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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0478
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Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

alleine samlen, etwa einer krankheit und leibs
gebrechen halben oder dergleichen, und unter
denen, die mit feuer oder andern landscheden
umb all ihr hab und güter kommen sein.
Die nun für sich allein samlen umb krank-
heit willen, sollen die bürgermeister zum kasten-
herrn weisen, das ihnen nach gelegenheit des
schadens ein eleemosina aus dem gemeinen kasten
gegeben, von etlichen groschen, oder einen halben
thaler, und sie damit abgewiesen werden, neben
vermeldung der leibs strafe, so sie darüber in die
heuser gehen und betteln würden, damit also die
bürger von inen weiter nicht beschweret werden.
Damit aber der gemeine kasten solche elee-
mosinas ertragen könne, sol man im jar einen tag
darzu nemen und etliche bürger herumb schicken,
und in den heusern und ob den tischen darzu
samlen lassen, mit vorgehender erinnerung und
vermanung des volks von der canzel, das solches
ersamlet geld solte dahin gewendet werden, das
die armen, denen bisher krankheit halben in die
heuser zugehen erlaubet were worden, solten damit
gestillet und abgewiesen, und die bürgerschaft
forthin solches vielfältigen uberlaufens uberhaben
werden, so würde jederman, dem solch teglich
uberlaufen beschwerlich ist, gerne und willig etwas
darzu geben.
Solch geld sollen nachmals die kastenherrn
frembden gebrechlichen leuten nach gelegenheit
des schadens treulich und mildiglich austheilen,
und zu keinem andern nutz wenden und jerlich
in einem besondern capitel verrechnen mit ver-
zeichnis der namen des orts und zeit, da solches
gegeben worden sei.
Denen aber, so durch feuers not oder andere
erschreckliche felle umb ihre narung kommen
sein, und des gute warhaftige zeugnis fürlegen
können und zuvor an dem orte nicht gesamlet
- haben, mag der bürgermeister erlauben, mit einem
sonderlichen schriftlichem bekentnis in allen
bürgers heusern das almosen zusamlen, und
sollen die pfarrer zuvor auf der canzel solche not
der armen leute verkündigen und die bürger ver-
manen, ihnen milde hülfe nach vermögen zu er-
zeigen, jedoch sollen derselben leute namen ver-
zeichnet werden, damit sie nicht zum oftern mal
an einen ort kommen.
Auch ist in etlichen stedten das junge volk
so kün und frech, das sie die leute und sonder-
lich frembde auf der gassen anlaufen und den-
selben mit verdrieslichem geschrei anhengen und
nicht wollen ablassen, man gebe ihnen denn zuvor
etwas, welches ein ubelstand und demnach billich
sol abgeschaffet werden.

XXXV. Von den kirchvätern und vorstehern
der gemeinen kasten, und derselben rechnungen.
Damit den kirchen und derselbigen gütern
recht und wol vorgestanden und die kirchen ge-
beude desto bass erhalten, so sollen bei jeder
kirchen feine ehrliche, gottfürchtige und redliche
leute, zum wenigsten zweene, zu kirchvetern, den
kirchen zum besten erwehlet werden, die alles
einkommens und ausgebens richtige register halten
und dasselbige auch jehrlich für ihrem erbherr,
pfarrer, richter und eltesten der gemeine in
gegenwart des ordentlichen visitatoris verrechnen.
Sie sollen auch des pfarrers inventarium bei
sich behalten und fleissig, wie obgemelt, darauf
sehen, das von den abziehenden piarrern solches
könne volkömlichen geliefert und ersetzt werden,
darauf er ihnen auch seine handschrift und be-
kentnis geben und zustellen sol.
Und es sol von den amptleuten, lehnherrn,
neben den erbherrn, superintendenten, pfarrern,
und den gemeinen auf den dörfern, berürte
kirchenrechnung jehrlich und richtig gehalten
werden. Und sol der pfarrer damals fleissig er-
forschen, wo was streitig, und solches in beisein
und mit hülfe der amptleute, lehn und erbherrn
beilegen. Auch sollen die erbherrn die leute
dahin halten, das den kirchen das ire unverzüg-
lichen erleget werde, alda sollen auch die pfarr-
gebeude sampt den schreibereien besichtiget werden,
desgleichen die inventaria, kirchen und pfarren,
damit dieselbigen nicht verrücket oder geringert
werden.
Also ist auch erfaren und befunden, das zum
oftern mal, wenn kirchenrechnung gehalten, uber-
flüssige unnötige zehrung zu grossem abbruch der
kirchen geschehen, so sollen dieselbigen hinfüro,
bei ernster strafe, aufgehoben und verboten, und
den kirchvetern und pfarrern, die dann jedes mal
dabei sein und die register halten und schreiben
sollen, nicht mehr denn einen oder zween groschen
auf eine person zuverzehren, vergönnet und nach-
gelassen sein. Da aber solches überschritten,
sollen sie die ubermass selbst von dem ihren zu-
zalen verpflichtet sein.
Sie sollen auch nicht allein treulich und für-
sichtiglich mit den kirchgütern und einkommungen
handlen, sondern auch mit dem einmanen der
schulden und retardaten sich fleissig und unver-
drossen erzeigen und nicht scheuen, ob sie der-
halben jemandes ungunst auf sich laden möchten,
denn den schüldigern selbst damit gedienet wird,
so sie jehrlich gemanet und zur bezalung ge-
drungen werden, welche hernach die unermanete
zins, die auf eine grosse summa gewachsen, gleich-
wol mit ihrem und der erben grossem schaden
ablegen müssen.
Wo in einigem gotteskasten so viel verhanden
 
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