiederumb offentlich in der kirchen, un-
gefehrlich auf folgende weise, oder wie jeder zeit
der verhandlung und besserung nach befohlen
wird, absolviren, und auf den nechsten sontag
nach empfahung des befehlichs, der kirchen re-
conciliren sol. Nemlich.
Ihr geliebten in Christo, nach dem bis an-
hero dieser N. ein zeitlang von wegen seiner
misshandlung aus der heiligen christlichen kirchen
als ein unnütz glied abgesondert von dem hoch-
würdigen sacrament des heiligen abendmals, auch
andern etlichen kirchen versamlungen ausgeschlossen
gewesen, und aber seind hero aus gottes gnaden
in dieser straf sich gehorsamlich, gedüldig, christ-
lich gehalten, auch versprochen, er wölle fürohin
durch gottes gnad ein unergerlich, christlich leben
füren, so haben die verordneten des consistorii
nach empfangnem bericht und kundschaft erkennet,
das der gemelte N. seiner kirchenstraf zu diesem
mal vergangener sachen halb erlediget und
wiederumb zu der christlichen empfahung des
 
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