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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0634
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606 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

furgewendet, als solt solch abthun der feier ob-
gemelter feste dozu dienen, unordenlich trinken,
saufen, und mussiggang weniger zumachen, so soll
doch der pfarrer vorthin uf ein jedes berurter
fest predigen, und so communicanten vorhanden,
mess und andere cerimonien die ganzen drei tag
vor und nach mittag halden, und dieselben werk-
teglich zu halden nicht gestaten, auch kurz fur
denselben festen das volk vom sacrament und
desselben nutz und gebrauch getreulich under-
richten, und zu empfahen vormanen, und sich in
dem allenthalben den kirchen Wittemherg und
Torgau gleichformig machen. Doneben soll gleich-
wol der pfarrer, prediger oder diacon von der crist-
lichen freiheit, nicht aus seinem eigen kopf, sun-
dern wie die episteln Pauli klar davon melden
und im buchlein der visitator christlich und grunt-
lich geschriben, das volk nach nodturft und ge-
legen zeit der zuhorer underrichten.
Uber vorangezeigt mass zu predigen
ut super bei Torgau.
Schule.
Die schule, welche itziger zeit bei funfund-
vierzig schuler oder knaben hat, ist uf zwu per-
sonell bestellet,
schulmeister,
underpedagog, welcher das custer ambt mit
vorsorgen will.
Nachdem alle ordnung und vorgeschribne
mass und weis, wie die knaben sollen under-
weiset werden, vorgeblich, wenn der schulmeister
nicht selbs gelert, vorstendig und geschickt ist,
also das er die zeit, stunde des lerens, desgleichen
form, unterweisung der jugent und die ganz schuel-
arbeit nach gelegenheit alder, vormugen, geschick-
lickeit der knaben wisse zu richten und zu messigen,
und was gemeiner schule am nutzlichsten zu-
erkennen, soll durch den rath zu Leisnik allzeit,
wenn sich das schuelambt vorledigt, ein gelerter,
geschickter geselle, aus unsers gnedigsten hern
universitet Wittemberg erwelet werden, der latei-
nischer sprach dermassen bericht und geübt sei,
das er Terencium und epistolas Ciceronis und
ander dergleichen scriptores schicklich zu han-
deln, und selbst ein zimlich gut lateinisch scrip-
tum zumachen vormuge. Uf das nicht einer
erwelet, der allein den titel und namen fure
eins baccalaurei, oder eins gelerten, selbs
doch schwach und kindischen vorstand, und kein
ubung des lateins habe, soll rath und pfarrer der
stadt Leisnik nach einem trachten, der ein zeit
zu Wittemherg studirt, von Philippo Melanchtoni
oder lectoribus bonarum litterarum zu Wittemherg
angeben, domit sie all ein redlichen gelerten ge-
sellen bekomen.

Die ganze schuel soll in drei haufen
geteilt werden.
Vormittag.
Frue morgens sollen die knaben nicht umb
funf hore, sundern somers umb sechs und winters
umb sieben hore, durch den schulmeister orden-
lich in die kirchen geleitet werden, ein halb
stunde, ein lateinischen psalm und benedictus wie
zuvor zu singen, darnach in die schuel wider gen.
Das ander teil derselben stunden erstlich kum
heiliger geist singen, und so es die zeit leiden
will, ein jeder oder etliche aus den knaben wie
zuvor einen paragraphum deutsch oder latinisch
aus dem alden testament oder neuen herlesen,
und dieses soll mit der ganzen schuel, die des
vormugens und alders sein, gehalden werden.
Der erste hauf.
Prime et sume classi oder dem ersten heuf-
lein soll von sieben hor an bis umb acht Teren-
cius oder ein comedia aus Plauto, die rein und
nit schampar ist, durchn schulmeister gelesen
werden, doch soll Terencius ofter dann plautine
comedie gelesen.
Alsdann uber den andern oder dritten tag
soll er ein halb oder ganze stund nach gelegen-
heit repetiren und umbfragen.
Umb acht hor soll demselbigen haufen der
unterpedagog oder der schulmeister, darnach sie
unter sich abwechseln, die episteln Ciceronis, so
am einfeldigsten sein, lesen, und soll zugleich inen
ein argument furgeben werden, denselben repo-
nirten episteln gemess, darin die knaben etwas
vorstand im latin erlangt, auch mit latinisch
episteln machen sich exerciren und uben mogen.
In diesem allen soll je nicht vorgessen werden,
das der schulmeister oder pedagog uber den andern
tag ein mal, ein stund oder halbe darzu neme,
dieselben in der gramatik und regulis construc-
tionum zu uben, und das er von den knaben
forder, wie sie konnen construirn, dann daran ist
vil gelegen, das sie grammatik und construirn wol
und gruntlich leren.
Der ander hauf.
Dem andern haufen der jugent, die do lesen
konnen, den soll umb sieben hore, wenn der schul-
meister dem ersten haufen Terencium lieset, der
unterpedagog im lesen uben, als nemlich den
Donat zu lesen und Catonem zu exponiren. Den-
selben sollen auch declamaciones, conjugationes
und leichte regeln constructionum, aus der gram-
matik Philippi oder sunst ufs einfeldigst und
richtigst furgeben werden. Und dieweil der per-
son der pedagogen nur zwen, mugen sie ein tag
 
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