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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0471
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen’zu Sachsen, Ordnung. 1580. 443

bei den scheidabend zutragen, da die megd in
einer stuben zusammen kommen und in die nacht
spinnen, bei welchen sich die jungen vollen bauers-
gesellen finden, allerlei üppigkeit, leichtfertigkeit
üben, die sie auch hernach zu hause beleiten,
dardurch manch jung mensch zum fall gebracht,
sollen dieselbige bei ernstlicher strafe genzlich ab-
geschafft sein.
XX. Wie sich die eingepfarten gegen ihren pfar-
rern mit nottürftiger unterhaltung, darreichung
ihrer besoldung und leistung ihrer schüldigen
dienst, verhalten sollen.
Nach dem Christus, Matthei am x. saget, ein
jeder arbeiter ist seines lohns werth, desgleichen
S. Paulus 1. Corinth. 9. wer dem altar dienet,
der sol vom altar leben, item, der herr hats be-
fohlen, die das evangelium verkündigen, die sollen
vom evangelio leben, und abermals Gal. 6. der
unterrichtet wird mit dem wort, der teile mit allerlei
guts, dem, der- ihn unterrichtet, sollen derwegen
die zuhörer und eingepfarten ihren pfarrern und
verordneten kirchendienern mit willen und gern,
was zu ihrer unterhaltung gebürlich, besonders
aber, was hierzu gestiftet und verordnet, geben,
und ohne verweigerung und ohn alle schmelerung
folgen lassen.
Und nach dem gemeiniglich in den stedten
den pfarrern und kirchendienern ihre unter-
haltung auf ein gewisses und genants verordnet,
so ihnen auf jedes quartal gereicht, sollen die von
der obrigkeit daran sein und mit fleis verschaffen,
das ihnen auf bestimpte zeit ihre gebürende be-
soldung ohn allen abbruch oder vorteil volkom-
lich gegeben, darmit sie sich der billigkeit nach
nicht darüber zubeklagen haben. In dörfern aber,
weil ihr unterhalt gemeiniglich auf dem ackerbau
und anderen accidentalien gesetzt, sollen sich die
eingepfarten im selben gegen ihren pfarrern und
kirchendienern verhalten, wie hernach unterschied-
lich gesetzt ist.
XXI. Vom getreidichzins.
Was man dem pfarrer und schreibern auf den
dörfern von korn und habern zinset, sol alles
in des pfarrers und custodis haus auf einen tag
gebracht, und alda in beisein des richters oder
heimbürgen gemessen werden, damit man sehe, das
ein jeder tüglich getreidich, und so gut es ihnen
gewachsen, und sie selbst seen wöllen, unaus-
gesondert und an rechtem mass erlegen.
XXII. Von den zehenden.
Weil hierinnen den pfarrern allerlei vorteils
und undankbarlichen betrugs, dardurch sie an irem
verdienst und schüldigem einkommen merklich
verkürzt, vielmals begegnet, so sol zuverkommung

desselben keiner, der dem pfarrer oder kirchner
zehend zugeben schüldig, etwas von zehendacker
heimfüren, er habe dann dem pfarrer solches zu-
vor vermeldet und ihm den zehenden nach
rechter anzal des gewechses uberliefert und zu-
gestellt, auch gleiche gebinde, und da eiserne
reifen oder sonderlich mass hierzu gemacht, dem-
selbigen nach ohne einigen vorteil binden und
ihnen uberreichen und folgen lassen, also,' das
der pfarrer zufrieden und deshalb sich bei der
obrigkeit (die dann hierüber halten und, da sie
angelanget, die ubertreter gebürlich hierumb
strafen sollen) nichts zubeklagen.
Als auch zum oftermaln erfaren, das die
zehendacker zu merklichem unleidlichen abbruch
der pfarrlehen und zu unchristlicher schmelerung
der armen pfarrern einkommen etwan durch die
bauren, den mehrern teil aber durch etzliche vom
adel in eigennützigen gebrauch gezogen, also, das
sie auf solchen zehendeckern holz wachsen, oder
sonsten müssig zur vietrift liegen und nicht be-
seen lassen, in meinunge, dem pfarrer seinem ge-
bürlichen zehenden dardurch abzustricken, oder
durch verjarung und präscription zu ihren ritter
oder erbgütern zubringen und, da alsdann auch
nach etzlichen jaren das holz gros, dasselbige ab-
hauen, das feld aber wiederumb roden und beseen
lassen, vermeinende, das der zehend, so des holz-
wachsens oder still liegens halb etzlich jar nicht
gegeben, und zur unbilligkeit vorgehalten, nun-
mehr todt und abe, und sie denselben ferner zu-
geben nicht pflichtig sein sollen, so wollen wir,
das die pfarrlehen obgedachter oder auch anderer
gestalt nicht geschwechet, oder den pfarrern des
etwas entzogen, besondern der schüldige decem
zu jeden bequemen zeiten, wie sich gebüret, ge-
reicht, oder den pfarrern nach gelegenheit leiden-
liche vergleichungen derhalb gethan werde.
So sol es auch mit den kretzgerten, so von
zehendeckern gemacht, anders nicht gehalten und
von anderm gewechs, als kraut, rüben, zwiebeln
und anderem, so darein gepflanzt und den sommer
uber gewachsen, der zehend dem pfarrer gegeben
werden, damit die pfarrlehen bei ihrer gerechtig-
keit bleiben und derselben zu unpflichten nicht
entsetzt werden, so viel mehr, weil solche gerten
etwan wiederumb abgehen und zu acker gemacht
und alsdann vor naue und freie ecker wollen ge-
deutet und angezogen werden.
Als auch etwan befunden, das die bauren
zweierlei, als freie auch zehendecker, zugleich
innen haben und besitzen, und aber in deme auch
ihren eigenen nutz und vorteil, zu schaden und
abbruch der pfarrern suchen, also, das sie allein
die freien ecker bauen und tünchen, dagegen aber
die zehendecker ungetünchtet stille liegen lassen,
dardurch dann der pfarrern einkommen nicht
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