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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0595
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91. Gottleuba. Verzeichnus der kirchenordnung'zur Gotleuben. 1567—1577.

567

Gottleuba.
Für diesen, in der Superintendenz Pirna gelegenen Ort überreichte der Pfarrer bei der
Visitation 1577 (vgl. oben S. 123) eine „Verzeichnis der Kirchen-Ordnung zu Gottleube, welche
vom Jahr 1567 bis uf 1577 gehalten ist worden“, wobei der Pfarrer ganz die Form einer wirk-
lichen Kirchen-Ordnung beobachtete. Dieselbe wird hier aus Dresden, H.St.A., Loc. 1977,
Visitation der Superintendenz Pirna 1577, Bl. 68—73, abgedruckt.

91. Verzeichnus der kirchenordnung zur Gotleuben, welche von Jahr 1567 bis uf das 1577. gehalten ist
worden, von Nicolao Andreae Pirnensi, pfarhern doselbst.

[Aus Dresden, H.
1. Corinth. 14.
Lasset alles ehrlich und ordentlich hergehn.
Kirchenordnung zur Gotleuben.
Sonnabent, Sabbathum. Preces vesper-
tinae.
Am sonnabent pflegt man alzeit umb 2 uhr
zur vesper zu leuten, da 2 oder 3 psalm von
schulmeister und schulern gesungen werden, dar-
auf antiphona, responsorium und hymnus de tem-
pore. Folgends wird die epistola dom. lateinisch
und deutsch gelesen von 2 knaben. Darauf wird
das magnificat gesungen, mit dem da pacem domine
geschlossen, darauf wird die gewenliche collecta ge-
lesen, und beschleusst der schulmeister mit dem
benedicamus.
Confessio auricularis.
So imand auf folgenden sontag communiciren
und das abentmal des hern Christi brauchen wil,
wird er beicht gehöret, unterrichtet, gestraft, ge-
trost und trostlich absolvirt, und wird also niemand
gestattet, ohne vorgehende beicht zum abendmal
des hern zu kommen. Und so auch jemand mit
notoriis delictis und publicis criminibus behaftet,
wird derselbige ohne vorgehende offentliche poeni-
tenz nicht admittirt.
Es werden auch die zuhorer oft und vielmals
vermahnet, das sie ihre busse und bekerung nicht
aufschieben wollen, bis sie krank und unver-
mögend werden, sondern werden angehalten, dass
sie der gnadenzeit nicht misbrauchen, den August.
spruch ist wahrhaftig: poenitentia vera minime
est sera, quod sera raro est vera.
Dies dominica aut dies solis.
Sontag und höe feste.
Am sontage und festen pflegt man frue umb
6 uhr zum ersten mal zur predigt zu leuten, umb
7 uhr schlecht man mit allen glocken zusammen,
und da fehet man das ampt an, und wird das

St.A., Loc. 1977.]
veni sancte spiritus etc. gesungen, darnach der
introitus de tempore, kyrie, gloria in excelsis und
ein collecta. Darauf lieset der pfarrherr die
epistel und hernach das letzte alles de tempore.
Man singet choral und bisweilen figural.
Auf das evang. singe man das patrem latine
et germanice. Darauf folget die predigt, welche
gemeiniglich über eine stunde sich nicht vorzeucht
vom evangelio, da erstlich summa angezeicht, dar-
nach propositiones oder themata, davon man handlen
will, welche in fine repetirt, damit die auditores
wissen, was sie mit sich anheim tragen sollen.
Gemeingebet.
Nach allen predigten bittet man für die not
der ganze werde christenheit, vor alle drei regi-
ment, geistlich, weltlich, und haushaltung, und
auch für sondrer personen, die das gemeine gebet
begeren und bedurfen.
Communio.
Wen communicanten vorhanden, so wird das
abendmal des hern mit aller reverenz und ehr-
erbietung gehandelt, in iuxta institutionem Christi,
mit vorhergehendem gebet dem heiligen vater
unser, in der fasten die vermanung in der agenda
verzeichnet, auf die höen fest pflege man die
lateinische praefation zu singen. Nota.
Im ampt braucht man ufm altar angezunt
lichte, kelch, paten, messgewand und sonst allen
ornat wie der brauch in den kirchen, man klinget
auch, und helt alle ceremonien, wie sie in den
kirchen dieser lande gehalten.
Nach der communion beschleuse man das ampt
cum gratiarum actione in der agenda verzeichnet,
und wird der segen gesprochen num. 6. der herr
segne dich etc. wie den kein mal, wen man predigt,
die gemeine one segen voneinander gelassen wird.
Vesper am sontag oder feiertagen wird
auf diese weise gehalten.
Erstlich intonirt der pfarher mit den worten
ausm psalm: deus in adiutorium meum etc.
 
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