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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0597
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92. Gotha. Artikel durch die hern visitatores einem erbarn rathe zu Gotha zugestellet anno etc. 1555. 569

Spurii. Kinder aus der unehe gezeuget.
Es wird auch den kindern, so in der unehe
gezeuget, das sacrament der heiligen tauf nicht
versaget, wie wol got lob und dank in langer
zeit, solche unordnung nicht begeben, der wolle
seinen spiritum castitatis bei uns wonen lassen.
Die kinder, so geborn, werden aufgezeichnet.
Trauung braut und breutigams. Copula
sponsi et sponsae.
Drei sontag nach einander werden sie pro-
clamirt, und mus braut und breutigam, sampt
ihren eltern, vormunden, oder sonst ehrlichen
mennern sich zuvor bei dem pfarhern angeben,
wilcher wen er nach gehaltener exploration er-
kundiget, das kein hindernis vorhanden, so werden
sie, ut supra annot., offentlich proclamiert, und wen
sie ihren offentlichen nachgang und hochzeitliche
freude haben wollen, publice copuliert, nach der
ordnung in der agenda verzeichnet.
Kinderlehr. Doctrina catechismi.
Alle tage in der fasten, als bald den ersten
sontag anzufahen, da man im bapstumb das ab-
gottische salve regina gesungen, wird der cate-
chismus alle tage bis auf den sontag palmarum,
mit den kindern gehalten, wird ein psalm als der
8. 16. 22. 69. 110. etc., die der passion Christi
gedenken, neben dem stuck des catechismi, das da
sol gehandelt werden, gesungen, darnach wird ein
lection, ausm siracide, proverbiis Salomonis oder
was sonst von pfarhern fur eine lection angeordnet,
gelesen, wird der catechismus recitiert und wider
ein christlicher gesang gesungen und mit den
collecta beschlossen.

Examen.
Auch werden alle kirchvorwanten auf sonderer
zeit im jar einmal auch bisweilen zweimal fur
den pfar ins pfarhaus oder in die kirchen, wen
es kelte halben sich leiden will, beide hausvater
und mutter, kinder und gesinde, knechte und
megde, erfodert, da sie alle aus der lehr des h.
catechismi examinirt werden, und was sie sonst
in teglichen predigten gehöret, behalten, und war-
zu sie das brauchen.
Es wird auch in der fasten die passion ge-
predigt ufn sontag zu mittag, und in der wochen-
predigt.
Nota woher man predigten nehme. De
homil. Israel benedicite dominum.
Alle predigten und was sonst fur unterricht
gesunden und kranken mitgetheilet, wird aus gots
wort hergenommen, aus den drei hauptsymbolis,
confession Augustana, catechismus Lutheri, und
sonst reiner lehrer schriften. Darumb auch die
zuhorer offentlich vielmals vermahnet werden, das
sie sich fur alten und neuen schwermern huten,
und ihren catechismus fleissig lernen und dabei
in einfalt bleiben wollen. Nam is optime credit
qui simpliciter credit.
Das dis die ordnung diser unser kirchen, be-
zeuge ich Nicolaus Andreae pfarher mit diser
meiner hand, und bitte got von herzen, das er
uns alle mit seiner gnaden geist begnaden wolle,
ut fiant in nobis deo grata, tum dicendo tum
faciendo. Cui sit laus honor et omnis gloria in
secula seculorum. Arnen.
V. D. M. J. AE.
Rom. 1.
Non pudet me evangelii, siquidem potentia
dei est ad salutem omni credenti.

Gotha.
Aus der Reformationsgeschichte dieser Stadt sei hier nur eine Ordnung hervorgehoben,
welche auf der Visitation 1554/1555 dem Rathe der Stadt zugestellt wurde. Dieselbe wird aus
Weimar, Gesammt-Archiv Ji. Nr. 2614 erstmalig abgedruckt. (Nr. 92.)

92. Artikel durch die hern visitatores einem erharn rathe zu Gotha zugestellet anno etc. 1555.
[Aus Weimar Ji. Nr. 2614.]

Auf bephelich der durchlauchten hochgebornen
fursten und herren, der gebrudere herzogen zu
Sachsen etc. ist durch ihr f. g. verordente visi-
tatores die stadt Gotha und ganzer krais visitirt
und seint demnach in sonderheit einem erbarn
rathe zu Gotha nachvolgende artikel und ver-
schaffunge, sich darnach zu achten haben, über-
raicht worden.
Erstlich, das sie ob der reinen lahre und
Sehling, Kirchenordnungen.

alleine seligmachenden wort gottes, dieser orde-
nunge, ihren kirchen und schueldiener treulich
und vleissig halten sollen.
Zum andern das die abgöttische papistische
bilder, so biblischer historien nicht gemess,
in der kirchen nicht geduldet, auch die altaria
dermassen zugericht werden sollen, das die priester
mit den angesichte kegen dem volk gekart ihr
ampt vorrichten mogen und sich allenthalben mit
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