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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0596
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568 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

psal. 70. Darauf respondirt der chor: domine
ad etc. Darauf 2 oder 3 psalmgesang latine,
choral, an festen figural. Darauf antiphona,
responsorium, hymnus, alles de tempore.
Folget eine lection ex veteri aut novo testa-
mento.
Darauf recitiren 2 knaben ein stuck aus dem
h. catechismo, und thun alzeit darzu die frage-
stuck vom hochwirdigen sacrament in d. Luthers,
selig., catechismo verzeichnet.
Endlich singe man das magnificat deutsch
oder lateinisch alternativ, das man alle 8 tage
gleich ah wechselt.
An festen handelt man die episteln, sonst an
sontagen predigt man den h. catechismum.
Nach gehaltener predigt singet man ein
deutschen gesang de tempore, so kein fest, sonst
ein christlicher gesang, folget collecta und segen.
Sic dimittuntur auditores. Benedicamus wird auch
gesungen.
Festa.
Alle hoe feste, die man in den kirchen dieser
lande feierlich helt, vermöge der agenda, helt
man auch feierlich mit aller solennitet, und darzu
werden die zuhorer fleissig ermahnet.
Dies apostolorum.
Der 12. apostel tage feiert man einen sonder-
lichen tag nicht, doch werden die evangelia, ent-
weder am sontag zur vesper oder in der wochen-
predigt, darnach die festa gefallen, dem volk
vorgehalten.
Wochenpredigt.
In der wochen predigt man an der mitwoch
im gieshebel, welches das filial, daheim aber am
donnerstage, da man deutsche geseng aus des hern
d. Lutheri gesangbuchlein singet, folget ein lection
aus der bibel, es wird auch die litanei, wie auch
an sontagen in 14 tagen ein mal gesungen, end-
lich predigt man den catechismum oder die epist.
von der neckst vergangenen dominica einfeltig,
nach der predigt singt man ein deutschen gesang,
beschleust mit einer collecta und segen gegen
dem volk.
Almosen.
An sontag und festen bringen auch die leut
ihr almosen mit zur kirchen, welches von ihnen
in ein boten, darzu verordnet, gelegt wird, es sei
brot, kuchen, eier, putter, kese oder gelt. Das
wird den alsbald hausarmen leuten vom pfarhern
ausgetheilet, darauf sie der bald im pfarhause
warten, werden dabei vermanet, das sie got fur
augen haben sollen, in warer bus leben, geduldig

in ihrn creuz sein, und fleissig fur sich und ander
leute bitten sollen.
Gottes kasten. Aerarius ecclesiae.
Der gotskasten ist gar gering, hat kein sonder-
lich gewis einkomen, doch wird soviel colligiert,
das man klerlich die gebeu der kirchen mit er-
halten , darzu werden alle jahr kirchenveter
[prae-positiaerarii] aus der gemeine erkoren,
welche, richtige rechnung ihrer einnahme und aus-
gahe halten müssen, und dem rat und pfarhern
davon richtige rechnung setzen.
Besuchung der kranken. Visitatio
aegrotorum.
Die kranken besucht der pfarher, wen es be-
gert wird, theilet ihnen, nachdem sie unterrichtet,
auf ir beger, das hochwirdige sacrament mit, und
so sie lagerhaftig bleiben, besucht er sie mehrmal,
und tröstet sie.
Begrebnus der verstorbenen. Sepul-
tura mortuorum.
Die todten werden beleutet, man holet sie
mit der schule, traget der leich ein creuz fur.
Man singet deutsche und lateinische cantilenas
funebres; von wem es begert, werden bisweilen
leichpredigten gethan, am ende beschleust man
mit einer collecta in der agenda dazu verordent.
Die mit tod abgehn, werden aufgezeichnet.
Kinter tauf. Baptismus infantum.
Alle kindelein werden in der kirchen offent-
lich getauft, nach der forma, die uns Christus
selbst gegeben, adduntur tamen pro circumstantia
temporis admonitiones et doctrinae necessariae, in
der agenda verzeichnet.
Nottauf.
So die nodtauf von christlichen matronen ge-
schehen, und sie auf die fragen richtig antworten,
lass man’s ein tauf sein, lieset allein das evang.
s. Mattei uber sie und betet, zweifeln nicht, son-
dern sind gewis, das auch dieselbigen kinder
recht getauft sein.
Fide iussores.
Drei paten lose man bitten, vermanet des
volks, das sie christliche, erbare, aufrichtige leut
zu gevattern bitten sollen, und nicht gotlose leut,
umb geldes willen, die mit got nicht wol dran,
und darumb auch nicht beten konnen fur das
kindlein.
 
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