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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0480
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452

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

kirchner in kirchendiensten einig versaumnis oder
unfleis befunden und er vom pfarrer hierumb ge-
straft , nickt volgen noch sich bessern, sondern
seines eigen kopfes mutwillig leben wolte, so sol
sich der pfarrer desselben erstlich gegen des orts
oberkeit, dem richter und kirchvetern beklagen,
und da keine besserung folgen wolte, sollen die
gradus admonitionum, wie mit andern gehalten,
und da er dieselbigen verachten und hiervon nicht
ablassen würde, sol er seines dienstes auf ver-
ordnung des consistorii oder des synodi entsetzt
und ein ander gehorsamer und fleissiger an seine
stat aufgenommen werden.
Es sollen aber auch die pfarrer ire glöckner
ferner nicht, denn soviel ihren kirchendienst be-
langet, mit botenlaufen oder anderm zu ihrem
eigenem nutz dringen oder beschweren, sondern
sie ihrem befohlenen dienst zu jederzeit unver-
hinderlich abwarten lassen.
Und da ein custos von neuem angenommen
würde, sol derselbe von der gemeine auf ihre
oder der kirchen (da sie des. vermögens) un-
kosten mit seinem gerethe und gesinde gehölet
werden.
XXXVIII. Vom ampt der cüsterer.
Es sollen die kirchner oder glöckner auf die
kirchen und pfarrer bescheiden sein und be-
sonders ihre pfarrer in gebürenden- ehren halten
und auf dieselbigen in allen kirchenemptern bei
dem predigen, teufen, sacrament reichen, und be-
suchung der kranken warten und derwegen ohne
ihr wissen und willen nicht ausreisen, damit sie
ihrer gewiss seien. Nachmals sol auch ein jeder
cüster verpflichtet sein alle sontag nach mittag
und in der wochen auch auf einen gewissen tag
die kinder den catechismum und christliche
deudsche gesenge d. Luthers mit fleis und deud-
lich zuleren und nachmals in den vorgesprochenen
„oder vorgelesenen artikeln des catechismi wieder-
umb zuverhören und zu examiniren. Und da
eins oder mehr filial zu der pfarr gehöreten, sol
er in solchem leren mit rat seines pastoris der-
massen abwechseln, das die jugent in allen dörfern
nach notdurft im catechismo unterwiesen und ja
nicht verseumet werde.
Es sollen sich aber die kirchner sonderlich
befleissigen, das sie die gebete den kindern und
alten fein langsam, klar, deutlich und unter-
schiedlich vorsprechen oder vorlesen, von wort zu
worten, wie sie im kleinem catechismo gedruckt
seind, und sollen nicht frevel kün oder unacht-
sam sein, das sie die wort verendern, vermehren,
verkürzen, oder verstümmeln, anders denn das
gedruckte exemplar vermag, denn dardurch wird
das junge volk ubel unterwiesen, und lernet nach-
mals einer von dem andern unrecht beten.

Damit auch die feiertage mit anhörung gottes
worts recht geheiliget und gott allezeit gelobet,
dieselbige mit müssiggang und anderm ergerlichem
wesen nicht ubel zubracht werden, so sollen die
kirchner an denen orten, da die pfarrkirchen
filial haben, so oft der pfarrer an derselbigen orte
einem früe prediget, mitler zeit dem volk am
ander orte, da sie des pfarrhern predigt nicht
hören können, die epistel und evangelium des-
selbigen sontages mit der auslegung d. Luthers
und den heuptstücken des catechismi ohne die
auslegung vorlesen und etliche christliche deudsche
lieder singen. Wenn aber der pfarrer desselbigen
orts nach mittage prediget, sol der custos alsdenn
am andern ort der jugend den catechismum vor-
lesen und mit ihnen fleissig üben.
Es sol aber keinem glöckner, der nicht exa-
miniret, hierüber zu predigen nachgelassen werden.
Da sie aber examiniret und ordinirt, und auch
das diaconat ampt mit zuversorgen berufen weren,
sol inen nicht allein zupredigen, besondern auch
andere kirchen empter mit beicht hören, sacra-
ment reichen und anderem vergünnet und nach-
gelassen werden.
Es sollen auch, wie droben gemeldet, die
custodes allwegen an sonn und feiertagen zum
ampt vor der lection des evangelii den catechis-
mum ohne auslegung dem volk vorsprechen, weil
der pfarrer dem ampt und der predigt auswarten
muss.
Desgleichen sollen auch zu mittage sie ire
schüler denselben in der kirchen mit heller lauter
stimme fein langsam und verstendig sprechen
lassen und unter den kindern examiniren, welches
auch der pfarrer selbst bisweilen nach gehaltener
mittags predigt thun sol, damit der custos in officio
und fleis erhalten werde.
Es sollen auch alle custodes und dorfküster
schul halten und derselben teglich mit allem fleis
vermöge der ordnung abwarten, darinnen die
knaben leren lesen, schreiben und christliche ge-
senge, so in der kirchen gebraucht werden sollen,
darauf der pfarrer sein fleissiges aufsehen haben
und das volk mit ernst dazu vermanen sol.
Er sol auch sonst mit den eingepfarrten und
aller menniglich, besonders aber seinem pfarrer,
seinem weibe, kindern und hausgesinde, sampt
den seinen in gutem friede und einigkeit leben.
Er sol auch sich nicht unterstehen, den leuten
supplicationes, besonders wider die oberkeit oder
seinen pfarrer zustellen, sondern solche leute jeder-
zeit von sich weisen, und seines berufs warten.
Wie wir auch hiemit ernstlich befelen, das
sie alles procurirens und advocirens oder anders
dergleichen müssig gehen, und sich enthalten, noch
viel weniger zu spielleuten auf den höchzeiten
gebrauchen lassen sollen. Sie sollen auch in der
 
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