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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0648
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620 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

zum Abdruck gebracht. Dieselbe ist aber zu lokaler Natur und wird daher nicht abgedruckt.
Dortselbst S. 43 ff. ist auch die Ordnung aus der Visitation von 1533 abgedruckt (3. April 1533).
Sie ist ebenfalls lediglich von lokal-historischem Interesse. Hervorgehoben seien vier Be-
stimmungen: „Zum ersten, das man den chor in der pfarkirchen zu der kinderlere ver-
schliessen soll; zum andern, dass man ein kirchhof fur die stat bauen soll; zum dritten,
dass man ein haus fur die armen bauen soll; zum letzten ist auch das verkundigen bisher
durch den puttel under gottlichen ampten in der kirchen bescheen abgeschafft.“
Interessante Einblicke in das geltende Recht der Kirchenbaulast gewährt eine Eingabe
des Rathes an den Kurfürsten. Diese erhellt aus Weimar, Ji. Nr. 1750. Im Jahre 1543 schrieb
der Rath zu Oelsnitz an den Kurfürsten: Er hätte viel Geld in die Pfarrgebäude stecken
müssen, bezw. der Pfarrer habe auf eigene Kosten bauen und der Rath ihm 100 Gulden ersetzen
müssen; jetzt seien weitere Baubedürfnisse eingetreten; die Amtleute seien mehrfach angegangen
worden, mit den Amtssassen zu verhandeln; der Kurfürst möge den Amtleuten befehlen, mit
den Amtssassen zu verhandeln, dass sie zu gleichen Theilen zu den Baulasten beitrügen. (Auf
das Weitere kann hier nicht eingegangen werden.)
Nicht ganz den Thatsachen entsprach nach dem Vorstehenden die Klage, welche tota
synodus inspectionis Oelsnitzianae in Voitlandia am 15. März 1575 an den Kurfürsten gelangen
liess, dass „an die 50 Jahre“ keine Visitation dort stattgefunden habe. Immerhin war das Voigt-
land mit Bezug auf Visitationen arg vernachlässigt worden.
Die Visitation des Jahres 1582 umfasste auch das Voigtland und Oelsnitz. Eine Ver-
ordnung, welche für Oelsnitz erlassen wurde, wird hier aus Dresden, H.St.A., Loc. 1987, General-
Visitation im Amte Voigtsberg 1582, abgedruckt. (Nr. 120.)

120. Verordnung der Visitatoren für Oelsnitz. 1582.
[Aus Dresden, H.St.A., „General-Visitation im Amte Voigtsberg“, 1582“, Loc. 1987, Bl. 151—153a.]

1.
In den eingepfarten dorfschaften ist grosse
verseümniss und verachtung der predicht, also das
ihr viel gar seiden zur kirchen kommen, schicken
auch ihre kinder nicht in die stat zur kinder lehr,
derwegen soll die öbrigkeit denn richter und ge-
schwornen iedes orts ernstlich befelen, das sie
achtung drauf geben, und wellicher befunden wird,
das er ohne wichtige ursachen am sontag die pre-
digt verseumet, das der angezeigent umb 10 gr.
gestraft werde, halb den gerichten, halb den armen
leuten etc.
2.
Auf das auch die jugend am catechismo nicht
verseumet wurde, weil etliche dörfer fern von der
stat entlegen, sollen in 14 tagen ein mal der in-
fimus und kirchner auch nach gelegenheit ein bar
knaben aus der schul in die dörfer geschickt
werden, an einer mitwoch zu mittag welliche in
ein bequeme haus darinnen sich die jugent ides
dörfs versamlen sollen, den catechismum mit ihnen
zu halten; dagegen soll ein iede gemein ihme ein
groschen oder sonsten etwas vor die muhe reichen,

die öbrigkeit soll sie darzu ernstlichen anhalten,
damit die leut umb dessen willen sich und ihre
kinder von der lehr des heiligen catechismi nicht
entziehen, welliches wider ihr taufglübnis und
christenthum ist.
3.
Die kinder in der stadt kommen auch gar
unfleissig in die kinder lehr, soll der superatten-
dente die eltern von der canzel oftmals dazu vor-
manen, und do sie gar unfleissige eltern befinden
würden, den rat zu strafen anzeigen.
4.
Nachdem auch gross von nothen das die
weiber stul in der kirchen geendert und erweitert
werden, welchs dann bisher zum oftern fur-
genommen aber niemals ins werk gesetzts, ist
dem rat befolen sollichs zum föderlichsten anzu-
schaffen, haben sichs erboten.
5.
In der kirchen ist ein biblia gar der ersten
edition; soll derhalben ein neue in zwei theil zu
den ordenlichen lectionen geschaffet werden.
 
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