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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0539
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48. Ordnung der Visitatoren für die Stadt und das Amt Allstedt. 1533.

511

der pfarer, custer und leute singen und als dan
mit einer collecten beschlossen werden.
So sollen auch hinfurt kein Muntzerische
lieder gesungen werden, dann ob wol etzliche
spruche aus der heiligen schrift genomen sein, so
sind dieselbigen unchristlich eingefurt, haben auch
ein ungeschickt lateinisch noten. Darumb dieweil
sonst viel schoner guter deutscher geseng sind, als
te deum laudamus deutsch, es wolt uns gott gnedig
sein, verleie uns frieden gnediglich etc. und der-
gleichen, durch d. Martinum auch andere gemacht
und zu Wittenberg getruckt, sollen umb gleich-
formigkeit willen und weil sie im churfursten-
thumb gehalten, auch gesungen und die Muntzeri-
sche nachgelassen werden.
Ein itzlicher pfarrer sol auch dreimal im jar,
als im advent, in der fasten und nach der ernte
die kinder in der kirchen zusammen rufen und
dieselbigen veterlich und freundlich vorhoren, ob
sie ihren catechismum auch konnen, damit die
jugend, welche sonst gemeiniglich durch die eltern
vorseumet wird, in der furcht gottes mag auf-
erzogen werden. Sonst sol des custors ampt sein
die kinder wochentlich einmal in die custerei oder
sonst anders wo zuvorsamlen, und den catechis-
mum mit vleis lehren, darzu sollen die eltern ihre
kinder mit vleis halten.
Und nach dem unter den groben leuten
itzund viel sich mit wilten, mutwilligen und wusten
leben erzeigen, dorumb sollen die pfarrer in der
predigt des catechismi in der andern tafeln die
gemeinen laster als ehebruch, schwelgerei, hurerei,
geiz, betrug in kaufen und vorkaufen, mussigang
und dergleichen laster zu ider stunde eins zu-
strafen furnehmen, und sich darinnen nach dem
obgemelten buchlein der visitatorn halten. Item
wenn ein pfarrer zu einem kranken gefordert
wird, soll er denselbigen nicht allein einmal,
sondern oft, als uber den andern und dritten tag,
darnach es die notturft des kranken erfordert, be-
suchen und mit dem gottlichen word in seinen
nöten und anfechtungen trösten und vleissig unter-
weisen.
Wo es auch in den dorfern gewonheit ist
gewesen, das man des morgens oder des abents
pro pace hat geleutet, do sollen es die pfarrer
nochmals bleiben lassen, doch sollen sie das volk
daneben vormanen, das sie als denn gott umb
einen zeitlichen friede mit ernst und vleis bitten
wollen, auch darneben fur alle gnade und wolthat
danksagung thun, nachdem der misbrauch mit dem
ave Maria abgethan, dann solch leuten nicht vor
einen gottes dienst wie etwan gehalten wird,
sondern das dadurch das volk zu danksagung und
wie berurt umb friede zu bieten ermanet sei, und
daran unterschied des tages zu erkennen.
Wo auch Thomas Müntzer das leuten zur

predigt abgeschaft, do sol man es, wie vor alters
geschehen wiederumb anfahen und nicht unter-
lassen, wie dan durch unsers gnedigsten herren
chur und furstenthumb gewonlich ist.
So jemands zum heiligen sacrament gehen
wil, der soll zuvor den pfarner besuchen und
seine sunde clagen und ursach anzeigen, warumb
er des heiligen sacraments begere, damit im uber
sein sunde trost und vergebung aus gottes wort
möge verkundigt werden, wie denn des alles
weiter bericht im buch der visitatorn stehet, do-
mit sol denen welche die artikel des glaubens,
die zehen gebot und vater unser nicht erzelen
noch beten konnen, zusampt denen welche allein
eine gestalt begern, das höchwirdige sacrament
zureichen, bis das sie die stucke konnen und in
die einigkeit treten, vorsagt sein, und also wer des
heiligen sacraments nach der einsetzung Christi
in beiden gestalten nicht wil, dem soll es in einer
gestalt gar abgeschlagen und gewegert sein, dar-
umb sollen die pfarrer vom brauch desselben das
volk oft vormanen und unterweisen.
Wenn ein mensch mit tode vorscheidet, sol
der leichnam nicht heimlich sondern offentlich am
tage mit christlichem gesang, nachvolgung der
nachbarschaft und in beiwesens des pfarrer und
custers ehrlichen begraben werden.
So sol ein ider mensch der zwolf jar alt und
druber ist, alle quatember dem pfarrer einen
pfennig zu opfer zugeben vorpflicht sein, welch
geld ein ider hauswirt dem richter und derselb
dem pfarner einbrengen und geben soll, aus-
genomen wo es sonderlich bei etlichen dorfern
geordnet ide quatember mehr denn einen pfennig
zugeben. In allen dorfern sollen die pfarrer der
vihehut nach der zeit verschont werden, wo aber
gemeine hirten gehalten, sol der pfarherr nach
anzahl seines viehes wie vor alters geschehen und
gewonlich gewest gleich andern demselbigen ge-
meinen hirten auch Ionen.
Uber alle dorfer dieses ganzen ampts sol der
pfarrer zu Alsted superintendens sein und darauf
sehen, das alle sachen mit lere und leben der
pfarrer auch sonst allenthalben die ordnung wie
obgemelt christlich und löblich erhalten werde,
wo ihnen auch sachen furfielen die sie nicht ver-
stunden, sollen sie sichs rats bei dem superinten-
denten erholen, wo derselb aber der sach im rath
zu schwach were, mögen sie dieselb an den uber-
superintendenten zu Keinberg gelangen lassen
und sich aldo rats erholen.
Die pfarrer, welche filial haben, sollen sich
mit den predigten dermassen halten, auf einen
sontag oder feste in der pfarkirchen frue das
evangelium und nach mittage im filial dasselb
predigen, darnach auf den andern sontag oder fest
im filial frue und nach mittage in der pfarr und
 
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