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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0631
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109. Leisnig. ordnung eines gemeinen kastens. Radschlag wie die geistlichen guter zu handeln sind. 1523. 603

umb gottes willen erlassen werden. Solche gelegen-
heit sall durch die fursteher eigentlich erkundet
werden.
Ausgabe, versehunge fremder einkomlinge.
Frembden einkomlingen, welchs stands sie
mannes oder weibes personen weren, und christ-
lich bruderliche zuversicht zu unser gemeinen
versamlunge haben, und innerhalb der stadt oder
dorfern in unserm kirchspiel mit irer arbeit, muhe
und vleis ire narunge suchen wurden, sollen die
zehen fursteher treuliche forderunge thun, auch
aus unserm gemeinen kasten mit leihen und geben
nach gelegenheit zimlichen zu hülfe komen, damite
auch die frembden nicht trostlos verlassen, und
fur schanden und offen sunden errettiget sein
mogen.
Ausgabe fur enthalt und ufrichtunge
der gebeude.
Teglichen enthalt und besserung der gebeude
auch naue gebeude, nemlich an diesen volgenden
orten, dem gemeinen kasten zustendig, das gotis
haus, die muldenbrucke, der pfarrhof, die schule,
die küsterei, die hospital, sollen die zehen fur-
steher, mit gutem vleis und fursichtigkeit, auch
mit rathe der baufurstendigen und bewerter bau-
leute, berathschlagen, bestellen, thun und volfuren
lassen, und die zugehorige notturft mit bequemig-
keit in vorrathe verschaffen, und ausm gemeinen
kasten die darlegung thun, auch durch ire zwene
baumeister fuhren, und ander handarbeit nach
hergebrachter gewonheit bein leuten in der stadt
und ufm lande, sonderlich zur brucken, durch
bete zuerlangen.
Ausgabe, getreide kaufen in gemeinen
vorrath.
Unser eingepfarten versamlunge zu einem ge-
meinen nutze sollen die zehen fursteher aus
unserm gemeinen kasten, neben der zulegunge
eins rats aus irer stadtkamer, eine redliche summa
und anzal korns und erbeis uf die schuteheuser,
so dem rathe und gemeinem kirchspiel zustendig,
in vorrathe einkaufen und verschaffen, sölchen
vorrath in wolfeilen jaren getreide kaufen, nicht
angreifen, sonder allwege mehren und sterken,
damite die einwoner gemeiner eingepfarten ver-
samlunge allenthalb in der stadt und dorfern in
zeit der anligenden notturft im verkaufen, leihen
und geben, wie solchs durch die zehen fursteher
fur gelegen und bequeme angesehen wird, zu
solchem vorrathe durch die gnade gottes, zuflucht
und leibs narunge haben mögen. Was auch an ge-
treide von ackerleuten in der stadt oder bauern
ufm lande, gemeinem nutze zu gute, aus milder

hand gegeben ader zu testamenten bescheiden, und
uber die erhaldunge der armen leute, wie obin,
uberbleiben wurde, sall auch zu diesem gemeinem
vorrathe geschlagen, und wie gehort zur notturft
der ganzen eingepfarten versamlunge gebraucht
werden.
VI. Jerliche zulage in gemeinen kasten
zuthun.
Wo auch die zinse, ufhebungen, gefelle und
zugenge im furmögen und vorrathe unsers ge-
meinen kastens, wie obin stuckweise angezeiget,
nicht gnugsam zu unterhaltunge und versorgung
unsers pfarrambts, kusterei, schulen, der not-
turftigen armen, und gemeiner gebeude, in massen
ordentlich nacheinander ausgesatzt, haben wir erbar-
manne, rath, viertelmeister, edelsten, und gemeine
einwoner der stadt und dorfer unsers ganzen
kirchspiels, fur uns und unsere nachkomen, in
kraft dieser unser bruderlichen vereinigunge ein-
trechtiglich beschlossen und verwilliget, das ein
jeder erbarman, burger und bauer, in dem kirch-
spiel wonhaftig, nachdem er hat und vermag, fur
sich, sein weib und kinder, jerlichen ein gelt zu-
legen solle, damit die heubtsumma, so sich eine
gemeine eingepfarte versamlunge in irem bedenken
und ratschlage aus der jarrechnung als fur not-
turftig und gnugsam belernen und erkunden
wurde, fur fol aus zubrengen und zuerlangen sein
moge. Hierzu sollen auch, so weit sich unser kirch-
spiel erstreckt, alle hausgnossen, dienstgesinde,
knapschaft der handwerke, und andere personen,
welche nicht heuslich besessen, und doch unsere
pfarrechte sich mit frauen und geprauchen, eine
jede person, ein silbern groschen, allwege uf eine
quatemper und viertel jares drei nane pfennig
als den vierden teil desselbigen groschen, jerlichen
zuhulfe reichen, welchs ein jeder hauswirt oder
hauswirtinne vleissig einbrengen und furder den
zehen furstehern uf igliche quatemper uberant-
worten sall. Und eine eingepfarte versamlung
wöllen und sollen sich itzund und kunftiglich,
solcher jerlichen geringen zulage und hulfe, zu der
ehre gottes, und liebe des eben christen menschen,
nicht beschweren, in betrachtung das hiefur, eine
lange ewige zeit, beide, die wonhaftige und nicht
wonhaftige, durch unser gemeine kirchspiel, mit
ubermessiger untreglicher beschwerunge und abe-
zug, in mancherlei weisen und listen, ane under-
lass durchs ganze jaer uberladen und ausgesogen,
welcher dinge numaln, durch die gnade gottes,
widerumb in ware freiheit des christlichen geists
gewandt und komen seint, und eim jeden christen,
mit hochstem vleis zuverhüten, solche christliche
freiheit zubedeckunge des schentlichen geizs, nicht
missebrauchen.

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